Conti-Mobilitätsstudie: Autofahrer wollen automatisiertes Fahren

Autofahrer weltweit stehen dem Thema automatisiertes Fahren grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. In der „Continental Mobilitätsstudie 2013“ befürwortet eine klare Mehrheit der Befragten eine entsprechende Technologie: 79 Prozent der Chinesen, 77 Prozent der Japaner, 53 Prozent der Deutschen und 50 Prozent der US-Amerikaner bewerten automatisiertes Fahren als sinnvoll. Nach der eigenen Nutzungsabsicht befragt, möchten sich Autofahrer vor allem durch Autobahnbaustellen und -staus und auf langen Autobahnfahrten chauffieren sowie ihr Fahrzeug automatisiert in Parkhäusern einparken lassen.

Diese Wünsche stimmen exakt mit den Angaben der Befragten zu ihrem Verkehrsalltag überein: Die Studienergebnisse zeigen, dass weltweit vor allem erhöhtes Verkehrsaufkommen (Japan 64 Prozent, Deutschland 51 Prozent, USA 49 Prozent und China 27 Prozent) sowie Staus und Stop-and-Go-Situationen (Japan 68 Prozent, Deutschland 63 Prozent, USA 52 Prozent und China 22 Prozent) am stärksten mit erhöhtem Stress verbunden werden. Dennoch greift die Mehrheit (Deutschland 67 Prozent, USA 63 Prozent und Japan 57 Prozent) der Autofahrer immer noch gerne zum Lenkrad – mit Ausnahme in China (48 Prozent) – und hat Vertrauen in die eigenen Fahrkünste (USA 85 Prozent, Deutschland 63 Prozent, China 60 Prozent und Japan 53 Prozent). Nur eine Minderheit ist dem Fahren gänzlich abgeneigt (Japan 17 Prozent, China 11 Prozent, Deutschland 9 Prozent und USA 5 Prozent).

„Die Bedürfnisse der Autofahrer weltweit passen bestens zu den Entwicklungsmöglichkeiten der kommenden Jahre. Denn teilautomatisierte Fahrzeuge werden im ersten Schritt Fahrten durch Baustellen und Staus auf der Autobahn bewältigen, gefolgt von der Möglichkeit, sein Fahrzeug in einem Parkhaus automatisiert einparken zu lassen“, sagte der Continental-Vorstandsvorsitzende Dr. Elmar Degenhart am Donnerstag in Hannover anlässlich der Veröffentlichung der Studie. „Die Ergebnisse verdeutlichen zudem, dass mit der erfolgreichen Einführung von Fahrerassistenzsystemen weltweit verbunden mit dem direkten Kundennutzen der Grundstein für die Akzeptanz automatisierten Fahrens gelegt wurde“, fügte er hinzu.

Für die „Continental Mobilitätsstudie 2013“ hat das Markt- und Sozialforschungsinstitut Infas im Auftrag des internationalen Automobilzulieferers und Reifenherstellers Continental Autofahrer repräsentativ in Deutschland, USA, Japan und China sowie qualitativ in Frankreich, Indien und Brasilien befragt. Darüber hinaus wurden Experten aus Wissenschaft (Verkehrspsychologie, Recht) und Automobilindustrie interviewt. Die Studie ist damit eine der weltweit umfassendsten ihrer Art zur Akzeptanz von Fahrerassistenzsystemen und automatisiertem Fahren.

