Apollo Tyres treibt „Projekt Europa“ zielstrebig voran

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Für Apollo Tyres brechen neue Zeiten in Europa an, scheint der Hersteller doch von mehreren deutlichen Entwicklungen getragen zu werden. Der indische Hersteller, der 2009 Vredestein in den Niederlanden übernommen hat, kann nicht nur mit dem Urteil der aktuellen Reifentests überaus zufrieden sein. Auch ist die Entscheidung über den Bau einer neuen Reifenfabrik in Osteuropa gefallen. Außerdem sollen im kommenden Jahr Apollo-Lkw-Reifen in Europa eingeführt werden, während die Pkw-Reifen bereits in sieben Ländern Westeuropas vermarktet werden. Und nun hat der Hersteller auf dem Genfer Auto-Salon mit großem Aufwand einen neuen „europäischen UHP-Reifen“ für 16 bis 18 Zoll eingeführt: den Apollo Aspire 4G.

Apollo Tyres hatte die eigenen Pkw-Reifen zwar erst im Sommer 2010 in Europa eingeführt. Eigenen Angaben zufolge konnte der Hersteller aber bereits im vergangenen Jahr rund 600.000 seiner Reifen in Europa absetzen; alle bis auf eine Größe stammen dabei aus indischer Fertigung. Wurden diese Reifen ausschließlich in Deutschland, den Niederlanden, Italien und Großbritannien angeboten, so soll jetzt mit der Ausdehnung der Verkäufe auf die Märkte Österreich, die Schweiz und Dänemark auch eine Verdoppelung der Absätze in Europa einhergehen. Die neue Apollo-Fabrik in Chennai (in Betrieb seit 2010) sowie zum Teil die erweiterte Vredestein-Fabrik in den Niederlanden sollen dafür die notwendigen Kapazitäten schaffen.

Dennoch sind sich die Verantwortlichen bei Apollo Tyres und bei Apollo Vredestein sicher, dass das „Projekt Europa“ mittelfristig nicht ohne eine weitere lokale Produktionsstätte funktionieren kann. In den Niederlanden verfügt der Hersteller jetzt über eine Produktionskapazität von sechs Millionen Reifen, nachdem es 2010 noch fünf Millionen Reifen waren. Die Marke Maloya wird zumindest für den Moment nicht mehr vermarktet und schafft in Enschede Kapazitäten für die Marke Vredestein. Doch ein Wachstum, mit dem Apollo bis 2016 das Ziel eines Umsatzes in Höhe von sechs Milliarden Dollar erreicht (2010: 1,95 Milliarden Dollar), gibt es nicht ohne weitere Produktionskapazitäten. Folglich kündigte Apollo Tyres’ Vice-Chairman und Managing Director Neeraj Kanwar in Genf anlässlich der Einführung des neuen UHP-Reifens Aspire 4G den Bau einer neuen Reifenfabrik in Osteuropa an. Dafür wolle das Unternehmen in den kommenden fünf Jahren wenigstens 200 Millionen Euro investieren. „Mehr Details dazu können wir in den nächsten Monaten geben“, so Kanwar weiter. Die Entscheidung, ob gebaut wird, ist demnach gefallen. Nun fehlt nur noch die Entscheidung darüber, wo die neue Pkw-Reifenfabrik entstehen könnte. Dafür kämen aktuell Standorte in drei Ländern infrage: Polen, Ungarn und die Slowakei. „Wir wollen dort Reifen fertigen, wo wir sie verkaufen“, so Kanwar weiter und kündigt an, die neue Fabrik werde „zu den modernsten Reifenfabriken der Welt zählen“. Vor der Vredestein-Übernahme 2009 hatte Apollo bereits einen Standort in Ungarn für den Bau einer europäischen Reifenfabrik ins Auge gefasst, hatte sich dann aber von diesen Plänen verabschiedet.

