Obo Banden hat neue Lösung für Karkassenknappheit

Wenn Runderneuerer in Europa Wortpaare bilden sollen, dann fügen sie zu „Karkassen“ in der Regel „Knappheit“ hinzu. Der Mangel an runderneuerungsfähigen Karkassen in gewissen Größen ist jetzt bereits ein Problem für mehrere Jahre und es scheint kaum Besserung in Sicht. Runderneuerer sollten aber nicht resignieren, sondern nach alternativen Möglichkeiten Ausschau halten – wie etwa Obo Banden aus den Niederlanden es derzeit macht. Der Runderneuerer hat sich dabei gleich einem ganz neuen Geschäftszweig zugewandt und erklärt der NEUE REIFENZEITUNG, was es damit auf sich hat und wie man damit auch als Runderneuerer weiter wachsen will.

button_retreading-special-schriftzug-jpg Dieser Beitrag ist in der jüngsten Runderneuerungsbeilage „Retreading Special“ der NEUE REIFENZEITUNG erschienen, die Abonnenten hier auch als E-Paper lesen können.

Während Obo Banden in den vergangenen Jahrzehnten stets auf Karkassen etablierter Hersteller gesetzt hat, um die Produktion im Werk im niederländischen Hardenberg gut ausgelastet am Laufen zu halten, haben sich gerade in der jüngsten Vergangenheit immer wieder gewisse Schwierigkeiten mit deren Verfügbarkeit eingestellt, erläutert die General Managerin Ursula Boom-Abels. „Wir haben also angefangen, uns Gedanken darüber zu machen, wie wir unsere Versorgung mit Karkassen beeinflussen können.“ Die Schlussfolgerung, die man daraufhin bei Obo Banden traf, war, dass eine gute Karkasse stets mit einem guten ersten Leben einhergehe – ein Reifen also, den die Endverbraucher gut behandeln wollen und der daraufhin gut runderneuerungsfähig ist und auch gut zu Obo Banden zurückkommt.

„Zunächst überlegten wir, einen eigenen runderneuerungsfähigen Neureifen zu vermarkten. Da Obo Banden im Markt aber als Runderneuerer bekannt ist, haben wir uns gegen die Vermarktung eines Neureifens unter der Marke Obo entschieden. Stattdessen haben wir uns nach einem exklusiv zur Verfügung stehenden Produkt umgesehen und haben Techking Tires gefunden.“ Boom-Abels zufolge habe Obo Banden im Laufe von anderthalb Jahren drei andere chinesische Reifenmarken getestet, bevor die Entscheidung für Techking fiel; die anderen Fabrikate seien schlichtweg nicht gut genug für die Ansprüche des Runderneuerers aus den Niederlanden gewesen. „Wir haben die Reifen und Karkassen hier in den Niederlanden getestet, und es zeigte sich, dass Techking Tires gute Radialreifen sind, die absolut passend sind für den europäischen Markt, und auch, dass die Karkassen gut runderneuert werden können. Im vergangenen Dezember haben wir dann auf der Messe Reifen China einen Vertrag mit Techking Tires unterzeichnet.“

Diesem Vertrag zufolge ist Obo Banden jetzt exklusiver Vertriebspartner von Techking Tires’ Industrie- und OTR-Reifen in Deutschland, Frankreich, der Schweiz und Österreich und kann die Reifen außerdem – allerdings nicht exklusiv – in Großbritannien, Finnland und Polen vertreiben. Obo Banden bietet die Neureifen dabei nicht nur mit einer Fünf-Jahres-Garantie an, sondern der Runderneuerer bietet seinen Kunden darüber hinaus eine Rückkaufgarantie über die Karkasse. Boom-Abels erklärt die Zielsetzung dahinter: „Wir sind der Ansicht, dass wir unsere eigene Karkassenversorgung positiv beeinflussen können, wenn wir unseren Kunden einen Neureifen mit Geld-Zurück-Garantie für die Karkasse anbieten. Auf diese Weise können wir unser Geschäft weiterhin gut auslasten.“ Mit dem Kauf eines Techking-Tires-Industrie- oder -OTR-Reifens erhalten Kunden die Gewissheit, dass sie für die runderneuerungsfähige Karkasse einmal einen garantierten Rückkaufspreis erhalten oder dass sie die Karkasse bei Obo Banden runderneuern lassen können. Für die Märkte, auf denen Obo Banden nicht die exklusiven Vertriebsrechte an Techking-Reifen besitzt, gelte das Angebot freilich ausschließlich für Reifen, die auch über Obo Banden bezogen wurden.

