Alcar Deutschland: Marktpotenzial bis an die Grenzen ausschöpfen

Die Alcar Deutschland GmbH (Siegburg) ist die größte Tochtergesellschaft unter den etwa 30 Firmen der Alcar-Unternehmensgruppe (Hirtenberg/Österreich); etwa hundert der gut 700 Beschäftigten in Produktion und Großhandel überwiegend von Stahl- und Aluminiumgussrädern bearbeiten den deutschen Markt. Alcar Deutschland gehört mit den vier Alumarken AEZ, Dotz, Dezent und Enzo sowie mit „KFZ Stahlrad“ jeweils zu den Marktführern in den beiden Rädersegmenten.

Und die entwickeln sich höchst unterschiedlich, wie Alcar-Geschäftsführer Klaus-René Küfer unumwunden einräumt. Im Geschäft mit Aluminiumrädern gelinge es ihm und seinem Team immer noch, Weiterentwicklungspotenziale zu erschließen, noch kundenorientierter zu werden, Freude am Design zu empfinden und zu vermitteln. Das ohnehin schon seit Jahren immer härter werdende Stahlrädergeschäft bereite hingegen immer weniger Freude, Pkw-Stahlräder seien recht weitgehend zum reinen Preisprodukt verkommen. Der Service, den Alcar ja auch für dieses Produkt vorhält und der einerseits Engagement verlangt sowie andererseits Kosten verursacht, werde kaum noch honoriert.

Stahlräder bereiten wenig Freude

Da der Einzelhandel auch seine Bestände an gelagerten Stahlrädern in den letzten Jahren auf ein Minimum geschrumpft hat, musste sich Alcar nolens volens auch auf diese Marktentwicklung einstellen. Während sich in Siegburg das Zentrallager von Aluminiumrädern für den deutschen Ersatz- und Umrüstmarkt befindet, sind die Stahlräder in Offenbach a. d. Queich zentral gelagert. Zu nennen auch noch die Niederlassung Osnabrück und als weitere Außenläger für Stahlräder Chemnitz und Beilngries. Weil Alcar sich den Marktgegebenheiten wie alle anderen Anbieter auch anpassen musste und bei Aluminiumrädern den Paketdienst bzw. das Ausliefern „vierstückweise“ immer weiter perfektionieren musste, konnte man die Erfahrungen auch aufs Stahlrad übertragen. Die Zunahme der Belieferung via Paketdienst hat zentrale Strukturen befördert. Die Crux: Die Kostenumlage beim Produkt Aluminiumrad mag auskömmlich sein, beim preisorientierten Stahlrad bleibt dafür kein Spielraum mehr.

„Eine Lagerhaltung beim Händler streben wir gar nicht mehr offensiv an“, so Alcar-Prokurist Klaus Horn, „auf einen sogenannten Standardlagervorschlag, wie wir ihn früher einmal gemacht haben, verzichten wir inzwischen.“ Die Händler erwarten einen prompten Lieferservice auch für Stahlräder, rein betriebswirtschaftlich gesehen fällt es dem Alcar-Team schon schwer, den in der gewohnten Güte aufrechtzuerhalten.

Echte Räderexperten

Nur auf die pure Anzahl gesehen, hat Alcar in den letzten Jahren das Vertriebsteam verkleinert bzw. sind die betreuten Gebiete größer geworden. Alcar hat im Wettbewerb aber dennoch nichts an Marktpower eingebüßt. Der Außendienst, der Stahl- und Aluräder „aus einer Tasche“ verkauft, ist blendend geschult und erfahren. Die zehn Alcar-Mitarbeiter, die beim Handel vorfahren, sind „echte Räderexperten“, ihre drei Regionalverantwortlichen sind es als langjährig rädererfahren ohnehin. Für den Norden ist Josef Schreurs verantwortlich, für den Süden Matthias Wolff, für die Mitte Klaus Horn.

