Reifen Helm und RTC verlassen Team – Was sind die Hintergründe?

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Der Kooperation Team steht zum Ende dieses Jahres ein dramatischer Aderlass bevor. Mitte Oktober kündigten Reifen Helm im Rahmen einer Gesellschaftersitzung in Nürnberg und Tage später auch die RTC Reifen und Auto-Service ihre Mitgliedschaft in einer der größten unabhängigen Kooperationen des deutschen Reifenhandels, zu der aktuell noch 17 Unternehmen gehören. Die Team-Kooperation wird mit Reifen Helm 50 und mit der RTC noch einmal 57 Verkaufspunkte verlieren, was einem Drittel der aktuell 325 Team-Verkaufspunkte entspricht. Erst Ende 2011 hatten Reifen John und Reifen Feneberg die Team-Kooperation verlassen. Von „sich widersprechenden strategischen Ausrichtungen“ der scheidenden Partner und dem „Kosten-Nutzen-Verhältnis“ ist die Rede. Was sagen dazu die beiden zukünftigen Ex-Team-Gesellschafter und was die Team-Zentrale? Und werden sich Gerüchte bewahrheiten, wonach der Team bald schon weitere Austritte bevorstehen?

Bereits im vergangenen Sommer dieses Jahres erwähnte Klaus Helm im Rahmen eines Hintergrundgesprächs mit der Redaktion der NEUE REIFENZEITUNG seine Absicht, die Kooperation Team zum Jahresende hin zu verlassen. Nur wenige Monate zuvor wurde der Redaktion gegenüber ebenfalls vom Unmut in der RTC-Zentrale über den Nutzen der Mitgliedschaft in der Team-Kooperation berichtet. Die jetzt vorgenommenen Austritte sind demnach alles andere als überstürzte Handlungen. Vielmehr sind sie Ausdruck, dass die strategische Ausrichtung der Kooperation – geführt durch Gerd Wächter am Sitz in Hannover und dominiert von starken Gesellschaftern – nicht, nicht mehr oder noch nicht wieder im Einklang mit den Bedürfnissen der Gesellschafter steht.

Dass sich Team in einem Umstrukturierungsprozess von einem „Bonusklub“ oder einer „Kooperation alter Prägung“ – wie ein Insider zynisch dieser Redaktion gegenüber bemerkt – hin zu einer schlagkräftigen und die Bedürfnisse der Gesellschafter widerspiegelnden Organisation ist, steht außer Frage. Man sei bereits weit gekommen, wird aus Gesellschafterkreisen immer wieder bestätigt. „Trotz größtmöglicher interner Anstrengungen“, die Austritte zu verhindern, kommentiert Team-Geschäftsführer Gerd Wächter, ist der Umbau der Kooperation offenbar nicht so schnell vorangekommen, wie sich dies einige gern gewünscht hätten.

Das Ergebnis: Einige Gesellschafter – namentlich eben Reifen Helm und RTC – wollen nicht mehr länger auf die Etablierung „einer neuen Team“ mit „ganz schlanken Strukturen“ und einem Angebot warten, das kaum mehr als „grundsätzliche Aufgaben“ abdeckt. Die jetzt verkündeten Austritte unterstreichen noch einmal deutlich die große Krise, in der sich Kooperationen aufgrund geänderter Marktverhältnisse ganz allgemein befinden. Flexibilität, Kreativität, Öffnung für Neues und Neue sowie Reaktionsschnelligkeit sind da gefragt. Vor dem Problem, dem sich beschleunigenden Wandel mit Agieren und nicht nur Reagieren zu begegnen, stehen schließlich auch andere Organisationen des deutschen Reifenhandels.

Reifen Helm hat der Team den Austritt erklärt: „Die Interessen waren letztlich zu unterschiedlich“, erläuterte Klaus Helm gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG seine Beweggründe

Reifen Helm hat der Team den Austritt erklärt: „Die Interessen waren letztlich zu unterschiedlich“, erläuterte Klaus Helm gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG seine Beweggründe

Was aber bewegt etwa Reifen Helm – einer der größten unabhängigen Reifenhändler Deutschlands mit immerhin 50 Niederlassungen im Norden des Landes – dazu, der Team-Kooperation den Rücken zu kehren? Das Unternehmen sah als größter und umsatzstärkster Partner für sich nur noch wenige Vorteile in einer Team-Mitgliedschaft, während Helm selbst dank seines Einkaufsvolumens für kleinere Gesellschafter natürlich äußerst hilfreich war. Kooperationen leben aber von Kompromissen und gegenseitigem Entgegenkommen. Wenn solche Verhältnisse aber zu Siegern auf der einen und Verlierern auf der anderen Seite führen, kommt es zwangsläufig zu Reaktionen. „Die Interessen waren letztlich zu unterschiedlich und wir können uns nicht nur nach unten orientieren. Wenn wir im Wettbewerb erfolgreich bleiben wollen, müssen wir alles daran setzen, auch mit anderen Schwergewichten konkurrieren zu können“, so Klaus Helm gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG.

