“Balance of Performance” auf dem Acker

Zu den Hausphilosophien des Reifenherstellers Michelin gehört, bei Produkt(weiter)entwicklungen nicht einseitig auf Leistung bei einem Kriterium zu setzen. So werden beispielsweise Sicherheitsanforderungen, Langlebigkeit und nachhaltige Umweltverträglichkeit in den einzelnen Produktsegmenten in Einklang gebracht. Michelin hat hierzu im letzten Jahr auch den Begriff „Balance of Performance“ geprägt. Und was für andere Reifensegmente gilt, trifft auch für Landwirtschaftsreifen zu. Die Optimierung eines Leistungsbausteines darf nie zu Lasten eines anderen gehen, im Idealfalle wird gar das Leistungsniveau gleich mehrerer Kriterien angehoben.

Möglich wird dies vor allem dadurch, dass der französische Reifenhersteller nach wie vor (aber nicht nur) in hohem Maße technologiegetrieben ist und als äußerst innovativ gilt. Das gilt auch und gerade im Bereich Landwirtschaft, wo Michelin beispielsweise bereits im Jahre 2005 auf eine Technologie namens „Ultraflex“ (beim AxioBib für leistungsstarke Traktoren) auf sich aufmerksam machte (siehe Kastentext). Später folgte der XeoBib für Mittelklassetraktoren und konnte dadurch belegen, dass sich das Unternehmen nicht damit zufriedengibt, neue und zumeist auch teure Technologien nur für die jeweils höchste Leistungsklasse vorzuhalten, sondern auch massentauglich zu machen.

By the way: Vom AxioBib gibt es in 900/60 R42 ab September auch eine neue bislang im Michelin-Programm mit einem Durchmesser von 2,15 Metern noch nicht erreichte Größe. Der mit dem Kürzel IF (Improved Flexion) versehene Reifen wurde bereits für die Xerion-Serie von Claas, für Fendt 930 und 920 sowie Massey Ferguson homologiert. Mit IF beschriftete Reifen können einen bis zu zwanzig Prozent niedrigeren Reifenfülldruck bei gleicher Last oder eine bis zu zwanzig Prozent höhere Tragfähigkeit bei gleichem Reifenfülldruck im Vergleich zu Reifen ohne Ultraflex haben.

Jetzt hat Michelin mit dem CerexBib und dem SprayBib die nächsten beiden Produktlinien mit Ultraflex-Technologien marktreif und führt darüber hinaus den BibSteel ein in einem Segment, das beispielsweise in Nordamerika längst äußerst wichtig ist, sich in Europa aber jetzt erst so richtig entwickelt, vielleicht auch in der Vergangenheit ein wenig stiefmütterlich behandelt worden ist, wie Walter Huttinger, Vertriebsdirektor Landwirtschaftsreifen der Region DACH (Deutschland, Österreich, Schweiz), einräumt: Reifen für Skid Steers, Kompakt-, Bagger- und Teleskoplader. Gelegenheit für eine Demonstration, durchgeführt im April bei den landwirtschaftlichen Lehranstalten und Bezirkslehrgut Oberfranken in Bayreuth. Befinden sich dort doch theoretische Präsentations- und praktische Versuchsmöglichkeiten nur wenige Schritte voneinander entfernt.

Michelin ist dafür bekannt, auch immer mal wieder neue Wege einzuschlagen und muss daher fleißig kommunizieren, um traditionelle (Vor)Urteile zu widerlegen. Am Beispiel Landwirtschaft, verdeutlicht Huttinger, sind das zum Beispiel stark einfedernde Reifen, die so gar nicht in den Erfahrungsschatz des langjährigen Landwirts passen wollen. Der verlangt traditionell nach sehr stabilen, stark aufgepumpten Reifen, steht auch oftmals noch immer in der Tradition des Diagonalreifens, der ja nach wie vor seinen Platz im Markt hat und nur sukzessive über einen langen Zeitraum vom modernen Radialreifen in der Landwirtschaft verdrängt wird, zumal in einigen Subsegmenten.

Tradierte Konzepte sind in der modernen, geradezu industriell geprägten Landwirtschaft überholt. Der moderne Landwirt will sein wertvolles Ackerland nachhaltig und schonend bearbeiten, er benötigt intakte Bodenstrukturen und erwartet Bodenschonung, erklärt Thomas Lodyga, Marketingleiter Landwirtschaftsreifen. Der moderne Landwirt ist Ökologe, aber auch Ökonom, sprich: Er verlangt kraftstoffsparendes Equipment, Reifen mit hoher Tragfähigkeit, rechnet, ob ein Reifen langlebig ist und sich eine höhere Investition bei der Neuanschaffung nicht vielleicht langfristig rentiert.

CerexBib

Der CerexBib wurde anwendungstechnisch in Zusammenarbeit mit Claas, einem der führenden Landmaschinenhersteller Europas, für den Einsatz auf Erntemaschinen entwickelt. Er ist aktuell wohl der einzige Reifen auf dem Markt, der mit weniger als zwei bar Luftdruck und unter 700 Millimeter Reifenbreite über 22 Tonnen Achslast tragen kann. Dieses neue Produkt ist die Antwort Michelins auf immer größer und immer schneller werdende Erntefahrzeuge, die im Übrigen auch immer breiter werden, wie Helge Hoffmann, Leiter Technik Landwirtschaftsreifen, erläutert. Dank seines überdurchschnittlichen Einfederungsvermögens verfügt der CerexBib über eine besonders große Auf­standsfläche. Er bietet daher gute Traktion und trägt dazu bei, wertvolles Ackerland zu schonen. Verglichen mit einem Reifen traditioneller Bauart, wie z. B. Michelins MegaXBib, bietet der CerexBib dank der Ultraflex-Technologien zusätzliche Tragfähigkeit bei gleichem Luftdruck.