Jeder zweite Autofahrer hatte am Steuer bereits einen Unfall

Die Studie zeigt erschreckende Ergebnisse zum Thema Unfälle: Jeder zweite Autofahrer in den befragten Ländern war nach eigenen Angaben hinterm Lenkrad bereits in einen Unfall involviert (Deutschland 59 Prozent, China 57 Prozent, Japan 48 Prozent, USA 62 Prozent). Der häufigste Unfallgrund sind dabei Auffahrunfälle. 46 Prozent der Befragten in den USA, 45 Prozent in China und 44 Prozent in Deutschland sowie 37 Prozent in Japan haben einen solchen Unfall bereits als Autofahrer erlebt. „Notbremsassistenten sind bereits für alle Fahrzeugklassen verfügbar. Auffahrunfälle können damit in vielen Fällen ganz vermieden werden. Durch erste Rabatte bei Versicherern für mit Notbremsassistenten ausgestattete Fahrzeuge und Verbrauchertests, wie Euro NCAP, gibt es im Fahrerassistenzmarkt eine hohe Dynamik, die erwarten lässt, dass diese Systeme zukünftig einen immer größeren Einzug in alle Fahrzeugklassen einnehmen werden“, kommentierte Frank Jourdan, Continental-Vorstandsmitglied und Leiter der Division Chassis & Safety, die Ergebnisse.

Laut der Gesundheitsorganisation WHO sterben weltweit jährlich etwa 1,24 Millionen Menschen an den Folgen von Verkehrsunfällen, Tendenz steigend. Einen wichtigen Beitrag, Unfälle zu vermeiden oder ihre Schwere zu minimieren, leisten Fahrerassistenzsysteme wie beispielsweise Notbremsassistenten. Dabei werden Teilaufgaben, zum Beispiel Bremsen, vom Fahrzeug selbsttätig durchgeführt. Einen weiteren Zuwachs an Sicherheit, aber auch Effizienz und Komfort verspricht die Verknüpfung von Fahrerassistenz-, Informations- und Antriebssystemen, um die gesamte Fahraufgabe auf Teilstrecken wie die Fahrt durch eine Autobahnbaustelle zu automatisieren. Continental erachtet die schrittweise Automatisierung bis hin zur Vollautomatisierung bis 2025 für technisch möglich.

Fahrerassistenzsysteme erfahren international sehr großen Zuspruch

Mit der zunehmenden Industrialisierung von Fahrerassistenzsystemen seit Anfang der Jahrtausendwende ist es mittlerweile gelungen, die Kosten für die notwendige Technik, Umfeldsensorik wie Kamera, Radar, Lidar, auf ein Maß zu reduzieren, das mittlerweile eine Verbreitung in allen Fahrzeugklassen ermöglicht. Dieser Demokratisierungseffekt ist den Ergebnissen der „Continental Mobilitätsstudie 2013“ deutlich abzulesen: Komfortorientierte Fahrerassistenzsysteme erfreuen sich bereits hoher Nutzungsraten. Im internationalen Vergleich liegen dabei vor allem Tempomaten (USA 67 Prozent, Deutschland 51 Prozent, China 50 Prozent und Japan 20 Prozent) Parksensoren (China 55 Prozent, Deutschland 50 Prozent, USA 19 Prozent und Japan 18 Prozent) und Rückfahrkameras (China 71 Prozent, Japan 34 Prozent, USA 20 Prozent und Deutschland 13 Prozent) vorne. Komfortorientierte Fahrerassistenzsysteme erfahren insgesamt einen sehr hohen Zuspruch: 90 Prozent der Deutschen und Chinesen, 84 Prozent der US-Amerikaner und 82 Prozent der Japaner schätzen diese Systeme als hilfreich ein.

Sicherheitsorientierte Fahrerassistenzsysteme erfreuen sich hoher Bekanntheitswerte, ihre Verbreitung ist jedoch noch begrenzt. Der Notbremsassistent ist in allen befragten Ländern am bekanntesten (85 Prozent in Japan, 61 Prozent in Deutschland, 54 Prozent in den USA und 38 Prozent in China). Abgesehen von der elektronischen Stabilitätskontrolle ESC (62 Prozent in Deutschland, 32 Prozent in China, 19 Prozent in Japan und 16 Prozent in den USA) zeigen die Nutzungsraten laut Angaben jedoch vor allem die chinesischen Autofahrer im internationalen Vergleich vorne. Aufgrund einer relativ jungen Fahrzeugflotte (74 Prozent der Fahrzeuge sind jünger als fünf Jahre) werden in China Spurwechselassistent (41 Prozent), Spurverlassenswarner (36 Prozent) und Parkassistenten (30 Prozent) regelmäßig genutzt. Insgesamt zeichnen die Akzeptanzwerte für sicherheitsorientierte Fahrerassistenzsysteme ein durchweg positives Bild. 93 Prozent der Deutschen und Chinesen, 84 Prozent der Japaner und 78 Prozent der US-Amerikaner schätzen diese Systeme als hilfreich ein.

