Ruhe vor dem (Winterreifenan-)Sturm?

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Mitte Oktober hat der Winter hierzulande erstmals seine Muskeln spielen lassen, dann aber machten sich der erste Schnee und die Kälte schnell wieder von dannen bzw. hielt stattdessen ein in weiten Teilen Deutschlands ein goldener Herbst mit Temperaturen um die 20-Grad-Marke oder gar darüber Einzug. Nicht gerade ideale Voraussetzungen, um Verbraucher zum Umrüsten auf Winterreifen zu motivieren. Klar: Vielfahrer und sicherheitsbewusste Autofahrer kommen so oder so, aber viele warten mit dem Wechsel auf bzw. der Neuanschaffung von M+S-Gummis halt immer noch so lange, bis es „richtig Winter“ wird. Dabei hofft die Branche auf das daraus resultierende „Sahnehäubchen“ im Reifengeschäft dieses Jahr umso mehr angesichts der beiden eher schwachen Saisons zuvor und einem 2013 weitgehend hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Pkw-Sommerreifenabsatz. Kann man die bisherigen Monate also tatsächlich als so etwas wie die Ruhe vor einem möglichen Ansturm auf Winterreifen sehen?

Selbst wenn einerseits Continentals Reifenvorstand Nikolai Setzer kürzlich vor möglichen Engpässen bei der Versorgung mit Winterreifen warnte und somit offenbar einer starke Nachfrage vonseiten der Verbraucher erwartet, so dürften andererseits Umfrageergebnis wie die im Rahmen des jüngsten „Trend-Tachos“ alle Europhorie diesbezüglich gleich wieder einbremsen: Denn bei der Erhebung, welche die Kraftfahrzeugüberwachungsorganisation freiberuflicher Kfz-Sachverständiger e.V. (KÜS) zu verschiedenen Branchenthemen regelmäßig in Zusammenarbeit mit der Zeitschrift Kfz-Betrieb durchführt, sollen 71 Prozent der Autofahrer auf die Frage, ob innerhalb der nächsten sechs Monate ein Winterreifenkauf anstehe, mit „ganz bestimmt nicht“ geantwortet haben sowie weitere 15 Prozent mit „wahrscheinlich nicht“. Insofern sind durchaus Zweifel angebracht, ob es gelingen kann, das bisher im (Pkw-)Reifenersatzgeschäft aufgelaufene Minus mit einem guten Winterreifenabsatz wieder wettzumachen.

Bis einschließlich September sind hierzulande laut dem sogenannten Sell-out-Panel des Wirtschaftsverbandes der deutschen Kautschukindustrie (WdK) übrigens fast sieben Prozent weniger Pkw-Reifen im deutschen Ersatzmarkt vom Handel in Richtung Verbraucher verkauft worden. Für das Minus ist dabei das Segment Pkw-Sommerreifen verantwortlich, denn dort wurden während der ersten neun Monate 2013 gemessen in Stückzahlen gut zehn Prozent weniger Einheiten abgesetzt als im selben Zeitraum des Vorjahres. Für Pkw-Winterreifen verbucht die WdK-Statistik demgegenüber ein Plus von gut drei Prozent, wenngleich die Monate Januar bis September zweifelsohne nicht diejenigen sind, die man klassischerweise mit dem Winterreifengeschäft in Deutschland assoziiert. Aber der kalte Jahresstart hat hier durchaus seine Spuren hinterlassen.

Das gilt aber so nicht für die Verkaufszahlen der Industrie an ihre Handelspartner bzw. den sogenannten Sell-in. Der von der European Rubber Manufacturers’ Conference (ERMC) festgehaltenen Entwicklung nach wurden bis einschließlich September mit fast 14,6 Millionen Pkw-Winterreifen immerhin gut zehn Prozent weniger an den Handel geliefert als während der ersten neun Monate 2012. Wenn das Minus beim Pkw-Reifenabsatz insgesamt mit gut fünf Prozent auf bis dato beinahe 31,4 Millionen Einheiten also deutlich kleiner ausfällt, dürfte jedermann klar sein, dass die Industrie im Hinblick auf den Absatz von Pkw-Sommerreifen an ihre Handelspartner in Deutschland im Vergleich zu 2012 nicht viel Federn lassen musste: Mit etwa 16,8 Millionen Sommerreifen per Ende September präsentiert sich dieser Wert nur wenig bzw. nicht einmal ein halbes Prozent unterhalb des entsprechenden Vorjahresniveaus.

Mehr oder weniger gleich wie bei den Sommerreifen für Pkw entwickelte sich bisher der Absatz Industrie an Handel in Bezug auf 4×4-/Offroadreifen, zumal mit knapp 2,2 Millionen Stück nur unwesentlich weniger ausgeliefert wurden als im selben Zeitraum 2012. Allerdings kann der Handel sich über ein im Vergleich besseres Geschäft mit dem Endverbraucher freuen, weil er von Januar bis September ziemlich genau zwischen vier und fünf Prozent mehr solcher Produkte an die Frau oder den Mann brachte. Dafür lief es bei den Llkw-Reifen eher schlechter und das auf beiden Seiten der Vermarktungskette: Im Sell-out wurde im bisherigen Jahresverlauf ein Rückgang der Stückzahlen um nicht ganz sieben Prozent verbucht, im Sell-in ist er mit mehr als 17 Prozent auf gut 2,3 Millionen Llkw-Reifen jedoch deutlich größer.

Für Lkw-Reifen weist die WdK-Statistik aktuell noch ein kleines Minus irgendwo zwischen einem und zwei Prozent aus, doch ausgehend von der Entwicklung seit Jahresanfang könnte schon im Oktober die schwarze Null in diesem Segment erreicht werden. Zumal sich die ERMC-Daten für den Sell-in schon seit Längerem im positiven Bereich bewegen und eine runde Million ausgelieferter Reifen per Ende September einer um gut acht Prozent gestiegenen Nachfrage entsprechen. So mancher in der Branche würde merklich aufatmen, färbte dieser deutliche Positivtrend bei den Bereifungen für Lastkraftwagen zumindest ein klein wenig auch auf andere Teilbereiche des Marktes ab. christian.marx@reifenpresse.de

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