In memoriam Edouard Michelin

Heute jährt sich zum fünften Mal der Todestag von Edouard Michelin. Der damals 43-jährige Konzernchef kam gemeinsam mit Guillaume Normant, einem erfahrenen Hochseefischer, ums Leben. Bei ruhiger See muss das Boot an diesem Tag in schnell aufgezogenen Nebel geraten sein. Edouard Michelin ertrank, seine Leiche wurde noch am gleichen Tag nahe der Ile de Sein an der Nordwestküste Frankreichs gefunden, sein Begleiter blieb vermisst. Das gesunkene Boot konnte auf dem Atlantikgrund geortet werden, ein dickes Tau hatte sich um die Schiffsschraube gezogen.

Diese große Tragödie traf seine Frau und seine sechs Kinder, die ganze Familie Michelin und natürlich den Michelin-Konzern, aber auch Freunde und selbst Wettbewerber tief ins Mark. Denn Edouard Michelin war schnell der große Hoffnungsträger geworden, und er hatte bereits mit großem Erfolg den Konzern restrukturiert und modernisiert, ihm einen neuen Auftritt in der Öffentlichkeit verordnet und in der Belegschaft Freude und Stolz gefördert, für einen Arbeitgeber der Sonderklasse tätig zu sein.

Unter seiner maßgeblichen Führung war die Michelin-Charta mit diesen Werten bzw. gekennzeichnet durch diese Aussagen entstanden:

– Achtung vor den Kunden
– Achtung vor den Menschen
– Achtung vor den Aktionären
– Achtung vor der Umwelt
– Achtung vor den Fakten

Es kann gar nicht nachdrücklich genug betont werden, dass Edouard Michelin diese Michelin-Charta nicht nur zu Papier brachte, sondern sie Stück für Stück vorlebte. So konnte eine ganz und gar hervorstechende Unternehmenskultur weitergepflegt und ausgebaut werden, die alle berechtigten Ansprüche berücksichtigt. Werte wie Respekt, Loyalität, Anstand, Treue, Redlichkeit dürfen nicht vernachlässigt werden.

Edouard Michelin war bereits als junger Mann zu einem charismatischen Führer geworden. Seine Wirkung nach innen, in die Michelin-Gesellschaften hinein, war großartig. Zugleich wurde er von der Wirtschaftselite Frankreichs und der internationalen ganz besonders respektiert.

Welch ein Visionär Edouard Michelin war, ist gerade in diesen Tagen anlässlich der “Challenge Bibendum 2011” in Berlin wieder deutlich geworden. Bereits mit der ersten “Challenge Bibendum” zum Ausklang des vergangenen Jahrtausends von Clermont-Ferrand nach Paris waren die Akzente gesetzt worden: Klimagipfel, Klimakatastrophe, Kohlendioxidemissionen. “Grüne Reifen” wurden vielfach noch als Marketinggag angesehen, Berichte über Energieknappheiten bzw. zu teure Energien galten hier und da (noch) als Schwarzmalerei. Heute ist allen klar, dass es um Lösungen geht – die drängender gewordenen Probleme müssen noch schneller gelöst werden als ursprünglich gedacht. Edouard Michelin hatte die heute so drängenden Probleme sehr früh erkannt und sich sowie seinem Konzern die wesentlichen Fragen gestellt. Die Veranstaltung “Challenge Bibendum” war eine Herzensangelegenheit eines jungen Konzernchefs, der in wenigen Wochen gerade einmal 48 Jahre alt geworden wäre.

Der so brutal aus dem Leben gerissene Führer wurde sofort schmerzlich vermisst. Das Klima im Konzern veränderte sich nach der Wahrnehmung vieler Beobachter und Belegschaftsmitglieder. Wohl nicht jede Veränderung wurde als positiv empfunden und nicht jede war Anpassungsnotwendigkeiten im Laufe der Zeit geschuldet. Nichts ist nur besser oder schlechter seither geworden, doch vieles wurde anders.

Zeit heilt Wunden; sagt man. Immer gilt das nicht. Eine Persönlichkeit wie Edouard Michelin wird heute noch schmerzlicher vermisst als vor fünf Jahren. klaus.haddenbrock@reifenpresse.de

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