„Fräsen ist das neue Drehen“ – Licardor vermarktet patentiertes Räderherstellverfahren

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Die Optik von Aluminiumrädern beschäftigt ihn nach wie vor, selbst wenn Marcus Längerer als Geschäftsführer der Elatio Consulting GmbH anders als früher mit seiner Elatio Design Development GmbH inzwischen weniger mit deren konkreter Gestaltung zu tun hat. Inzwischen werden halt viele Designs „inhouse“ bei den Fahrzeugherstellern selbst entworfen bzw. in direkter Zusammenarbeit mit den in der Erstausrüstung aktiven Räderherstellern. Für einen externen Dienstleister wie die Elatio-Gruppe bleibt da nicht mehr viel übrig, weshalb man Längerer zufolge dort zwar immer noch an Designthemen arbeite, inzwischen aber eben deutlich weniger mit Blick auf Leichtmetallräder als vielmehr rund um Projekte, bei denen es beispielsweise um das Design des Gesamtfahrzeuges geht. Allerdings hat Längerer zusammen mit der ehemaligen Ronal-Führungskraft Felix Aschwanden unter dem Namen Licardor GmbH gleichwohl ein gerade erst wenige Monate „altes“ Unternehmen am Start, bei dem sich wiederum alles um das Thema Leichtmetallräder dreht. Was natürlich unmittelbar die Frage danach aufwirft, wie das alles zusammenpasst und was genau es mit der in Oetwil an der Limmat (bei Zürich) ansässigen Schweizer Firma auf sich hat.

Zur Beantwortung muss man allerdings ein wenig ausholen. Obgleich nämlich die Licardor GmbH noch vergleichsweise jung ist, so basiert sie doch auf einer schon länger zurückreichenden Idee samt zugehörigem europäischem Patent. Angemeldet wurde es vor fast sieben Jahren, erteilt vor ziemlich genau fünf Jahren und in ihm wird ein besonderes „Verfahren zur Herstellung einer Felge“ beschrieben. Die zugehörige Erfindung betreffe – wie besagter Patentschrift zu entnehmen ist – „ein Fahrzeugrad oder einen Radstern hierfür mit einem Grundkörper aus gegossenem oder geschmiedetem Metall, der auf seiner fahrzeugabgewandten Seite zum einen Flächenschnitte aufweist, die nicht spanend bearbeitet sind, und zum anderen mindestens einen Flächenabschnitt aufweist, der durch spanende Bearbeitung als Glanzfläche ausgebildet ist“ nebst dem entsprechenden Verfahren zur Herstellung eines solchen Rades/Radsterns. Soweit die Aussage zu Beginn des mehr als zehn Seiten umfassenden Dokumentes, mit der Normalsterbliche in dieser Allgemeinheit erst einmal natürlich nicht viel anfangen können.

Solche Effekte lassen sich nach Meinung von Patentinhaber Marcus Längerer nur mit dem von Felix Aschwanden erfundenen speziellen Fräsverfahren in ansprechender Qualität realisieren

Ein wenig Licht ins Dunkel kommt dann, wenn man zusätzlich erfährt, dass hinter alldem ein spezielles Fräsverfahren steht. Als Lieferant für die Fräswerkzeuge ist dabei ein Unternehmen aus der Dixi-Gruppe mit im Boot genauso wie Längerer im Zusammenhang mit der entsprechenden Bearbeitung der Räder von dem Werkzeugmaschinenhersteller DMG Mori Seiki als Partner spricht. Seinen Worten zufolge handelt es sich bei beiden um Unternehmen, die für die Qualität und die Präzision ihrer Produkte bzw. Werkzeuge bekannt seien. Schließlich sollen die nach dem Licardor-Verfahren hergestellten Räder in Sachen Optik im wahrsten Sinne des Wortes „Glanzlichter“ sein. Für Dilettantismus ist dabei allein schon deshalb kein Raum, weil Längerer und Aschwanden mit ihrem Fräsverfahren hergestellte Räder vor allem prädestiniert für Autobesitzer mit einem gehobenen Anspruch an ihr Fahrzeug bzw. dessen Erscheinungsbild sehen. Deswegen kommt das Projekt, dessen Wurzeln bis zurück ins Jahr 2008 bzw. noch ein klein wenig früher reichen, wohl auch erst jetzt so richtig in Schwung. Lange hat man daran getüftelt und Überzeugungsarbeit sowohl aufseiten der Räder- als auch der Fahrzeughersteller geleistet.

