Studie zur türkischen Automobilindustrie

Ein Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von über sieben Prozent, das steigende Einkommen und eine ungesättigte Inlandsnachfrage mit nur 110 Autos pro tausend Einwohner haben die Nachfrage nach Light Vehicles in der Türkei erheblich verstärkt. Die Produktion des Chery und auch der Anstieg der Fertigungskapazität des Hyundai i20 und der Ford-Transit-Modelle dürften bedeutende Produktentwicklungen in den nächsten fünf Jahren darstellen.

Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Frost & Sullivan zur türkischen Automobilindustrie verdeutlicht, dass es bis zum Jahr 2025 weltweit rund 30 Megastädte mit einer Bevölkerung von über zehn Millionen Menschen geben wird. Fast 55 Prozent der Weltbevölkerung werden in den von Frost & Sullivan identifizierten Top-20-Städten leben. Istanbul mit seinen 13 Millionen Einwohnern ist eine dieser Megastädte, die sowohl Herausforderungen für die Mobilität stellt als auch Chancen für neue Mobilitätsmodelle bietet. Mit einer Bevölkerung von über vier Millionen Menschen zählen Ankara und Izmir zu den so genannten Superstädten, und weitere neun aufstrebende Städte werden den Bedarf nach neuen Mobilitätsmodellen zusätzlich erhöhen. Frost & Sullivan hat zudem drei Megakorridore identifiziert: Marmara, Aegeon und Cukurova, die ein starkes Aufkommen von schweren Nutzfahrzeugen verzeichnen und neue Handels- und Dienstleistungsnetzwerke erforderlich machen.

Die türkische Fertigungsindustrie konzentriert sich auf Exporte nach Europa und in die Vereinigten Staaten, wobei Europa allein 65 Prozent der Exporte ausmacht. Die Türkei wird jedoch nach anderen Exportmärkten im Mittleren Osten und in Nordafrika Ausschau halten müssen, um ihre Abhängigkeit von dem äußerst volatilen westeuropäischen Automobilmarkt zu verringern.

„Klar definierte staatliche Unterstützung für den Produktionsaufbau, eine junge Bevölkerung (64 Prozent der Bevölkerung ist zwischen 15 und 59 Jahre alt) und F&E-Einrichtungen werden erhebliche ausländische Investitionen im Automobilsektor anlocken“, erklärt Mohamed Mubarak M M, Programme Manager bei Frost & Sullivan. „Steuerreformen, eine stark anwachsende Bevölkerung, geringe Kosten und die traditionsgemäß qualitativ hochwertige Fertigung machen die Türkei zu einem attraktiven Investitionsstandort für Automobilhersteller und Zulieferer.“

Frost & Sullivan identifizierte sieben auf Fahrzeugpreis und -größe basierende Verbrauchersegmente. Fahrzeuge in der Preisklasse von 25.000 Türkische Lira (TRY) bis 50.000 TRY und mit einer Länge zwischen 3.700 mm und 4.500 mm bedienen drei verschiedene Verbrauchersegmente: das ‚untere-mittlere’ Segment für Privat- bzw. Familienwagen („low-medium family“, z. B. Fiat Fiorino, Opel Corsa), das ‚untere-mittlere’ Segment für Privat/Familien- bzw. Flottenwagen („lower-medium fleet/family“, z. B. Ford Transit Connect, Renault Kangoo) sowie das ‚gehobene-mittlere’ Segment für Familien- bzw. Privatwagen („upper-medium family“, z. B. Renault Megane, Toyota Corolla).

Eine Studie der Fahrzeugpreise und Varianten hat ergeben, dass die meisten der verkaufsstarken Modelle das untere-gehobene („low/upper“) mittlere Verbraucher/Flotten-Segment bedienen. Die verkaufsstarken, auf das mittlere Familien-Verbrauchersegment zugeschnittenen Kompaktwagen und Limousinen weisen mehr als 20 Varianten auf. Modelle, die das mittlere Flotten/Verbraucher-Segment bedienen, liegen in der Preissparte von 24.000 TRY bis 40.000 TRY, verfügen jedoch nur über wenige Varianten. Sie bieten hingegen zahlreiche Optionen innerhalb einer begrenzten Bandbreite von Varianten.

Eine der größten Herausforderungen für Automobilhersteller ist sicherlich die hohe Steuer für Personenkraftwagen. Die Sonderverbrauchssteuer (SVS), die auf Luxusgüter erhoben wird, gilt auch für Pkws. Die Steuer erhöht den Preis der Fahrzeuge mit einem Hubraum über 1600 ccm um über 60 Prozent. Eine zusätzliche, über die SVS gelegte Mehrwertsteuer von 18 Prozent hebt den Preis auf über 80 Prozent für Autos mit einem Hubraum über 1600 ccm.

Da die Kraftstoffpreise im Land bereits zu den höchsten der Welt zählen, sind die Kosten für den Besitz eines Fahrzeugs für viele Verbraucher untragbar. Die SVS ist jedoch eine wichtige Einnahmequelle für die Regierung, da sie die Verluste an Importeinnahmen nach der Zollunionsvereinbarung im Jahr 2009 ausgleicht. Zugleich hemmen jedoch die Steuern die Automobilabsätze, die sonst das Wachstum der türkischen Wirtschaft begünstigen würden.

„Autos sind in der Türkei vor allem deshalb teuer, weil 70 bis 75 Prozent der verkauften Fahrzeuge importiert werden“, erläutert Mubarak. „Das Wirtschaftswachstum treibt inzwischen die Inlandsnachfrage und daher ist Frost & Sullivan der Ansicht, dass die Türkei Fahrzeuge vor Ort herstellen kann, um den inländischen Markt zu bedienen.“ dv

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