Letzterer ist darüber hinaus aber auch noch mit einer Reihe administrativer Aufgaben betraut, ergänzt Küfer. Ohnehin habe hierarchisches Denken aber schon von jeher in der Organisation, die 1995 gegründet worden und damals aus der Hennefer Alcar Autoteile GmbH hervorgegangen ist, keine große Rolle gespielt. Immer eine Rolle gespielt hat im Unternehmen hingegen das Thema Service. „Wir verknüpfen auch ganz bewusst und ganz intensiv den Servicegedanken mit der Arbeit unseres Außendienstes“, erklärt der Alcar-Geschäftsführer. Und Klaus Horn ergänzt: „Vieles hat sich in den letzten Jahren im deutschen Rädermarkt verändert, aber eine Erkenntnis hat nach wie vor Bestand: Die Geschäfte werden „face to face“ gemacht.“ Ja, beim Produkt Stahlräder sei die eigene Marke sehr weitgehend austauschbar gegen andere europäische Produkte, auch bei manchen Aluräderdesigns solle man nicht glauben, allein im Markt zu sein. „Aber wir gehen in Kundengespräche immer mit dem Ziel, dessen Bedarf zu erkennen und zu erfüllen.“

In einem limitierten Alurädermarkt bis an die Grenzen

Das Alcar-Aluminiumräderangebot umfasst mehr als 70 Designs und ist damit breiter aufgefächert als bei allen Wettbewerbern. Zu breit? Böte sich da nicht mal eine entschlossene Programmbereinigung an? Man denke schon an eine selektive Auswahl aus dem enormen Angebot nach, das die österreichische Schwestergesellschaft „AEZ Technik und Design GmbH“ mit ihren vier Marken AEZ, Dotz, Dezent und Enzo den Vertriebsfirmen an die Hand gibt, so Küfer und Horn unisono. Aber dieses große Angebot ist nun mal der Besonderheit der in so vielen Ländern vertretenen Unternehmen der Gruppe geschuldet oder – ganz wie man will – der Verschiedenartigkeit der Märkte. Nicht jedes Styling, auch nicht jede Rädergröße läuft in jedem Markt gleich; was in Deutschland ein Erfolg ist, kann in Skandinavien floppen oder umgekehrt; in Süd- und Osteuropa ist der Anteil kleinerer Automodelle größer als in Deutschland, dem Land mit einer SUV-Sonderkonjunktur usw. usw. Ein Radtyp, der hierzulande Ladenhüter ist, kann in einem anderen Land ein Renner sein. Das macht vorsichtig mit Vorschlägen zu einer Programmbereinigung, und schaden kann es ganz gewiss nicht, wenn ein selten nachgefragter Radtyp doch noch aufzutreiben ist.

Die Alcar-Manager sind sich bewusst, dass sie von den enormen Marketinganstrengungen der österreichischen Muttergesellschaft profitieren. Dass sich dieses Argument auch umdrehen ließe (die Alcar-Verkäufe finanzieren den in der Räderbranche so einzigartigen Marketingstrauß), wollen Küfer und Horn so nicht gelten lassen. Vielmehr eine sie die begeisterung fürs Produkt und wenigstens zwei der vier Marken: „An AEZ und Dotz hängt viel Herzblut.“ Gleichwohl wäre auch hier der Umkehrschluss denkbar. Ohne die Erträge mit der Volumenmarke Dezent würde die 4-Marken-Strategie von Alcar/AEZ wohl nicht aufgehen.

Während andere Marktteilnehmer in immer größere Abhängigkeit vom Wintergeschäft geraten, können sich die Alcar-Verkäufer immer wieder aufs Frühjahr freuen, in dem die „Premiummarke“ AEZ einer gutsituierten Klientel und die „Trendmarke“ einer autoaffinen jungen Klientel Dotz überproportional vertreten ist. In Siegburg hat man jedenfalls im Frühling nach wie vor eine ausgesprochene saisonale Spitze, klar wird allerdings auch gestellt, dass die „Mainstreammarke“ Dezent und die preisaggressive Marke Enzo zwar zur kalten Jahreszeit ihr Absatzhoch haben, aber ebensowenig „reine Winterräder“ sind wie AEZ und Dotz nur im lukrativen Frühjahrsumrüstgeschäft reüssieren.

Die Räderwelt bewege sich in zwei Extreme, beobachtet Klaus Horn: Einerseits strebe man in immer engere Nischen, sodass man schon fast von Unikaten sprechen müsse, andererseits seien gewisse Volumina mit Rennertypen für eine Vertriebsgesellschaft wie Alcar nun einmal unverzichtbar. Küfer und sein Team wissen, dass der deutsche Leichtmetallrädermarkt limitiert ist, sie wissen auch, dass der Markt in den nächsten Jahren kein großes Volumenwachstum verheißt, sondern bezogen auf die Absatzzahlen eher stagnieren wird. Es gilt, das Potenzial in den Grenzen des Marktes voll auszuschöpfen.