Dass Apollo Tyres – in Indien zu den führenden Herstellern radialer Lkw-Reifen zählend – auch einen Blick auf den hiesigen Nutzfahrzeugreifenmarkt geworfen hat, ist seit einiger Zeit kein Geheimnis mehr. Zwar hat man mit Vredestein einen der wenigen Reifenhersteller übernommen, der keine Lkw-Reifen im Sortiment führt und infolgedessen darin auch wenig Erfahrung hat (trotz einer großen Marktbedeutung im Landwirtschaftsreifensegment). Den Verantwortlichen in Indien mangelt es dennoch nicht an dem nötigen Selbstvertrauen, sich auch mit diesem Segment in Europa zu befassen. Weitere Details zur Einführung von Apollo-Lkw-Reifen in Europa teilte das Unternehmen zunächst nicht mit. Es steht aber zu erwarten, dass sich dadurch auch in den nationalen Vertriebsgesellschaften einiges ändern wird; insbesondere muss weiteres Personal für die eh schon ausgelasteten Niederlassungen eingestellt werden, vom F&E-Personal ganz zu schweigen.

Michael Lutz: Regionale Vermarktungsstrategie

Auf die weiteren Herausforderungen mit der neuen Marke Apollo freut man sich auch bei Vredestein in Deutschland. Wie Geschäftsführer Michael Lutz im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG erklärt, stehe der hiesige deutsche Markt aktuell für rund ein Drittel der Apollo-Absätze in Europa. Dass dies nicht von ungefähr kommt, sondern das Ergebnis einer „gezielten regionalen Vermarktungsstrategie“ ist, sei dabei besonders zu erwähnen, so Lutz. Aktuell beliefere die Vredestein GmbH (Vallendar) bereits rund 400 Reifenhändler in Deutschland und gewährt diesen Geschäftspartnern eine gewisse regionale Exklusivität. Während Lutz zufolge einerseits der Versuch, die Marke Apollo aus den B2B-Reifenhandelsplattformen herauszuhalten, erfolgreich sei, werde auch das Mittel der „unverbindlichen Preisempfehlung genutzt und ist akzeptiert“. Die UVP-Preise seien funktionell und ermögliche in Verbindung mit der gewissen regionalen Exklusivität – das akzeptierte aber begrenzte lokale Wiederverkaufsgeschäft einmal außen vor – und dem Fehlen von Internetangeboten „gute Erträge“, so der Vredestein-Geschäftsführer weiter. Gerade in den beiden vergangenen Jahren, in denen die Verkäufer von Reifen offensichtlich bei den Preis- und Zuteilungsverhandlungen am längeren Hebel saßen, hätten die Sell-in-Preise fast noch höher sein können.

Wie viele andere Beobachter erwartet auch Michael Lutz für das laufende Jahr einen Wechsel vom Verkäufer- hin zum Käufermarkt. Die Vororderbestellungen der Reifenhändler würden jetzt geringer ausfallen, auch nähmen Preisverhandlungen wieder an Vehemenz zu, was auf allen Seiten zu geringeren Margen führen dürfte. Dennoch rechnet man bei Vredestein in Deutschland weiter mit stark steigenden Absätzen – bei Apollo wie auch bei Vredestein. Allein mit der Marke Apollo hofft der Vredestein-Geschäftsführer im neuen Jahr (das Geschäftsjahr läuft dort von April bis März) auf einen um 30 Prozent höheren Umsatz. „Die Marke Apollo wird im Reifenhandel sehr gut angenommen“, so Lutz weiter. Dabei helfen dürften dann auch die zusätzlichen Reifenhändler, die Vredestein noch bis zum Winter in seine Kundenliste aufnehmen möchte. Zur nächsten Wintersaison will man in Deutschland 500 Verkaufspunkte beliefern, dies sei „realistisch“, so Lutz weiter. Außerdem seien die Lagerbestände an Apollo-Reifen in Deutschland aktuell relativ gering und der Hersteller könne „auch 2012 die bestellt Ware zu 100 Prozent liefern“. ab

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