Pirelli feiert 110 Jahre Motorsport in Turin

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„Wir sind als Erste in Paris angekommen und mussten bis dahin nur zwei Räder wechseln”, telegrafierte Prinz Scipione Borghese im August 1907 aus der französischen Hauptstadt in die Heimat. Wenige Stunden zuvor hatte er mit großem Vorsprung die Rallye Peking – Paris gewonnen. Das Siegerfahrzeug war ein mit Pirelli Reifen ausgestatteter Itala. Hinter ihnen lagen 16.000 zermürbende Kilometer. Angesichts damaliger Straßenverhältnisse eine Tortur für Fahrer, Fahrzeuge und Reifen. Dieses Abenteuer lenkte die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erstmals auf die Leistungsfähigkeit und Sicherheit eines Produkts, das bald darauf mit einem Logo versehen wurde, das heute weltweit bekannt ist: das Pirelli Logo mit dem langgezogenen P. Anfang dieser Woche feierte Pirelli nun sein 110-jähriges Jubiläum im Motorsport, und zwar mit einem Tag der offenen Tür im Hightechreifenwerk im Turiner Stadtteil Settimo Torinese, wo einzigen Next-MIRS-Produktionszellen des Konerns laufen, und mit einem speziellen Event im Turiner Automobilmuseum.

Seit vielen Jahren spielt der Motorsport bei Pirelli eine entscheidende Rolle für die Entwicklung von Technologien für Auto- und Motorradreifen. Es war der Firmengründer Giovanni Battista Pirelli, der bereits Ende des 19. Jahrhunderts das Potenzial von Motorradrennen als Testfeld für seine Straßenprodukte erkannte und fortan konsequent nutzte. Und welcher Ort wäre besser geeignet, den neuen Meilenstein in der Pirelli Geschichte zu feiern, als das Nationale Automobilmuseum in Turin. Auf dem 19.000 Quadratmeter großen Ausstellungsgelände werden über 200 historische Fahrzeuge von 85 verschiedenen Marken aufwändig in Szene gesetzt. Das älteste Exponat stammt aus dem Jahr 1769. In diesem Museum steht auch der legendäre Itala 35/45HP, mit dem Prinz Scipione Borghese die Rallye Peking – Paris gewann. Er markiert zugleich das erste Kapitel in der erfolgreichen Motorsportgeschichte von Pirelli.

Die neuen Formel-1-Reifen sind deutlich breiter und damit auch schneller, wie Motorsportdirektor Paul Hembery im Interview anlässlich des Pirelli-Motorsportjubiläums erläuterte

Die neuen Formel-1-Reifen sind deutlich breiter und damit auch schneller, wie Motorsportdirektor Paul Hembery im Interview anlässlich des Pirelli-Motorsportjubiläums erläuterte

Vom Itala bis zu den neuen breiteren Formel-1-Reifen, die im März beim Großen Preis von Australien ihr Debüt geben, reicht das Spektrum der Schätze, welche im Turiner Museum die 110-jährige Motorsportgeschichte von Pirelli nachzeichnen.

Nie waren Fahrzeuge und Reifen für den Motorsport einerseits und für den Einsatz im Straßenverkehr andererseits enger miteinander verknüpft, als in unserer Zeit. An einem Porsche-911S-Turbo-Sportwagen für die Straße und einem Lamborghini-Huracan-GT3-Rennwagen für den Circuit zeigen sich die großen Ähnlichkeiten zwischen den P-Zero-Reifen – den Ultra-High-Performance-Reifen von Pirelli – für Straßen- und Rennfahrzeugen.

Das Konzept, bei der Straßenreifenentwicklung vom Rennreifen-Know-how zu profitieren, steht auch im Mittelpunkt des Prestige-Portfolios von Pirelli, das aktuell rund 50 Prozent aller verkauften Automobile des Prestigesegments ausstattet. „Prestige ist eine Philosophie: Es steht für die Mission von Pirelli, erste Wahl für die weltweit leistungsstärksten, erlesensten und begehrtesten Motorräder und Automobile zu sein. Erfolge auf allen Rennstrecken der Welt bilden quasi das Schaufenster für jene Pirelli-Produkte, die der Hersteller jetzt in den exklusiven Shops ‚P Zero World‘ präsentiert“, so der Hersteller.

