“Engineered in Germany” – Die Keskin-Gruppe

1985 hatte es mit der Gründung von Reifen Keskin begonnen. Das war halt noch ein Reifenhändler mehr im lokalen, aber durchaus wettbewerbsintensiven Markt Ludwigshafen/Mannheim. Bereits gut ein Jahrzehnt später wurde aus dem „Reifen-Keskin“ auch der „Felgen-Keskin“, der seine Aluminiumrädermarke dann auch konsequent „Keskin Tuning“ nannte. 1998 Gründung der Keskin Türkei, 2002 einer Aluräderzweitmarke MAM – und dann schien das jähe Aus nahe: Ein Großbrand drohte die aufopferungsvolle Aufbauarbeit des jungen Unternehmens zunichte zu machen.

Doch weit gefehlt: Die Firma verlegte ihren Sitz von Mannheim nach Frankenthal, dort – inzwischen in der Carl-Benz-Straße – ist heute die Keskin Tuning Europa GmbH ansässig, in repräsentativem Gebäude, mit modernem, gerade erst fertiggestellten Logistikzentrum und etwa 70 Mitarbeitern (in der Gruppe, aber ohne die Türkei). Im mittleren zweistelligen Millionenbereich liege der Umsatz der Unternehmensgruppe inzwischen, verrät Franz Kruse (54), langjähriger Fahrensmann in der deutschen Reifenlandschaft und den angrenzenden Ländern, seit einigen Monaten Verkaufsdirektor der Keskin-Reifenmarke Syron. Der Großbrand im Jahre 2003 hat den Vorwärtsdrang der Gruppe nicht etwa gebremst, sondern ganz offensichtlich noch beflügelt.

Die Taktzahl wurde beschleunigt: 2004 wurde „Syron Tires“ gegründet, 2005 die Keskin Academy in der Türkei, 2007 Keskin USA, 2009 Keskin Frankreich, 2010 Keskin Finnland und schließlich – im vergangenen Jahr – ein mit den höchsten Ansprüchen ausgestattetes Lager und Logistikzentrum errichtet. Kruse räumt ein wenig staunend ein: Wer die heutige Unternehmensgruppe sieht, wird nicht für möglich halten, dass das die gleichen Marktteilnehmer sind, die in den 80er Jahren so ganz klein angefangen haben. Und er zeigt sich höchst angetan von der sozialen Kompetenz des Unternehmens: Da gebe es immer ein gutes Wort für die Mitarbeiter von der Führungsebene, auch und gerade im privaten Bereich, da wird gemeinsam gefeiert und das Zusammengehörigkeitsgefühl gepflegt, wann immer es einen Anlass gibt. Unter „Familie“ wird hier nicht nur der biologische Zusammenhalt verstanden, „Familie“ ist jeder, der mit und für die Keskin-Gruppe und ihre Produkte lebt und arbeitet.

Aus dem No-name „Syron“ wurde in nur wenigen Jahren im deutschen Markt eine Reifenmarke, die die Händler kennen und auch bei den Verbrauchern angefangen hat, erkannt zu werden. Kruse sieht seine Aufgabe jetzt unter anderem darin, die junge Marke zu festigen, als respektierten Marktteilnehmer zu etablieren. Franz Kruse kann dabei mit einem Pfund wuchern, das die Keskins mit großer Konsequenz generiert haben: Sie pflegen ihre türkischen Wurzeln und ihre Kultur, aber penetrieren wo immer möglich den Slogan „Engineered in Germany“ für ihre Produkte.

Und das ist in der Tat alles andere als eine Floskel: Die Produzenten der hauseigenen Reifen und Aluminiumgussräder mögen aus fernen Ländern – zumeist Fernost – stammen, in Frankenthal aber sitzen hochqualifizierte Reifen- und Räderentwickler, auch die Formen für Reifen und Räder sind Eigentum der Keskins.

Die Aluräder von Keskin Tuning sind inzwischen in mehr als 90 Ländern weltweit vertreten, in vielen davon auch die im Budgetsegment angesiedelte Zweitmarke MAM. Die Reifenmarke Syron konnte sich in der Türkei, Frankreich, Nordamerika und Finnland über die eigenen Vertriebsgesellschaften, in anderen Ländern über Importeure etablieren. Die Marke soll nicht nur vom „German Engineering“-Effekt profitieren, sondern wird als „Hochleistungsreifen“ positioniert. Das ist für den „relativen Newcomer“ möglich, weil er eine Marktlücke entdeckt hat und clever ausfüllt: Die großen Marken des Reifenmarktes gehen bis in extreme Dimensionen, Querschnittsverhältnisse und höchste Speedindices – und begrenzen oftmals die Sortimente ihrer Zweit- und Drittmarken zwei, drei Zoll darunter oder ein zwei Speedindices niedriger. Syron ist die Alternative zu den etablierten Premiummarken im UHP-Segment, die deren Zweit- und Drittmarken nicht bieten.

