Wenn die öffentliche Hand Runderneuerer zum Subventionsbetrug aufruft

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Rund um den Jahreswechsel haben die Runderneuerer hierzulande ein Wechselbad der Gefühle mit bis dato wenig erfreulichem Ausgang erlebt. Wurde im Ringen um die sogenannte De-minimis-Förderung auch für Runderneuerte beim Verkehrsministerium zunächst ein Erfolg erzielt, bleibt es jetzt jedoch weiter bei einem Nein des Finanzministeriums, weil sich die dortigen Mitarbeiter rationalen Argumenten gegenüber augenscheinlich als nicht zugänglich erwiesen haben. Stattdessen wird offenbar indirekt sogar zum Subventionsbetrug aufgerufen.

Nachdem sich der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseurhandwerk e.V. (BRV) dafür starkgemacht hatte, dass sich Güterverkehrsunternehmen auch 2016 – wie seit Etablierung des sogenannten De-minimis-Förderprogramms 2009 praktiziert – die Anschaffung runderneuerter Lkw-Reifen bezuschussen lassen können, war der Schreck zunächst groß, als in der neuen Förderrichtlinie für das laufende Jahr nur noch von Neureifen die Rede war. Eine prompte Intervention des Branchenverbandes beim Bundesverkehrsministerium brachte nach – wie BRV-Geschäftsführer Hans-Jürgen Drechsler sagt – zwei Wochen lang beinahe täglich mehrstündigen Telefonkonferenzen zunächst Erfolg: Es folgte ein Änderungsentwurf der Förderrichtlinie, in dem Runderneuerte wieder berücksichtigt waren. Soweit so gut. Doch nach der anschließenden und wie erwartet positiv ausgegangenen Verbändeabstimmung erlebte der BRV im Zuge der Ressortabstimmung der betreffenden Ministerien dann ein „blaues Wunder“, weil der Bundesrechnungshof seine Zustimmung verweigerte und bis dato weiter verweigert. Runderneuerte seien ja nicht gelabelt und schon die Förderung von Neureifen sei nur deswegen „mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar, wenn sie die Anforderungen der geltenden EU-Richtlinie übererfüllen und damit überobligatorisch sind“.

Gegenüber vom BRV in diesem Zusammenhang vorgebrachten rationalen Argumenten wie etwa, dass der Gesetzgeber selbst Runderneuerte bis dato ja aus guten Gründen vom Labeling ausgenommen hat und sie über die im Vergleich zur Neureifenproduktion vorhandenen Ressourceneinsparungen und geringeren Kohlendioxidemissionen bei ihrer Fertigung fraglos Vorteile für die Umwelt mit sich bringen, haben sich die mit der Sache befassten Mitarbeiter im Finanzministerium allerdings als „beratungsresistent“ erwiesen, wie Drechsler sagt. Schlimmer noch wurde Runderneuern mitgeteilt, eine Förderung könnte dann aber sehr wohl erfolgen, sofern sie eine schriftliche Bestätigung vorlegen, dass die von ihnen produzierten Reifen die maßgeblichen Grenzwerte [des Reifenlabelings] übererfüllen. „Als ich das gehört habe, dachte ich, dass ich im falschen Film bin“, sieht der BRV-Geschäftsführer darin so etwas wie eine indirekte „Aufforderung zum Subventionsbetrug“. Zumal eine solche Erklärung nach derzeitigem Stand bzw. bei noch nicht abgeschlossenem Projekt „ReTyre“ seriöserweise ja überhaupt nicht abgegeben werden kann.

Nun jedenfalls seien als Folge dessen die Fronten zwischen dem Verkehrs- und dem Finanzministerium – so Drechsler weiter – „verhärtet“, weil die eine Seite ihren Segen geben wollte, die andere aber nicht. Das heißt, dass es nach derzeitigem Stand 2016 keine De-minismis-Förderung für Runderneuerte geben wird. Allerdings hat der BRV eine auf Verwaltungsrecht spezialisierte Kanzlei bereits damit beauftragt, die Erfolgsaussichten für eine Klage gegen die Bestimmungen der aktuellen Förderrichtlinie bzw. die Diskriminierung runderneuerter Reifen zu prüfen. Wenn sich ein Verfahren – auch unter dem Aspekt des finanziellen Aufwandes dafür – lohnt und man letztlich dann unter Umständen vielleicht sogar einen Sieg davontrüge, könnte Drechsler sich im Anschluss zudem Schadensersatzforderungen der Runderneurer vorstellen. Zumal seinen Worten zufolge im Branchendurchschnitt letztlich rund ein Viertel der von ihnen produzierten Reifen über De-minimis gefördert werden und deren Wegfall folglich wohl entsprechende Einbußen nach ziehen wird. christian.marx@reifenpresse.de

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