In einem Rundschreiben an die Mitarbeiter hat Geschäftsführer Stephan Helm, ein Neffe von Klaus Helm, den Austritt mit relativ wenigen Worten begründet und eine „zeitnahe“ Information zu Themenfeldern wie Teamstar, Servicequadrat etc. angekündigt. So viel ist heute klar: Helm wird sich dem im Flottengeschäft zusammenarbeitenden Verbund Vergölst/Reiff/Pneuhage anschließen und schafft sich so die Basis, seine Kunden wie bisher deutschlandweit bedienen zu können.

Allein zur Erzielung attraktiver Einkaufskonditionen werden Kooperationen selbst von kleineren Händlern immer weniger gebraucht, dermaßen transparent und preisorientiert ist der Markt mittlerweile durch das Internet und die Dominanz der Plattformen geworden. Und für Großabnehmer gilt sowieso, dass die Chancen auf wirklich herausragend gute Preise nur dann steigen können, wenn diese Händler nicht ein Heer kleinerer Reifenhändler als Kooperationskollegen im Schlepptau haben.

Während Stephan Helm bei der turnusgemäßen Gesellschaftertagung Mitte Oktober die Kündigung der Team-Mitgliedschaft im Namen der Reifen Helm GmbH mit Sitz in Hamburg direkt aussprach, machten bereits am Tag nach dem Treffen Gerüchte die Runde im Markt, wonach auch die RTC Reifen und Auto-Service GmbH & Co. KG eigentlich beschlossen habe, die Team zum Jahresende hin zu verlassen. Eine offizielle Bestätigung dieser Absicht gab dann auch RTC-Geschäftsführer Andreas Nötzel einige Tage später im Namen ‚seiner’ Gesellschafter ab, die in Summe 57 Verkaufspunkte deutschlandweit betreiben. Damit hält auch die RTC die erst kürzlich auf drei Monate verkürzte Kündigungsfrist formell ein, die eigentlich als Flexibilisierungsmaßnahme eingeführt worden war, um Gesellschafter in der Kooperation zu halten. Fest steht damit jetzt: Zum Jahresende verliert die Team-Kooperation 107 der 325 Verkaufspunkte.

Nötzel dazu: „Die RTC Reifen-Team GmbH & Co. KG wird nach 23 Jahren zum 31. Dezember 2013 die Team-Kooperation verlassen. Die Gesellschafter der RTC trafen mehrheitlich diesen Beschluss, um sich strategisch und wirtschaftlich für die Zukunft neu aufzustellen.“ Wie Team-Mitgesellschafter bereits seit Längerem gegenüber dieser Zeitschrift zu berichten wussten, kündigte sich dieses Auseinandergehen von RTC und Team bereits vor Monaten an. Nötzel, der in der Branche als überaus zielstrebig, ergebnisorientiert und rührig gilt, könne mit seiner kleinen Zentralen-Mannschaft einen Teil des Leistungsangebots der Team-Zentrale (die im Übrigen personell kaum besser ausgestattet ist als die RTC-Zentrale) ohne Weiteres selber erbringen, weswegen eine Mitgliedschaft in „der alten Team“ – trotz dort stattfindender Umstrukturierung – immer weniger von Nutzen schien, so ist zu hören.

Die RTC und deren Geschäftsführer können ohne Frage als „innovative Kraft in der Team“ bezeichnet werden. Und dass die Organisation mit Sitz in Ludwigsfelde südlich von Berlin mit Konditionen aus Verhandlungen mit der Reifenindustrie herausgeht, die schlechter sind als jene, die wiederum die Team-Zentrale ihrerseits mit denselben Herstellern vereinbart, darf durchaus bezweifelt werden. Hinter vorgehaltener Hand hat in der Vergangenheit mehr als einer gegenüber der Redaktion der NEUE REIFENZEITUNG betont, dass die RTC-Konditionen in der Regel besser seien als die Team-Konditionen. Dass dieser Umstand auch auf Reifen Helm zutrifft, kann hier nur vermutet werden.

