Pkw-Reifenmarke Aeolus wird herbeigeweht

Der Name „Aeolus“ ist auch Nichtreifenexperten nicht fremd, kommt er doch aus der griechischen Mythologie und steht für den „Gott der Winde“. Der chinesische Reifenhersteller Aeolus Tyre Co. Ltd., der seine Wurzeln in der bereits Mitte der 60er Jahre gegründeten Henan Tyre hat, gehört zur staatlichen Unternehmensgruppe ChemChina (China National Chemical Corporation) – nicht nur im Heimatland ein mächtiges Konglomerat, sondern längst international gut aufgestellt. Vor wenigen Monaten erst hat der Konzern mit Yellowsea Rubber einen weiteren Reifenhersteller aus dem Unternehmensportfolio mit Aeolus Tyre zusammengeführt.

Aeolus Tyre hat im Heimatland etwa 7.000 Mitarbeiter und verfügt über zwei Reifenfabriken. In dem älteren Werk in Jiaozhou (Provinz Henan) werden Nutzfahrzeugreifen für Lkw, die Landwirtschaft und den Bereich EM hergestellt, sowohl in diagonaler als auch in radialer Bauart. Diese Reifen haben in den letzten gut zehn Jahren vermehrt den Weg in den hiesigen Markt gefunden, sogar bis in die Erstausrüstung eines bedeutenden Trailerherstellers.

In einer zweiten, erst im letzten Jahr eröffneten Reifenfabrik produziert Aeolus nicht nur Nutzfahrzeugreifen nach dem neuesten Stand der Technik, sondern das Werk hält auch Kapazitäten für jährlich bis zu 13 Millionen Pkw-Reifen bereit. Hier hat Aeolus nicht nur konsequent für Fertigungsequipment gesorgt, das auch in den modernsten europäischen Produktionsstätten zum Standardinventar gehört, sondern sich auch die Expertise von Ingenieuren und Technikern ins Haus geholt, die sowohl die Planung als auch die Inbetriebnahme der Anlagen sowie jetzt den Übergang in die Großserienfertigung kompetent begleiten, wie Thomas Wohlgemuth (38), erst seit einigen Wochen in Aeolus-Diensten, im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG erklärt.

Wohlgemuth ist für den westeuropäischen Reifenersatzmarkt von Aeolus verantwortlich und soll „Aufbauarbeit“ leisten, womit auch die Koordination der Vertriebspartner beispielsweise in Skandinavien, Italien (Intergomma), Großbritannien/Irland (Kings Road Tyres) oder für den deutschsprachigen Raum und Benelux Heuver Banden (Hardenberg/Niederlande) gemeint ist. Und er lässt dabei nicht unerwähnt, dass Aeolus in Deutschland mit WindPower eine Zweitmarke bei Lkw-Reifen erfolgreich im Ersatzmarkt platziert hat, die über den Nutzfahrzeugreifenspezialisten Bohnenkamp (Osnabrück) vertrieben wird. Mit heutigem Datum hat der neue Aeolus-Mitarbeiter noch den Status eines „Einzelkämpfers“, über die Jahre und mit der Marktdurchdringung soll daraus ganz sukzessive ein Team werden.

Die Geschichte erst der China-Marke Henan, dann von Aeolus begann im Segment der großen Baumaschinenreifen und hat sich konsequent weiterentwickelt über Landwirtschafts- zu Lkw-Reifen, sodass der nächste Schritt mit Pkw-Reifen folgerichtig ist: In der zweiten Jahreshälfte 2012 wird Aeolus auch in Westeuropa ins Pkw-Reifengeschäft einsteigen und damit nachvollziehen, was in China selbst, aber in einigen weiteren globalen Märkten bereits vollzogen ist: Aeolus schickt sich an, unter die „Top 20“ der weltweiten Reifenhersteller vorzubringen und wird sich dabei nicht auf den Status eines bereits renommierten Nutzfahrzeugreifenherstellers beschränken, sondern hat auch im Pkw-Segment ambitionierte Ziele. Er habe bereits Kollegen, die beispielsweise in Osteuropa oder Nordamerika in dieser Mission unterwegs seien, sagt Wohlgemuth. Der Zielmarkt des chinesischen Reifenherstellers ist die Welt.

Die ehemalige Wettbewerbs- und heutige Schwestermarke Yellow Sea ist bereits in der chinesischen Pkw-Erstausrüstung stark verankert, dahin strebt auch die Marke Aeolus. Eines Tages – womit die mittelfristige Perspektive gemeint ist – werden in China hergestellte Autos das Nischendasein in Europa verlassen und sollen dann auf Aeolus-Reifen auf unsere Straßen rollen. Auch für dieses Szenarion ist der Aufbau der Organisationsstrukturen gedacht, mit dem der Vertriebsexperte Wohlgemuth (erst im Hause Pirelli/Pneumobil, zuletzt bei der von Michelin initiierten Plattform Popgom) betraut ist.

Der Start in das Pkw-Segment führt erwartungsgemäß über Sommerreifen, deren praktischer Entwicklungsprozess sich auf europäischen Straßen und Rennstrecken abgespielt hat und aktuell den letzten Feinschliff erhält. Aber bereits heute drehen Autos auf den einschlägig bekannten Testarealen in Nordeuropa ihre Runden, um ein Pkw-Winterreifenprogramm so schnell als möglich folgen zu lassen, auch Ganzjahresreifen stehen auf der Agenda. Mit Zugriff auf ein Heuver-Außenlager in Bayreuth sind auch bereits logistische Voraussetzungen vorhanden.

Dass die Reifen mit den für den europäischen Markt verpflichtenden „E“- und „S“-Markierungen versehen sein werden, versteht sich, aber Aeolus wird auch darum kämpfen, beim anstehenden Reifenlabel so positioniert zu sein, dass der selbst erhobene Premiumanspruch daran auch ablesbar sein wird. Mit einer Positionierung am unteren Ende des Mittelpreissegmentes möchte man starten, so Thomas Wohlgemuth, und eine Preformance bieten, mit der auf jeden Fall vermieden werden soll, in den Strudel der Budgetmarken, die als „no names“ sehr weitgehend austauschbar sind, zu geraten.

„Meine Aufgabe wird es sein, mehr Geschäft zu generieren“, ist sich Wohlgemuth der Erwartungen seines neuen Arbeitgebers sehr bewusst. Dafür will er Marketing-, Vertriebskonzepte entwickeln und den vorhandenen Distributoren aus dem Reifenfachhandel sowie gegebenenfalls neuen in noch zu erschließenden Absatzkanälen Hilfsmittel an die Hand geben, die die Brücke zum Endverbraucher schlagen. Damit nicht nur der Bildungsbürger den griechischen „Gott der Winde“ kennt, nicht nur der Nutzfahrzeugreifenexperte Aeolus als qualitativ respektable Produktalternative zu schätzen gelernt hat, sondern auch mancher Verbraucher weiß, dass hier eine neue Pkw-Reifenmarke kreiert und platziert wurde, für die das Qualitätsversprechen des Qualitätsherstellers Aeolus alles andere als „heißer Wind“ ist. detlef.vogt@reifenpresse.de

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