Pirellis neuer Cinturato All Season ein echter Universalreifen

Mit der Einführung des neuen Cinturato All Season will nun auch Pirelli umfassend in das wachsende Segment der Pkw-Ganzjahresreifen vorstoßen. Bis 2019 soll sich die Nachfrage in Europa auf mehr als neun Millionen Stück verdoppeln, wobei insbesondere die Märkte Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien zu den klassischen Absatzmärkten für einen solchen Reifen zählen. Angeboten wird der Reifen – der im vergangenen Herbst bereits bei einem Auto-Bild-Ganzjahresreifentest reüssieren konnten – in Größen von 15 bis 17 Zoll als „echter Universalreifen“ für Autofahrer, „die aufgrund ihrer individuellen Fahrgewohnheiten und persönlichen Anforderungen einen Ganzjahresreifen bevorzugen“. Mit dem neuen Cinturato All Season führt Pirelli außerdem seine Seal-Inside-Pannenschutztechnologie auf dem Ersatzmarkt ein, nachdem sie bereits seit einigen Jahren über die VW-Erstausrüstung zu haben ist.

Einer neuen Studie zufolge wächst der europäische Markt für Ganzjahresreifen zwischen 2013 und 2018 mit einer jährlichen Wachstumsrate im zweistelligen Prozentbereich. „Pirelli konnte diese wachsende Nachfrage nicht ignorieren und entwickelte ein innovatives und leistungsstarkes Premiumprodukt für dieses Marktsegment“, erläutert Gregorio Borgo im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG anlässlich der Produktpräsentation. Der General Manager Operations (GMO) geht dabei davon aus, dass gerade der deutsche Markt in dem Segment der Ganzjahresreifen bereits deutlich weiter entwickelt ist als so manch anderer Markt; Borgo sieht Deutschland gerade bei Ganzjahresreifen als „Vorreiter in Europa“.

Während Pirelli also insgesamt auf den vier wichtigsten Ganzjahresreifenmärkten Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien ein deutlich zweistelliges jährliches Wachstum erwartet, so sollte das Wachstum in Deutschland eben eher unterdurchschnittlich ausfallen, auch wenn Pirelli auch für den hiesigen Markt weiterhin ein stabiles Wachstum prognostiziert. Dieses Wachstum werde nicht zuletzt auch durch die umfassende Einführung von RDK-Systemen in Europa beeinflusst, auch wenn Gregorio Borgo konkret dadurch keine allzu großen Nachfragesprünge erwartet.

Sehr wohl werde die Nachfrage durch eine sich ändernde Zielgruppe beeinflusst, wie Borgo gemeinsam mit Maurizio Boiocchi, General Manager Technology (GMT), anlässlich der Präsentation des neuen Pirelli Cinturato All Season auf Sizilien erläuterte. Für „leistungsstarke Autos sowie bei extremen Straßenverhältnissen“ empfiehlt Pirelli auch weiterhin den Einsatz von Winterreifen. Doch das Unternehmen möchte auch jenen Autofahrern „ein optimales Produkt anbieten, die aufgrund ihrer individuellen Fahrgewohnheiten und persönlichen Anforderungen einen Ganzjahresreifen bevorzugen, anstatt regelmäßig zwischen Sommer- und Winterreifen zu wechseln“, heißt es dazu ergänzend in einer Mitteilung des italienischen Reifenherstellers.

So wurde der neue Cinturato All Season vor allem für Autofahrer in Städten entwickelt, bei deren Anforderungen „eine extreme Performance nicht im Vordergrund steht und deren jährliche Kilometerleistung eher unter dem Durchschnittswert liegt. Er ist ideal geeignet für den Einsatz in großen, belebten Städten, in denen die Winter selten übermäßig streng sind.“ Zu den Zielgruppen für den neuen Pirelli-Ganzjahresreifen zählen daher insbesondere junge Fahrer oder die Nutzer des Zweitwagens einer Familie. „Mit dem neuen Reifen ist zugleich die Idee verknüpft, dem Käufer einen Service zu bieten, der das Leben einfacher macht.“ Man müsse eine wachsende Gruppe von Endverbrauchern erkennen, die eben „an totaler Mobilität“ interessiert seien, und das an 365 Tagen im Jahr ohne zweimaliges Reifenwechseln, erläutert Gregorio Borgo; viele Kunden verlangten schlichtweg „ein einfaches Produkt“, so der GMO weiter.