Das Glanzfräsen wird vor allem für Premiumhersteller wie Mercedes-Benz als Möglichkeit gesehen, sich bei den Rädern der Fahrzeuge von der Masse abzuheben wie bei diesem Modellentwurf mit eingefärbtem Fräsbereich (rot klargepulvert)

Das Glanzfräsen wird vor allem für Premiumhersteller wie Mercedes-Benz als Möglichkeit gesehen, sich bei den Rädern der Fahrzeuge von der Masse abzuheben wie bei diesem Modellentwurf mit eingefärbtem Fräsbereich (rot klargepulvert)

Zumal weder Licardor geschweige denn Elatio entsprechende Räder selbst produzieren. Ersteres Unternehmen wurde demnach vielmehr einzig und allein deswegen gegründet, um darüber nun besagtes Patent bzw. Fräs-/Bearbeitungsverfahren auf möglichst breiter Basis zu vermarkten. Soll heißen: Man sucht Interessenten, die sich darüber respektive nach Lizenzierung mittels entsprechend gefertigten Rädern und deren Optik vom Wettbewerb abheben wollen. Hier wähnt sich Längerer mittlerweile auf einem erfolgreichen Weg. Nachdem man unter anderem vor allem mit Borbet oder Ronal zunächst an die Großen in der Räderindustrie herangetreten war, war es seinen Worten zufolge letztlich dann aber zielführender, auf namhafte Automobilhersteller zuzugehen. Bei ihnen ist die Idee, Kunden über Räder in exklusiver Optik die Möglichkeit zu geben, sich „von der Masse abheben“ zu können, offenbar schneller auf fruchtbaren Boden gefallen. Vor diesem Hintergrund hat man so nun selbstredend auch die Hersteller/Zulieferer der Erstausrüstungsräder mit im Boot. Denn die können sich letztlich nicht den Wünschen ihrer OE-Kunden entziehen.

Für ein optimales Ergebnis ist eine hohe Stabilität des eingesetzten Fräsers entscheidend, heißt es vonseiten der Licardor GmbH, die in Bezug auf die bei ihrem „Verfahren zur Herstellung einer Felge“ eingesetzten Fräswerkzeuge deshalb mit einem für seine Präzisionswerkzeuge bekannte Unternehmen aus der Dixi-Gruppe zusammenarbeitet

Für ein optimales Ergebnis ist eine hohe Stabilität des eingesetzten Fräsers entscheidend, heißt es vonseiten der Licardor GmbH, die in Bezug auf die bei ihrem „Verfahren zur Herstellung einer Felge“ eingesetzten Fräswerkzeuge deshalb mit einem für seine Präzisionswerkzeuge bekannte Unternehmen aus der Dixi-Gruppe zusammenarbeitet

Bei alldem kommt Licardor gewissermaßen die Vermittlerrolle zwischen dem Räderhersteller auf der einen sowie dem Automobilhersteller auf der anderen Seite zu. In dieser auf eine Art beratenden Funktion kommen Längerer und Aschwanden freilich ihr Erfahrungsschatz rund um die Räderbranche bzw. das Design von Leichtmetallrädern zugute. „Wir machen dabei bewusst kein Design, das Thema ist eher nach hinten gerückt. Zumal die Fahrzeughersteller ohnehin ihre eigenen Designabteilungen haben. Wir sehen uns eher als Partner bei der Umsetzung bestimmter Designs und stellen dafür unsere spezielle Technologie/Idee zur Verfügung“, sieht Längerer sich bzw. das neue Unternehmen in der Schweiz eher als so etwas wie einen vor allem beratenden Dienstleister. Schon bei den ersten Versuchen 2008 habe sich die Grundidee prinzipiell zwar als gut herausgestellt, nur sei die Umsetzung damals aufgrund der zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der heutigen Güte verfügbaren Fräser „katastrophal“ gewesen. Zumindest seinen eigenen, recht nah an Perfektion grenzenden Ansprüchen nach. „Der Gehirnschmalz steckt in der Umsetzung“, so Längerer mit Blick auf das von ihm und seinem Partner patentierte Verfahren.

Mit ihm lasse sich genau derselbe „Glanz aus der Tiefe“ realisieren wie bei frontkopierten Rädern, nur biete das Fräsen mehr gestalterische Freiheiten als eine Drehbearbeitung und gehe zudem noch vergleichsweise schnell. „Fräsen ist das neue Drehen“ lautet demnach die Botschaft, die verstärkt auf fruchtbaren Boden zu fallen scheint. Laut Längerer haben zumindest schon einige Automobilmarken Projekte zur Ausstattung von Fahrzeugmodellen mit eben solchen Rädern abgesegnet, bei deren Produktion auf die von Licardor vermarktete Technologie zurückgegriffen wird. Dass hierbei ein führender Räderhersteller mit im Boot ist als Zulieferer, ist Längerers Worten zufolge zwar kein Geheimnis, wohl aber, um wen genau bzw. welche Pkw-Modelle konkret es sich dabei handelt, die womöglich schon Ende des Jahres so in den Markt rollen. Auch fürs Ersatzgeschäft ist die Technologie demnach ein Thema. „Das Go ist da“, sagt Längerer, der zudem noch mit anderen Branchengrößen im Gespräch ist. Zugleich klopft man parallel dazu so manchem Ersatzmarktanbieter auf die Finger, wenn diese ohne entsprechende Lizenz Räder anbieten, die besagtes Patent verletzten. „Bisher haben wir in solchen Fällen aber immer eine für beide Seiten tragbare Lösung gefunden“, sagt er. christian.marx@reifenpresse.de

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