Auf der Suche nach neuen Möglichkeiten

Manchmal helfen Marktentwicklungen und manchmal erschweren sie das Geschäft. Die Abwrackprämie 2009 hatte den Markt positiv beeinflusst, erinnert Klaus-René Küfer, bis an ihre Kapazitätsgrenze ausgelastete Erstausrüster mussten das Ersatzmarktgeschäft vernachlässigen, in den letzten Jahren wollen auch immer mehr Flotten Leichtmetall- statt Stahlräder, ergänzt Klaus Horn. Vor der Saison 2011/2012 habe man gute Geschäfte machen können, danach habe erst die Wintersaison nicht die Erwartungen erfüllt, im Sommer 2012 dann seien auch viel mehr Reifen beim Handel liegen geblieben als gedacht.

Mit einem „Mal verliert man, mal gewinnt man“ gibt sich Küfer nicht zufrieden und besinnt sich auf eine Stärke seiner Organisation (siehe bereits oben zum Thema Außendienst): „Wir gehören zu den Unternehmen, die mit Fug und Recht von sich behaupten können, dicht am Kunden zu sein. Unser Marketing setzt beim Menschen und bei der Kommunikation den Schwerpunkt.“ Aus diesem Grunde habe man dem Motorsport abgeschworen und sei immer auf der Suche nach Ideen, die Spaß bringen – und die im Übrigen auch schon mal weniger kosten als vielleicht irgendwelche großen Events, die sich Großkonzerne leisten. Was Alcar an Marketingmaßnahmen bestreitet, das hat Alcar vorher auch erwirtschaftet. Und man habe sehr gute Erfahrungen gemacht beispielsweise mit der Einbeziehung der Familien von Kunden, ergänzt Horn. Ein Event kann im Grunde auch mal ganz einfach sein, aber auf der menschlichen Ebene so gut funktionieren, dass Kundenbindung anschließend viel mehr als eine Floskel ist.

Darüber hinaus ist Alcar ein sehr rühriger Unterstützer bei Hofevents des Reifenhandels und platziert dort den eigens für diese Veranstaltungen aufgebauten Hänger. Und in Siegburg selber hat das Unternehmen eine branchenweit einmalige Innovation geschaffen: Nicht weit von der Firmenzentrale können sich potenzielle Endverbraucher zu normalen Ladenöffnungszeiten in einem Showroom vom Marken- und Designangebot des Unternehmens ein Bild machen. Verkauft wird da natürlich nichts, vielmehr werden die Räumlichkeiten des Telefonverkaufs genutzt und erfolgt daher ganz direkt eine Rückmeldung vom Konsumenten: Was gefällt ihm, was will er? Alcar hat das Ohr ganz dicht am Handel, aber eben auch ungefiltert am Verbraucher. Ein Wettbewerbsvorteil.

Weil sich der Markt wandelt, wird bei Alcar auch nicht mehr so kategorisch und prinzipiell abgelehnt wie noch vor einigen Jahren, gegebenenfalls ein Komplettradangebot zu entwickeln. Manch ein Händler empfindet es gerade in der Hochsaison als hilfreich, dadurch mehr Endverbraucher durchschleusen zu können als wenn er selber erst Rad und Reifen zusammenführen müsste. Auch hat sich bei vielen Händlern herauskristallisiert, das „Vormontieren“ allzu häufig vergebliche Liebesmüh’ ist, weil es dann doch anders kommt: Der Stammkunde kauft sich plötzlich ein neues Auto, entscheidet sich doch für andere Räder, will trotz eigentlich noch ausreichender Profiltiefe auf Neureifen umrüsten (was ja eigentlich sehr löblich ist) … Gründe gibt es viele. Alcar ist ständig auf der Suche nach neuen Möglichkeiten; bevor allerdings eine Entscheidung getroffen wird – auch in Sachen Kompletträder –, wird erst einmal den Partnern gut zugehört. detlef.vogt@reifenpresse.de

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