Mit dem neuesten Produkt erweitert Pirelli sein Sortiment um einen Reifen, „der über das ganze Jahr hinweg konstant gute Leistung liefert, dabei sämtliche gesetzlichen Vorgaben erfüllt und auf jeder Fahrbahnoberfläche den höchsten Sicherheitsstandards gerecht wird. Der Cinturato All Season überzeugt durch eine ausgezeichnete Performance im Sommer und zeigt keinerlei Leistungseinbußen, die ansonsten häufig bei Fahrten mit Winterreifen unter heißen Bedingungen auftreten“, so Pirelli dazu. Weiter: „Tatsächlich zeigt der Cinturato All Season seine beste Performance bei jenen Wetter- und Straßenverhältnissen, bei denen sowohl das Fahren eines Sommer- als auch eines Winterreifens ein guter Kompromiss wäre. Mit dem Cinturato All Season kreierte Pirelli einen echten Universalreifen, der es dem Fahrzeugeigentümer ermöglicht, bei allen Witterungsbedingungen zuverlässig mobil zu sein. Der Fahrer spart zudem Zeit, denn die traditionelle saisonale Umrüstung entfällt“, so der Hersteller weiter anlässlich der Produktvorstellung.

Der neue Pirelli-Ganzjahresreifen Cinturato All Season kommt einem Winterreifen sehr nahe, bietet aber auch bei sommerlichen Straßenverhältnissen keine der ansonsten oft bemerkten Nachteile von Winter- oder Ganzjahresreifen

Der neue Pirelli-Ganzjahresreifen Cinturato All Season kommt einem Winterreifen sehr nahe, bietet aber auch bei sommerlichen Straßenverhältnissen keine der ansonsten oft bemerkten Nachteile von Winter- oder Ganzjahresreifen

In Zusammenhang mit den wahrgenommenen Ansprüchen nach „totaler Mobilität“ einer wachsender Gruppe an Endverbrauchern sieht Pirelli auch die Seal-Inside-Technologie. Ursprünglich wurde diese Pannenschutztechnologie gemeinsam mit Volkswagen für den Passat CC und den Scirocco (beide ab 2008 am Markt verfügbar) entwickelt und auch entsprechend über die Erstausrüstung und den Aftermarket in einigen wenigen Dimensionen als Sommerreifen eingeführt. Volkswagen ist aktuell der einzige Automobilhersteller, der ein solches Mobilitätskonzept zusätzlich zu Notlaufreifen anbietet, worauf sich andere Hersteller in der Regel exklusiv konzentrieren.

Pirellis Seal-Inside-Technologie verschließt Einstiche oder Schnitte bis zu einem Durchmesser von vier Millimetern in der Lauffläche sofort, hieß es dazu anlässlich der Produktpräsentation. Dazu verläuft unterhalb von Lauffläche und Karkasse „eine Schicht selbsthaftender Dichtungsmasse“. Eine feine Abdeckung aus Nylon verhindert dabei das Verlaufen dieser Masse und schützt sie vor Schmutz. „Dringt ein Fremdkörper in den Reifen ein und durchsticht die Karkasse, umschließt ihn die selbsthaftende Masse sofort und dichtet den Einstichkanal hermetisch ab. Die Luft kann nicht aus dem Reifen entweichen. Zugleich verhindert die Dichtungsmasse das Eindringen von Wasser und somit das Rosten des Stahlgürtels. Sollten sich der Nagel bzw. die Schraube während der Weiterfahrt aus dem Reifen lösen, ist das kein Problem: In diesem Fall presst der Reifeninnendruck die Dichtungsmasse in den Stichkanal und verschließt ihn“, so Pirelli dazu.

Dies sei ein großer Vorteil, „denn bei rund 85 Prozent der Fälle, in denen ein Reifen Luft verliert, ist dafür ein externer Schnitt oder Stich verantwortlich“, so Maurizio Boiocchi. „Seal Inside verhindert den Druckverlust und erhöht die Fahrsicherheit. Die Technologie kann dabei bei jedem Reifentyp eingesetzt werden, denn sie benötigt weder spezielle Felgen, noch ein Reifendruckkontrollsystem.“ Dies sei insbesondere nutzerfreundlich und gut für die Fahrzeugentwicklung, müssten doch keine Fahrwerksanpassungen vorgenommen werden, wie sie bei Notlaufreifen mit verstärkter Seitenwand notwendig sind.

Gleichfalls spricht GMO Gregorio Borgo die Empfehlung aus, im Falle eines Falles trotz eines abgedichteten Loches dieses vom fachkundigen Reifenhändler überprüfen zu lassen und eventuell eine konventionelle Reifenreparatur vornehmen oder den defekten Reifen ersetzen zu lassen. Ebenfalls empfiehlt er die Nutzung eines RDK-Systems zusammen mit der Seal-Inside-Technologie.

