Nokian Tyres erwirkt Schuldsprüche und Berufsverbote gegen Black Donuts Engineering

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Sechs Jahre nach den ersten Hausdurchsuchungen bei Mitarbeitern von Black Donuts Engineering (BDE) hat Nokian Tyres am vergangenen Donnerstag Gerichtsurteile gegen zehn Mitarbeiter des finnischen Dienstleisters für Reifenhersteller erwirkt; acht dieser Urteile sind Haftstrafen von sechs bis 18 Monaten, jeweils zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem hat das Bezirksgericht von Pirkanmaa, wo Nokian Tyres seinen Sitz hat, gegen drei der Angeklagten Black-Donuts-Manager Berufsverbote von drei bis fünf Jahren ausgesprochen, darunter auch gegen den Geschäftsführer Kai Hauvala. Mit diesen erstinstanzlichen Urteilen, die noch nicht rechtskräftig sind, findet der größte und aufwendigste Fall Finnlands, in dem es um Diebstahl und Missbrauch von Geschäftsgeheimnissen geht, seinen vorläufigen Höhepunkt. Ob dies auch ein Endpunkt ist, muss die Reaktion von Nokian Tyres und der Angeklagten auf die aktuellen Urteile zeigen. Die Erleichterung aufseiten des Reifenherstellers ist jedenfalls groß, wie es dazu aus der Unternehmenszentrale gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG heißt, hätten bei BDE doch fast ausnahmslos ehemalige Nokian-Tyres-Mitarbeiter gearbeitet, die eigenen Aussagen zufolge drei Viertel der führenden Reifenhersteller weltweit als Kunden bei der Errichtung von Reifenwerken und Entwicklung von neuen Reifen führen.

Die Geschichte nahm bereits Anfang 2010 ihren Lauf. Wie die wöchentlich erscheinende finnische Wirtschaftszeitschrift Talouselämä vor etlichen Monaten nacherzählte, als sich der Beginn des Gerichtsverfahrens gegen Black Donuts Engineering und etliche führende Mitarbeiter des Dienstleisters angekündigt hatte, übernahmen damals zwei hochrangige ehemalige Nokian-Tyres-Manager von einem Investor den Auftrag, eine Beratungsfirma für die Reifenindustrie aufzubauen. Bereits Ende desselben Jahres stieß dann Kai Hauvala dazu, zuvor Entwicklungsingenieur bei Nokian Tyres und dort verantwortlich für Reifenstrukturen und Profildesigns – die formelle Gründung von Black Donuts Engineering fand dann im Herbst 2010 statt. Nur wenige Monate später verließen fast 20 Nokian-Tyres-Mitarbeiter das finnische Unternehmen und wechselten zu Black Donuts Engineering. Noch im selben Jahr erwirkte Nokian Tyres Durchsuchungsbefehle, woraufhin die Behörden bei mehreren BDE-Mitarbeitern mehrere Zehntausend Dateien fanden, die ursprünglich von Nokian Tyres stammten. Ab da begannen die Untersuchungen konkret zu werden. Sie kulminierten dann im Januar dieses Jahres in der Eröffnung eines Gerichtsverfahrens.

Während die Angeklagten den Ursprung der technischen Dokumente und Dokumentationen nie bestritten, verteidigten sie sich vor dem Bezirksgericht von Pirkanmaa mit dem Hinweis, es habe sich dabei nicht um Geschäftsgeheimnisse im juristischen Sinne gehandelt. So seien die Informationen, die in den Dateien steckten, auch über andere, öffentlich zugängliche Quellen zu erhalten, also nicht geheim. Außerdem sei es nach über 30 Jahren im Geschäft schwer zu vergessen, was man sich in dieser Zeit an Wissen angeeignet hat, gab Kai Hauvala bereits vor über vier Jahren zu Protokoll, als die Öffentlichkeit erstmals von den Ermittlungen gegen Black Donuts Engineering erfuhr. Noch vor gut einem Jahr ließ sich der BDE-Geschäftsführer in der finnischen Presse mit Blick auf den drohenden Prozess mit den Worten zitieren, „wir sind entspannt“. Die Verteidigungsstrategie basierte vollkommen auf der Klassifizierung der bei den Durchsuchungen gefundenen Dateien als nicht geheim, wodurch der Anklage ein Großteil ihrer Grundlage abhanden gekommen wäre.

Das Bezirksgericht von Pirkanmaa mochte dem ganz offensichtlich aber nicht folgen und fand für alle BDE-Angeklagten Schuldsprüche. Während acht der Angeklagten also Bewährungsstrafen von sechs bis 18 Monate erhalten haben, kommen zwei weitere mit Geldstrafen davon. Außerdem sprach das Gericht gegen drei der zentralen angeklagten Black-Donuts-Manager Berufsverbote von drei bis fünf Jahren aus. Auch das Unternehmen Black Donuts Engineering selber muss Strafe zahlen, und zwar von weit über 800.000 Euro, während die Rechtsberatungskosten von Nokian Tyres in Höhe von über 600.000 Euro von den Angeklagten zu tragen sind.

Zuvor hatte das Gericht bereits einen 19-Jährigen Mitarbeiter von Black Donuts Engineering freigesprochen, der Verweise auf Nokian Tyres aus den besagten Dokumenten löschen sollte. Ihm traute das Gericht nicht zu zu erkennen, dass es sich dabei um Geschäftsgeheimnisse gehandelt habe. Außerdem wurde bereits zuvor der Mitarbeiter eines BDE-Subunternehmens nach einem Geständnis zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Einen Anspruch allerdings, den Nokian Tyres nicht durchsetzen konnte, war der auf Strafen und Entschädigungen in Millionenhöhe. Dem Bezirksgericht zufolge habe der Schaden des Reifenherstellers nicht entsprechend nachgewiesen werden können.

Hille Korhonen, Präsidentin und CEO von Nokian Tyres, sei „glücklich, dass wir endlich ein Urteil haben und alle Angeklagten verurteilt wurden. Die Urteilsbegründung und ihre Anhänge umfassen über 300 Seiten. Wir werden sie aufmerksam studieren und dann unsere finale Entscheidung [zu einem möglichen Einspruch] später treffen.“ arno.borchers@reifenpresse.de

 

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