Dabei zeigt ein Blick auf die Verteilung der Akzeptanzwerte auf Fahrermerkmale wie zum Beispiel Alter, Fahrleistung, Fahrertyp, dass diese in den befragten Ländern keine nennenswerte Rolle spielen. „Es gibt nicht den typischen Nutzer von Fahrerassistenzsystemen. Weder in Deutschland, den USA, in Japan oder in China. Die Akzeptanz von Fahrerassistenzsystemen ist somit keine Frage von Alter, Fahrleistung, Fahrertyp oder Fahrzeugklasse“, erläuterte Jourdan.

Automatisiertes Fahren generell nützlich

Grundsätzlich ist automatisiertes Fahren nicht mehr nur den Ingenieuren aus den Entwicklungsabteilungen der Fahrzughersteller und -zulieferer ein Begriff. Die Mehrheit der befragten deutschen (67 Prozent) chinesischen (64 Prozent) und US-amerikanischen (50 Prozent) Autofahrer kennen automatisiertes Fahren. Dahingegen hat lediglich knapp jeder Dritte japanische Autofahrer (29 Prozent) vom automatisierten Fahren gehört. Nach Erläuterung der genauen Funktionsweise stuften mehr als die Hälfte (China 79 Prozent, Japan 77 Prozent, Deutschland 53 Prozent und USA 50 Prozent) die Möglichkeit, sich zukünftig chauffieren zu lassen, als eine sinnvolle Entwicklung ein. Gleichzeitig zeigen die Studienergebnisse, dass automatisiertem Fahren noch nicht im gleichen Maße vertraut wird wie Fahrerassistenzsystemen.

Ein Großteil der befragten Autofahrer weltweit bezweifelt, dass automatisiertes Fahren zuverlässig funktionieren wird (74 Prozent in China, 50 Prozent in den USA, 48 Prozent in Deutschland, 43 Prozent in Japan,). Mehr als der Hälfte der Autofahrer macht die Entwicklung automatisierten Fahrens darüber hinaus Angst: jeweils 52 Prozent in China und Deutschland und 42 Prozent in Japan. In den USA ist dieser Wert mit 66 Prozent besonders ausgeprägt. Die Studienergebnisse zeigen jedoch auch: Je höher die Akzeptanz für Fahrerassistenzsysteme, desto höher auch die Akzeptanz für automatisiertes Fahren. „Erfahrungen mit Fahrerassistenzsystemen haben einen positiven Einfluss auf die Bewertung automatisierten Fahrens. Wer die Zuverlässigkeit eines Notbremsassistenten im eigenen Auto erfahren konnte, für den stellt sich nicht die grundsätzliche Frage, ob automatisiertes Fahren funktioniert“, erläuterte Christian Senger, Leiter der Vorentwicklung für Automobilelektronik bei Continental.

Ein weiterer Zusammenhang zeigt sich bei der Verteilung der Akzeptanzwerte. Automatisiertes Fahren spricht genauso wenig wie Fahrerassistenzsysteme einen speziellen Typ Autofahrer an. Im Ländervergleich zeigen sich japanische Autofahrer am aufgeschlossensten gegenüber automatisiertem Fahren: Für mehr als 60 Prozent der Befragten ist jeweils vorstellbar, Funktionen wie automatisiertes Fahren in Stau-Situationen, automatisches Einparken und automatisierte Autobahnfahrten zu nutzen. Weniger aufgeschlossen mit Werten um 45 bis 49 Prozent zeigen sich die Autofahrer in den USA. Insgesamt liegen die Werte international auf einem vergleichbaren Niveau, lediglich deutsche Autofahrer haben eine Präferenz für automatisiertes Fahren in Stausituationen.