Obwohl Obo Banden in seiner Runderneuerungsfabrik im niederländischen Hardenberg Reifen sowohl kalt- als auch heißerneuert, werden Techking-Reifen ausschließlich nach dem Heißverfahren erneuert. Der Grund seien die offensichtlichen optischen Vorzüge, so Boom-Abels.

Der Verkauf von Techking-Tires-Reifen begann erst Ende Februar. Der General Managerin zufolge setze man große Erwartungen in die Marke und hoffe darauf, im Laufe dieses Jahres bereits 2.500 Reifen vermarkten zu können. Sollten sich die Absätze realisieren lassen, würde bald schon auch ein Ausbau der Runderneuerungskapazitäten anstehen. Ein Großteil der Absätze werde für den deutschen Markt prognostiziert, ein Markt, der für Obo Banden bereits heute einer der wichtigsten Wachstumsmärkte ist. „Wir erwarten dieselbe Entwicklung für Neureifen“, so Boom-Abels. „Wir wollen auch auf anderen Märkten expandieren. Aber gegenwärtig konzentrieren wir uns auf Deutschland, nicht zuletzt auch wegen der Nähe zu unserer Fabrik. Wir betreiben auch eine Niederlassung in Leipzig. Wir sind jetzt bereits seit einigen Jahren in Deutschland aktiv. Aber der Markt ist ein überaus großer Markt und bietet noch größeren Spielraum für weitere Geschäfte.“

Dieser Fokus auf Deutschland wird unterstützt durch Aktivitäten in Frankreich und – seit Mitte vergangenen Jahres – einem neuen Schwerpunkt auf die Schweiz und Österreich und entsprechende Investitionen in neues Personal für diese Märkte. Derzeit gibt es kein Verkaufsteam, das sich speziell um Großbritannien kümmert. Dennoch könnte sich dies der General Managerin zufolge ändern. „Mit Reifen von Techking Tires in unserem Sortiment sollten unsere Absätze und unsere eigene Produktion steigen. Daher wollen wir ein Verkaufsteam auch für UK und Polen aufbauen.“

Genau genommen ist der Vertrag mit Techking Tires nicht das erste Geschäft, das Obo Banden mit Neureifen betreibt. Der Runderneuerer bietet etwa ein Sortiment an runderneuerten Clover-Leaf-Rasenreifen (Kleeblatt) an, die allerdings auf abgerauten Neureifen produziert werden. Außerdem seit Neuestem im Angebot: ein auf einer grünen Karkasse runderneuerter Landwirtschaftsreifen „Transport HD“. Der Transport HD wird seit Februar vermarktet; die erste verfügbare Größe dabei: 24R20.5. „In Zukunft könnten wir auch Formen für kleinere Größen nutzen, denn die Nachfrage scheint dazusein“, fügt Boom-Abels hinzu.

Dies ist im Augenblick der einzige Landwirtschaftsreifen im Obo-Banden-Sortiment. Sollte Techking Tires selbst einen Landwirtschaftsreifen auf den Markt bringen, würde er höchstwahrscheinlich ebenfalls über Obo Banden vertrieben werden, ist man in Hardenberg sicher. „Wir haben sogar über eine Zusammenarbeit mit Techking Tires in Sachen Landwirtschaftsreifenentwicklung nachgedacht; dabei können wir viel Know-how beisteuern“, so die General Managerin weiter.