Die gallertartige Schicht wird dabei nicht zusätzlich auf die Karkasse aufgetragen, sondern größtenteils in sie eingelassen, so dass der mit der Seal-Inside-Technologie ausgestattete Reifen kaum mehr wiegt als sein Pendant ohne diese Technologie. Insgesamt wiegt die Schicht zwischen 200 und 300 Gramm, ist lediglich zwei bis drei Millimeter dick und macht folglich nur einen geringen Anteil am Gesamtgewicht des Reifens aus.

Um das Aquaplaningrisiko zu reduzieren und die Ableitung des Wassers zu optimieren, enthält das laufrichtungsgebundene Profil des neuen Cinturato All Season zwei breite Längs- und Querkanäle

Um das Aquaplaningrisiko zu reduzieren und die Ableitung des Wassers zu optimieren, enthält das laufrichtungsgebundene Profil des neuen Cinturato All Season zwei breite Längs- und Querkanäle

Bei der Entwicklung des neuen Ganzjahresreifens Cinturato All Season selbst bestand die größte Herausforderung für die Ingenieure von Pirelli darin, „in einem Produkt die besten Eigenschaften eines Winter- und eines Sommerreifens zu vereinen.“ Um dieses Ziel zu erreichen, schufen die Entwickler zunächst ein laufrichtungsgebundenes Profil. Um das Aquaplaningrisiko zu reduzieren, enthält es zwei breite Längs- und Querkanäle, welche die optimale Ableitung des Wassers fördern. Das Profildesign soll darüber hinaus effektiv dazu beitragen, das Abrollgeräusch des Reifens auf der Fahrbahn zu reduzieren; der gesenkte Geräuschpegel erhöhe den Fahrkomfort der Insassen und liege auf dem Niveau eines Sommerreifens.

Ein weiteres signifikantes Merkmal des Cinturato All Season ist die 3D-Lamellentechnologie. Das Laufflächenprofil sei derart konzipiert, „dass die 3D-Lamellen sowohl auf nasser als auch auf trockener Fahrbahn zu einer erhöhten Leistung des Reifens beim Bremsen sowie in Kurven beitragen, indem sie die Bewegungen der Profilblöcke optimieren. Diese Wirkung unterstützt den gleichmäßigen Abrieb, was die Lebenszeit des Reifens verlängert.“ Auf verschneiten Straßen öffneten sich die Profilblöcke und füllten sich mit eindringendem Schnee. Damit werde eine bessere Verzahnung mit der Fahrbahn erreicht „und somit eine exzellente Bodenhaftung und Straßenlage. Aufgrund dieser Eigenschaften trägt der Pirelli-Ganzjahresreifen auf der Flanke das Schneeflockensymbol und das Kürzel M+S, die ihn als uneingeschränkt wintertauglich auszeichnen.“

Im letzten Entwicklungsschritt konzentrierten sich die Ingenieure auf die Laufflächenmischung. Mithilfe der Full-Silica-Technologie entwickelten sie eine Zusammensetzung, die innerhalb eines breiten Temperatur- und Wetterspektrums hervorragende Leistung garantieren soll. „Durch den optimalen Silica-Mix in der Lauffläche und des Einsatzes innovativer Polymere konnten die thermischen Eigenschaften des Reifens deutlich verbessert werden.“

Bis April ist der neue Pirelli Cinturato All Season in 21 Größen zwischen 15 und 17 Zoll erhältlich, womit sich bereits eine große Marktabdeckung erreichen lasse. Man plane darüber hinaus zum Ende des Jahres hin die Erweiterung des Line-ups. Ob die Seal-Inside-Technologie dabei mit allen Größen angeboten werde, sei „sehr wahrscheinlich“, so Borgo auf Nachfrage der NEUE REIFENZEITUNG. Während der Ganzjahresreifen für Endverbraucher rund 20 Prozent teurer ist als ein Sommerreifen in gleicher Größe, liegt derselbe Reifen inklusive der Seal-Inside-Technologie noch einmal rund zehn Prozent darüber (und rund 20 Prozent unter einem entsprechenden Notlaufreifen mit seinen noch weitergehenden Sicherheitsreserven). Der Aufpreis mache sich aber mehr als bezahlt, so GMO Gregorio Borgo abschließend. arno.borchers@reifenpresse.de

 

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  1. […] beispielsweise Pirelli oder Michelin davor schon andere bis dahin konsequente Verfechter eines saisonalen Wechsels […]

  2. […] seit mehr und mehr gebröckelt, nachdem 2015 zunächst Pirelli und Michelin die Profile „Cinturato All Season“ respektive „CrossClimate“ einführten sowie zwei bzw. drei Jahre noch Contis […]

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