Nötzel nun weiter: „Etablierte RTC-Standorte mit hohem Qualitätsniveau und eine leistungsfähige auf die Gesellschaft fokussierte Zentrale schaffen die Möglichkeiten, die Kooperation auch als Zukunftsmodell am Markt bestehen zu lassen. Auch die Gewinnung von neuen leistungsfähigen Kooperationspartnern und Gesellschaftern wird in den kommenden Jahren als Zielsetzung stehen.“

Der jetzt offiziell erklärte Austritt aus der Team-Kooperation ist freilich nicht das Ende der RTC; im Gegenteil: „Die RTC und deren Gesellschafter werden ihr Geschäfts- und Unternehmensmodell weiterhin als freie und unabhängige Kooperation in Deutschland fortführen. In einigen Geschäftsbereichen wurde der Team-Kooperation und den Gesellschaftern auch ab dem Jahr 2014 eine partnerschaftliche Zusammenarbeit angeboten.“

Verbleibende Team-Gesellschafter halten unterdessen einen weiteren Aderlass im Zuge der laufenden Umstrukturierungen der Kooperation durchaus für möglich, wie gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG betont wird; von einer Gruppe aus zehn Gesellschaftern ist die Rede, die gemeinsam in die Zukunft gehen könnten. Dies ist – freilich – noch längst nicht ausgemacht.

Gerd Wächter, Team-Geschäftsführer und Leiter der Kooperationszentrale, meint, dass in Zukunft die Organisation sogar wieder wachsen könnte. „Die Team wird sich verändern und neu ausrichten. Darüber wurde mit den verbleibenden Gesellschaftern intensiv beraten und Einigkeit erzielt“, erklärt Wächter gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG. „Der eingeschlagene Weg der Öffnung für den freien Reifenfachhandel, die Besetzung neuer Geschäftsfelder im B2C- und B2B-Bereich sowie die Neustrukturierung der Gesellschaft sind Punkte, die die zukünftigen Schwerpunkte in der Kooperationsarbeit bilden werden. Daher sehe ich bei Team keine weiteren Austritte der verbleibenden Gesellschafter, sondern bestenfalls neue Gesellschafter hinzukommen.“ Team bedauere das Ausscheiden der beiden Gesellschafter, „trotz größtmöglicher Anstrengungen, dies zu verhindern“, so Wächter, der die Gründe für die erklärten Austritte verständlicherweise nicht kommentieren möchte: „Aus Respekt vor der einzelunternehmerischen Entscheidung des ausscheidenden Gesellschafters erübrigt sich eine Nennung von Gründen durch Team.“

Wie aus Gesellschafterkreisen gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG mehrfach betont wurde, sei die absolute Vorbedingung für eine zukunftsfähige Team-Kooperation deren erfolgreiche Umstrukturierung. Gerade die Geschwindigkeit des eingeschlagenen Umbaus sei hier entscheidend und dürfe eben nicht hinter der Geschwindigkeit der sich stetig und vor allem immer schneller ändernden Anforderungen aus dem Reifenmarkt zurückbleiben. Fangen die Gesellschafter an, das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Mitgliedschaft in Frage zu stellen, bekommt die Organisation ein Problem, eines, das vielleicht tödlich sein kann.

Dass das Veränderungsmanagement in einer heterogenen Organisation wie der Team-Kooperation mit zugegeben überaus starken – und somit auch unabhängigen – und selbstbewussten Unternehmern schwer zu leisten ist, steht außer Frage. Lassen sich gemeinsame Ziele nur noch auf Ebene des kleinsten gemeinsamen Nenners formulieren, kann die beste Kooperationszentrale keine zufriedenstellenden Ergebnisse liefern. Folglich seien jetzt vor allem auch die verbleibenden Team-Gesellschafter gefordert, für sich und ihre Mitgesellschafter festzulegen, wie die „neue Team“ denn aussehen soll und sich dazu zu bekennen. In Nürnberg bei der Gesellschaftertagung jedenfalls sei nicht gestritten, sondern konstruktiv diskutiert worden, so ist von Teilnehmern zu hören. Vonseiten der Team-Zentrale ist dazu weiter nicht viel zu erfahren: „Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass die Team keine weiteren zusätzlichen Verlautbarungen zu diesem Themenkomplex abgeben wird“, erklärt Geschäftsführer Gerd Wächter auf Nachfrage der NEUE REIFENZEITUNG. arno.borchers@reifenpresse.de

 

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