Während VF 520/80 R26 165 A8 und VF 520/80 R26 165 A8 bereits verfügbar sind, folgt die Dimension VF 620/70 R26 170 A8 im Juli. Mit VF (Very High Flexion) beschriftete Reifen können übrigens einen sogar bis zu vierzig Prozent niedrigeren Reifenfülldruck bei gleicher Last oder eine bis zu vierzig Prozent höhere Tragfähigkeit bei gleichem Reifenfülldruck im Vergleich zu Reifen ohne Ultraflex haben. Die folgenden ab Juli verfügbaren vier Dimensionen sind allerdings mit dem Kürzel „IF“ (siehe oben) markiert: 680/85 R32 CFO 179 A8, 800/65 R32 CFO 178 A8, 800/70 R32 CFO 182 A9 sowie 800/70 R38 CFO 184 A8. Und da stellt sich die Frage, was denn das Akronym CFO bedeutet: Das ist eine neue Bezeichnung auf Reifen, steht für „Cyclid Field Operation“ und soll davor bewahren, dass ein solcher Reifen auf einem Schlepper montiert wird, der unter Vollauslastung im Einsatz ist statt im zyklischen Feldeinsatz (Bunker voll/Bunker leer).

SprayBib

Eine Frage von Landwirten lautet immer wieder, ob sie denn die gleiche Felge benutzen können wie bei den Standardprodukten, im Falle CerexBib also die gleiche Felge wie beim MegaXBib. Zwar benötigt man keine Sonderfelge anderer Bauart, sie muss aber breiter sein. Das ist beim SprayBib, der ab Juli in VF 380/90 R46 TL 173D verfügbar sein wird und den AgriBib RC (Row Crop) sukzessive ersetzen soll, anders, kann bei diesem Reifen doch auch die gleiche Felge weiterbenutzt werden.

Manche Feldspritzen der jüngsten Generation erreichen eine Arbeitsbreite von bis zu 50 Metern. Je größer die Arbeitsgeräte, desto schwerer sind sie im Allgemeinen. Der SprayBib trägt dieser Entwicklung Rechnung: Er ist für Geschwindigkeiten bis 65 km/h zugelassen und kann dabei bis zu 6.500 Kilogramm Gewicht pro Reifen tragen. Die Stollen sind so gestaltet, dass der Reifen gute Traktion und hohen Fahrkomfort bietet.

Im Vergleich zu einem Reifen traditioneller Bauart bietet der SprayBib bei gleichem Luftdruck ebenfalls eine höhere Tragfähigkeit: Ein Reifen der Dimension 380/90 R46 ohne Ultraflex-Technologien (wie z. B. Michelins AgriBib) benötigt 3,6 bar Reifenfülldruck, um 4.400 Kilogramm bis 30 km/h tragen zu können. Beim SprayBib reichen für die gleiche Last 2,3 bar Luftdruck – und das bis zu einer Geschwindigkeit von 65 km/h.

Zwei Modelle des BibSteel

Mit den beiden neuen Reifenmodellen BibSteel All-Terrain und Bibsteel Hard-Surface kümmert sich Michelin jetzt auch verstärkt um Skid Steers, Kompakt-, Bagger- und Teleskoplader. Diese vielseitigen Lader werden in Industrie, Bau- und Landwirtschaft, auf der Straße wie im Gelände einge­setzt. Die BibSteel-Reifen sind auf die unterschiedlichen Anforderungen von Straßen- und Offroad-Einsatz ausge­legt. Beide Modelle sind robust und in hohem Maße pannensicher. Zusätzlich verstärkte Reifenflanken tragen zur Standsicherheit der Fahrzeuge bei.

Der All-Terrain hat eine robuste, widerstandsfähige Lauffläche, bei der die Reifenstollen dicht angeordnet sind und so zur Verletzungsresistenz beitragen. Eine eigens entwickelte Laufflächenmischung verringert die Verletzungsgefahr beim Einsatz auf steinigem Gelände darüber hinaus. Der Flanken­schutzgummi ist widerstandsfähig und schützt den empfindlichen Wulstbereich und das Felgenhorn vor Beschädigungen. Dank der spezifischen Anordnung und hohen Anzahl der Karkassseile reagiert der Radialreifen weniger empfindlich auf Anprall- oder Stichverletzungen. Diese Bau­weise versteift den Reifen, was dem Fahrzeug höhere Standsicher­heit verleiht: eine Eigenschaft, die besonders für Teleskop­lader mit voll ausgefahrenem Telearm wichtig ist.

Der BibSteel Hard-Surface ist zwar vergleichbar aufge­baut wie der All-Terrain, für den Einsatz auf befestigtem Untergrund wie Beton oder Asphalt aber mit einer anderen Lauffläche ausge­stattet. Sein Laufflächenprofil ist geschlossener als das des All-Terrain, dazu außerordentlich abriebfest und bietet im Vergleich zum Vorgängermodell (Stabil’X XZSL) eine höhere Laufleistung.

Der BibSteel All-Terrain ist in den drei Größen 215/70 R15 (27.50), 265/.5 (.5) und 305/.5 (.5) bereits dieser Tage beim Fachhandel, die Version Hard-Surface in den beiden Dimensionen 265/.5 und 305/.5 ab September. detlef.vogt@reifenpresse.de

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