Die befragten Autofahrer erachten mehrheitlich (62 bis 76 Prozent) eine Nutzung automatisierten Fahrens auf langen Autobahnfahrten als sinnvoll. Dahingegen wird die Nutzung in Stausituationen auf der Autobahn unterschiedlich bewertet: 70 Prozent der deutschen Autofahrer halten es für sinnvoll, jedoch nur 36 Prozent in den USA, dazwischen liegen Japan mit 59 Prozent und China mit 43 Prozent. Insgesamt jedoch erfahren Autobahnsituationen die größte Befürwortung.

Marktverfügbarkeit

Die Verfügbarkeit teilautomatisierter Fahrzeuge, bei denen eine dauerhafte Überwachung des Verkehrs noch notwendig ist, variiert im internationalen Vergleich. Die Hälfte der Autofahrer in China erwartet Fahrzeuge mit teilautomatisierten Funktionen zwischen 2018 und 2019 gefolgt von Deutschland (2023), den USA (2024) und Japan (zwischen 2024 und 2028). Insgesamt schätzt mehr als die Hälfte der befragten Autofahrer weltweit, dass automatisiertes Fahren in zehn bis 15 Jahren zum Alltag gehören wird. Chinesen sind in diesem Aspekt am optimistischsten (65 Prozent) im Vergleich zu Japan (57 Prozent), den USA (53 Prozent) und Deutschland (50 Prozent).

Im Rahmen der Studie konnten die Befragten darüber hinaus ihre Erwartungen in Bezug auf die Anschaffungskosten einzelner Funktionen angeben. Generell schätzen die Befragten in den USA die Kosten eher geringer ein als die Befragten in Japan, China und Deutschland. So geben deutsche Autofahrer den Preis für eine automatisierte Autobahnfahrt durchschnittlich mit 2.900 Euro an, gefolgt von China mit 2.600 Euro, Japan mit 2.300 Euro und den USA mit 1.100 Euro. Gemessen an den lokalen Pkw-Durchschnittspreisen (Quelle: POLK 2013), entspricht dies in China und Japan jeweils 14 Prozent, in Deutschland 10 Prozent sowie in den USA fünf Prozent der durchschnittlichen Anschaffungskosten eines Neuwagens.

„Die Preisvorstellungen der Autofahrer weltweit liegen im Großen und Ganzen auf einem realistischen Niveau. Zudem werden sie bereits früher teilautomatisierte Fahrfunktionen nutzen können als von ihnen erwartet“, kommentierte Senger die Erwartungen an Preis und Verfügbarkeit teilautomatisierter Fahrfunktionen.

Alternative Nutzung der Fahrzeit

Mehr als 60 Prozent der chinesischen und japanischen Autofahrer begrüßt die Möglichkeit ab der Hochautomatisierung, die Fahrzeit alternativ nutzen zu können. Diesen Wunsch haben in den USA 49 Prozent und in Deutschland 33 Prozent. Die Befragten möchten die Zeit während der Autofahrt größtenteils für Dinge nutzen, die bereits heute mit der Fahraufgabe vereinbar sind: Musik beziehungsweise Radio hören (45 Prozent), sich mit anderen Insassen unterhalten (41 Prozent) und telefonieren (34 Prozent). Jedoch würden 21 Prozent gerne E-Mails lesen und schreiben und 18 Prozent im Internet surfen (23 Prozent bei der Altersgruppe unter 31 Jahre).

Im Auftrag des internationalen Automobilzulieferers Continental wurden im Frühsommer 2013 von Infas jeweils rund 1.000 Autofahrer (repräsentativ) in Deutschland, den USA, Japan und China, sowie jeweils 200 Fahrzeughalter (qualitativ) in Frankreich, Brasilien und Indien zum Thema Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes Fahren befragt. Interviews mit Experten aus Industrie, Forschung, Verkehrsplanung und Rechtswissenschaften ergänzen die Studienergebnisse um die fachliche Betrachtungsweise. ab

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