Neben Techking-Tires-Neureifen bietet Obo Banden noch runderneuerte Clover-Leaf-Rasenreifen sowie Landwirtschaftsreifen „Transport HD“ an – runderneuert jeweils auf neuen Karkassen

Neben Techking-Tires-Neureifen bietet Obo Banden noch runderneuerte Clover-Leaf-Rasenreifen sowie Landwirtschaftsreifen „Transport HD“ an – runderneuert jeweils auf neuen Karkassen

Produktion in Hardenberg

Im vergangenen Jahr hat Obo Banden in Hardenberg rund 20.000 Reifen runderneuert und repariert und dabei beide Verfahren – die Heiß- wie auch die Kaltrunderneuerung – eingesetzt. Reparaturen stehen dabei für rund fünf bis zehn Prozent des Geschäfts. Sechs von zehn runderneuerten Reifen werden dabei im Heißverfahren produziert, wobei davon wiederum rund 70 bis 75 Prozent in kundeneigenen Formen runderneuert werden. Aufgrund von Vertraulichkeitsvereinbarungen mochte Boom-Abels keine Namen nennen, allerdings ließ sie durchblicken, dass es sich bei diesen Kunden um große Handelsketten und Kooperationen aus Europa handelt, die Obo Banden mit Karkassen versorgen, um darauf dann eine Runderneuerung unter einer eigenen Marke zu erhalten.

Allgemein gilt, dass Kundenkarkassen für einen Großteil des Geschäftes stehen, was nicht zuletzt auch durch die Karkassenknappheit auf dem Markt weiter befördert wird. Ursula Boom-Abels zufolge bedeute es mitunter „eine ziemliche Anstrengung“, in einigen Größen die richtigen Karkassen zu bekommen. Der Runderneuerer bezieht dabei seine Karkassen über die üblichen Kanäle in ganz Europa und kontrolliert die Karkassen in der Regel stets vor Ort, bevor sie eingekauft werden; in Hardenberg findet dann natürlich außerdem die obligatorische Eingangskontrolle statt.

„Da Reifen mit defekten Karkassen in der Regel gewisse Auffälligkeiten zeigen, finden unsere erfahrenen Kontrolleure zahlreiche der unbrauchbaren Karkassen.“ Dies zeige sich auch daran, dass der Anteil der Reifen, der erst nach der Runderneuerung aussortiert wird, überaus gering ist.

Obo Banden hat jüngst eine neue Raumaschine in Hardenberg installiert, genannt „The Hermanator“ nach dem CEO des Unternehmens Herman Hutten

Obo Banden hat jüngst eine neue Raumaschine in Hardenberg installiert, genannt „The Hermanator“ nach dem CEO des Unternehmens Herman Huttenutten

Was die Mischungen für die Runderneuerung betrifft, so handelt es sich dabei – anders als bei der neuen Karkassenquelle – um eine rein europäische Angelegenheit. Der niederländische Runderneuerer bezieht sein Material dabei vorwiegend von Kraiburg und Cooper (Avon Remould Materials) sowie neuerdings auch von dem niederländischen Anbieter QEW. „Wir schätzen europäische Qualität. Daher kann eine Runderneuerung – in Abhängigkeit zur gewählten Mischung für die verschiedenen Einsatzzwecke – schon länger halten als der Neureifen“, ergänzt Boom-Abels.

Zugegeben, Obo Banden – Runderneuerer mit mehr als einem halben Jahrhundert Erfahrung – hat das neue Kapitel in seiner Unternehmensgeschichte gerade erst aufgeschlagen. Und es wird viele Faktoren geben, die die zukünftige Rolle des Unternehmens als Lieferant von Neureifen beeinflussen werden. Für Ursula Boom-Abels ist der Vertrag mit Techking Tires aber „eine fantastische Gelegenheit“ für Obo Banden. „Wir sind sehr gespannt auf das neue Jahr. Als Runderneuerer können wir im Neureifenvertrieb zahlreiche Vorteile mitbringen; davon profitieren alle.“ stephen.goodchild@tyrepress.com/ab

 

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