Kommentar: Bringt was, fördern wir nicht – bringt wenig, fördern wir trotzdem

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Mit Blick auf die Politik hierzulande und europaweit hat man mitunter den Eindruck, dass bestimmte Entscheidungen danach getroffen werden, dass sie in möglichst krassem Widerspruch zum gesunden Menschenverstand stehen. Und das nicht zuletzt mit Blick auf Dinge, die im Zusammenhang mit der Automobil- bzw. Reifenbranche stehen.

Beispiele dafür sind etwa die Effizienzlabel für Fahrzeuge und für Reifen. Im ersten Fall führt der Bezug auf das Fahrzeuggewicht zu abstrusen Ergebnissen. Denn ein 71 PS starker Smart Fortwo mit einem Liter Hubraum fällt in die gleiche Effizienzklasse „B“ wie ein GLS 400 4Matic der Marke Mercedes-Benz, dessen Motor aus dem dreifachen Hubraum die mit über 330 PS fast fünffache Leistung holt. Kaum verwunderlich fallen die Normverbräuche entsprechend unterschiedlich aus und die Kohlendioxidemissionen mit 93 g/km und wenigstens 208 g/km genauso. Im Fall der Reifen ist die von den Herstellern selbst vorgenommene Labelkennzeichnung ihrer Produkte – soweit bekannt – bisher kein einziges Mal von offizieller Seite überprüft worden. Obwohl mehr als einmal Indizien dafür aufgetaucht sind, dass hier nicht immer alles so ist, wie es sein soll.

Ungeachtet dessen können sich die Volksvertreter mit von Stolz geschwellter Brust der Öffentlichkeit präsentieren, weil sie augenscheinlich ja etwas in Sachen Kohlendioxidemissionen getan haben. Zumal deren Reduzierung bzw. der „Kampf“ gegen einen drohenden und vorgeblich hauptsächlich vom Menschen durch das Verbrennen fossiler Energieträger verursachten Klimawandel mitunter geradezu religiös fanatische Züge annimmt. Nur so lässt sich die auch die Förderung der Neuanschaffung von Elektroautos durch die Bundesregierung erklären für reine Batterieelektro-/Brennstoffzellenfahrzeuge, bei denen „keine lokale[n] Kohlendioxidemissionen“ anfallen, bzw. für Hybridelektrofahrzeuge, die weniger als 50 Gramm Kohlendioxid je Kilometer ausstoßen. Schließlich fand es ja irgendwer ganz toll, sich für das Jahr 2020 das Erreichen der runden Zahl von einer Million Elektroautos in Deutschland als Ziel zu setzen.

Da der aktuelle Stand noch meilenweit davon entfernt ist, soll’s nun halt eine entsprechende Förderung richten. Dumm nur, dass gemäß einer Studie des Institutes für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (IFEU) Elektroautos beim derzeitigen Energiemix hierzulande in der Gesamtbilanz erst nach knapp 100.000 Kilometern Fahrleistung weniger Kohlendioxidmissionen verursachen als ein durchschnittlicher Benziner. Bezogen auf Dieselfahrzeuge liegt der „Break-Even“ demnach sogar noch bei einer deutlich höheren Kilometerlaufleistung. Legt man noch das mittlere Alter des deutschen Pkw-Bestandes von etwa neun Jahren bei einer mittleren jährlichen Fahrleistung von rund 14.000 Kilometern zugrunde, wird unmittelbar klar, dass ein Durchschnittsauto kaum mehr als die besagten 100.000 Kilometer auf der Uhr hat.

Dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, dass Vielfahrer wie beispielsweise Außendienstler zwar deutlich über der mittleren Fahrleistung liegen dürften, für sie Elektromobilität aber aufgrund der Reichweitenproblematik (noch) gar nicht infrage kommt. Bei Wenigfahrern in der Stadt wäre das Laden der Batterien zwischendurch prinzipiell weniger ein Problem (zu Hause, am Arbeitsplatz etc.). Dafür aber dauert es bei auf eher kurzen Strecken bewegten Fahrzeugen entsprechend länger, bis der Punkt erreicht ist, ab der ein Elektroauto nicht nur „lokal“, sondern eben auch unter Einbeziehung der Stromerzeugung, Batterieproduktion etc. weniger Kohlendioxid ausstößt als ein Verbrenner. Rational gesehen macht eine mit der angestrebten Reduzierung von Kohlendioxidemissionen begründete Förderung von Elektroautos vor diesem Hintergrund also eigentlich recht wenig Sinn.

Nüchterne Fakten scheinen jedoch nicht gerade die Sache politischer Entscheidungsträger zu sein. Als wäre dafür noch ein weiteres Beispiel nötig, hat das Bundesfinanzministerium für dieses Jahr und wohl auch für 2017 die Bezuschussung der Anschaffung runderneuerter Lkw-Antriebsachsreifen im Rahmen des sogenannten De-minimis-Förderprogramms de facto gestrichen. Und das, obwohl bei der Runderneuerung im Vergleich zur Neureifenherstellung deutlich weniger Energie und Ressourcen benötigt werden, womit letztlich wiederum entsprechende Einsparungen an Kohlendioxidemissionen verbunden sind. Zumal beim Einsatz Runderneuerter nachgewiesenermaßen nicht mehr des sogenannten „Treibhausgases“ ausgestoßen wird als bei Neureifen.

Über ein Labeling von Pkw, das ein Auto mit einem x-mal so hohen Verbrauch wie ein anderes als genauso effizient kennzeichnet, oder eine weiterhin nicht wenigstens stichprobenartige Marktüberwachung der EU-Reifenkennzeichnungsverordnung hinaus ist all dies weder konsequent noch logisch. Elektroautos fördern, obwohl daraus letztendlich kaum Einsparungen an Kohlendioxid resultieren, Runderneuerte aber nicht, obwohl mit ihnen nachweisbar Vorteile für die Umwelt verbunden sind: Herr, lass’ Sachverstand auf Politikerhirne regnen. christian.marx@reifenpresse.de

3 Kommentare
  1. Roman Geus says:

    …was für eine populistische Politikerschelte, gespickt mit ner kräftigen Ladung Halbwissen. Es gibt zahlreiche Ebenen mehr, die es beim Problemfeld Kohlendioxidemmission zu beachten gilt. Die hier rausgepickten passen in die gewollte Conclusio. Na wenigsten die Runderneuerungsargumentation macht Sinn.

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