Anlässlich des 110-jährigen Pirelli-Motorsportjubiläums konnten die Gäste auch einen Blick hinter die Fassaden der Next-MIRS-Fabrik in Settimo Torinese werfen

Anlässlich des 110-jährigen Pirelli-Motorsportjubiläums konnten die Gäste auch einen Blick hinter die Fassaden der Next-MIRS-Fabrik in Settimo Torinese werfen

Anlässlich des 110-jährigen Motorsportjubiläums von Pirelli bot der Konzern Interessierten die Möglichkeit, das Hightech-Reifenwerk des Konzerns in Settimo Torinese zu besuchen. Im Mittelspunkt stand dabei die Next-MIRS-Anlage. „Dabei handelt es sich um die derzeit am weitesten digitalisierte industrielle Produktionsstätte.“ In der Minifabrik arbeiten ausschließlich computergesteuerte Industrieroboter, die dabei Reifen in den Größen von 19 bis 23 Zoll produzieren. Zudem werden in Settimo Torinese auch die leistungsstärksten Reifen des Konzerns entwickelt und produziert: die Pirelli-P-Zero-Reifen für die Straße und die Rennstrecke.

In Settimo Torinese werden aber nicht nur Reifen – jährlich rund zwölf Millionen Stück – hergestellt. Dort entstehen auch Gummimischungen, darunter jene für die Formel 1; die entsprechenden Reifen werden dann in Werken in der Türkei bzw. in Rumänien produziert.

110 Jahre Engagement im Motorsport wollen gebührend gefeiert werden. Daher freute sich Pirelli sehr über die zahlreichen Champions, die an den Feierlichkeiten teilnahmen. Darunter auch der mehrfache paralympische Goldmedaillen-Gewinner im Handbike, Alessandro Zanardi. Der ehemalige Formel-1-Pilot meistert ein schweres Schicksal: Nach einem Unfall auf dem Lausitzring mussten ihm beide Beine oberhalb der Knie amputiert werden. Seit 2014 startet er mit speziell ausgestatteten BMW Fahrzeugen bei GT-Rennen, und zwar auf Pirelli-Reifen. Auch Stefano Domenicali, Präsident von Lamborghini, nahm an der Feier teil. „Die Pirelli-Reifen für Fahrzeuge der Marke Lamborghini spiegeln in höchster Weise den für Pirelli-typischen Technologietransfer zwischen Reifen und Strecke wider. Zahlreiche Champions und Hersteller stehen für die 2.200 Rennen und mehr als 340 Meisterschaften (für Autos und Motorräder), an denen Pirelli in diesem Jahr teilnimmt.“

Neue Formel-1-Reifen

Eines der zentralen Themen der Feierlichkeiten in Turin: die neue Formel 1 und vor allem die neuen, breiteren und vor allem schnelleren und – so viele Beobachter – besser aussehenden Formel-1-Reifen für die kommende Saison. Nachdem Pirelli bereits in den 1950er, den 1980er und den 1990er Jahren ein elementarer Bestandteil der Formel 1 war, kehrte das Unternehmen 2011 als exklusiver Reifenlieferant in die Königsklasse des Motorsports zurück. Nach der neuen Vertragsunterzeichnung im vergangenen Jahr absolviert Pirelli 2017 seine siebte Saison und ist bis 2019 alleiniger Reifenausrüster der Formel 1. In der Ende März startenden Saison 2017 werden die Fans nicht nur einige bedeutende technische Neuerungen an den Autos sehen. Hinsichtlich der Reifenentwicklung kann von einer Revolution gesprochen werden.

„Die neue Ära der Formel 1 wird in zwei Wochen eingeläutet. Dann nehmen die Teams mit ihren neuen Autos und den neuen Reifen an der ersten offiziellen Test-Session des Jahres in Barcelona teil.“ Die neuen Vorder- und Hinterreifen für die Saison 2017 sind dabei deutlich breiter als ihre Vorgänger. Diese Neuerung ist eine von mehreren Maßnahmen, um die Formel-1-Autos der Generation 2017 deutlich schneller zu machen. Im kommenden Jahr weisen die Slicks die Dimensionen 305/670-13 (Vorderachse) und 405/670-13 (Hinterachse) auf. Der Durchmesser der neuen Intermediates beträgt 675 Millimeter, bei den Regenreifen sind es 680 Millimeter. Der Durchmesser der Felgen wird auch in diesem Jahr 13 Zoll betragen. „In der kommenden Saison sollen die Autos, unter anderem dank der neuen Reifen, je nach Streckenlayout um bis zu fünf Sekunden pro Runde schneller werden. Insbesondere die Kurven werden die Autos mit mehr Tempo nehmen.“ Die höheren Kurvengeschwindigkeiten führen auch zu höheren Belastungen der Reifen.

Daher entwickelte Pirelli für die Formel-1-Reifen-Range 2017 eine völlig neue Philosophie. In den vergangenen sechs Jahren folgte Pirelli der Vorgabe der Formel-1-Verantwortlichen, Reifen zu liefern, deren Leistung nach einer bestimmten Rundenzahl soweit abfällt, dass ein Boxenstopp notwendig wird. Nun schreibt eine neue Richtlinie die Konstruktion von Reifen vor, die langsamer verschleißen und angesichts der neuen, deutlich schnelleren Autos widerstandsfähiger gegen Hitzeschäden sind. ab

 

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