Nein, Vollsortimenter sei man nicht und habe diesen Ehrgeiz auch gar nicht, räumt Franz Kruse ein. 13 und 14 Zoll sucht man beim aktuellen Sommerreifen „Race 1 Plus“ vergeblich in der Programmliste, mit dem 80er Querschnitt bei Winterreifen vom Typ „Everest 1“ oder beim Ganzjahresreifen „365 Days“ hat man sich offensichtlich auch nicht lange beschäftigt. Syron fokussiert sich einerseits auf „Rennergrößen“ und sucht andererseits nach Nischen, die die großen Reifenhersteller übersehen haben oder die so wenig Volumen versprechen, dass sich ihre Produktion nicht lohnt – wie eine Sondergröße 255/30 R20 97W.

Zum Syron-Sortiment gehören ferner SUV- und 4×4-Sommerreifen vom Typ „Cross 1“ bzw. die winterlichen Pendants vom Typ „Everest SUV“, Transporter-Allwetterreifen „Merkep II“, für den Winter unter dem Namen „Everest C“ und schließlich den „K-TIR“ als echten LLkw-Reifen für den Ganzjahreseinsatz. Dass es Letzteren „nur“ in einer Größe gibt ist Ausdruck der von Realismus getragenen Selbstbeschränkung, auf das Streben nach komplettem Sortiment zu verzichten.

Das wissen auch die Kunden, zeigt der Verkaufsdirektor im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG auf den Tagesauszug der Bestellungen: Da sind klassische unabhängige Reifenfachhändler bei, in Kooperationen eingebundene, aber selbst die Stationen großer industrieeigener Reifenhandelsketten. Die Händler picken sich aus dem Syron-Angebot eben heraus, was sie benötigen. Auch zu einem anderen, „ungeliebten“ Vertriebsweg äußert sich Kruse frank und frei: Völlig verhindern lasse sich die Präsenz von Syron auf den einschlägigen Plattformen wohl nicht und besteht auch immer die Gefahr, dass da preislicher Unfug getrieben wird, dagegen zu arbeiten versucht man wann immer möglich und mit den Mitteln, die die Vertriebsmannschaft eben habe.

Die Kunden bekommen die Ware dank des neuen Logistikzentrums, das für ganz Europa (außer Türkei) zuständig ist, über Nacht in Deutschland ausgeliefert, im Ausland innerhalb weniger Tage: Für eine Gesamtinvestitionssumme von etwa zehn Millionen Euro ist eine Kapazität von 500.000 Reifen sowie 250.000 Aluminiumfelgen entstanden, etwa 10.000 verschiedene Artikel sind auf Lager und können über die 40 Tore auf den Weg geschickt werden. Eine Komplettradmontagestraße ist auch vorhanden, bietet sich bei der großen Marktbedeutung von Reifen wie Rädern ja auch an. Für eventuelle Erweiterungsmöglichkeiten wurde hinter dem Logistikzentrum schon Land erworben, auf das Areal vor dem Logistikzentrum ruht auch bereits der Blick.

Franz Kruse ist lange genug in der Branche, um unangenehme Fragen nicht einfach wegzuwischen: Ja, die Kritik in der Vergangenheit am Service war nicht immer unberechtigt gewesen, aber man sei schon allein aufgrund des neuen Logistikcenters und des weiter wachsenden Anteils der Online-Bestellungen – aktuell etwa zwei Drittel – bereits deutlich besser geworden. Und wo sich dank der neuen Kommunikationsmittel Automatismen etablieren, da gibt es halt auch weniger Fehler durch Menschenhand.

Der Verkaufsdirektor weiß wie die sechs Keskin-Außendienstmitarbeiter – die die beiden Rädermarken und Syron „aus einer Tasche“ verkaufen – zwar auch um Aluminiumräder, aber seine Profession gehört dem Reifen schon aus der beruflichen Biografie heraus. Für Bandenwerbung in den großen Fußballstadien sei es vielleicht noch ein wenig früh, aber im Motorsport habe man schon einige Akzente gesetzt und werde das sogar forcieren, sagt er.

Wobei – passend zur tuningaffinen Hauptkundengruppe, die Franz Kruse auf ein Alter von 20 bis 40 Jahren taxiert und bei der der männliche Anteil besonders hoch ist – Syron sich primär auf den Driftsport konzentriert und für die Saison 2012 einen Sponsoringvertrag mit dem Rennstall Gräff geschlossen hat, der jeweils einen voll mit Syron Tires gebrandeten BMW E92 M3 GT2 und einen BMW E36 V8 beinhaltet. Das passt zum Slogan „Adrenalin pur!“, den man bei Syron findet, ebenso wie zu einem neuen Semislick „Street Race“, über den Syron Norbert Siedler, seines Zeichens Porsche Supercup-Vizeweltmeister 2011, zu Wort kommen lässt: „Schaut sensationell aus, macht Spaß beim Fahren und das zu einem absolut leistbaren Preis!“ Das passt zur „Brand Awareness“, genau so sieht Keskin die Marke Syron positioniert. detlef.vogt@reifenpresse.de

1 Antwort
  1. Sebastian Panczak says:

    Hallo, Wir sind mit den Syron Winterreifen in Schweden zum Polarkreis 5454km gefahren und fanden die Reifen richtig gut, egal welches Wetter wir unterwegs hatten, auch bei minus 20 Grad hatten wir immer ein zufriedenes Gefühl auf der Straße. Tolle Reifen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Familie Panczak

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