Zulieferer Behr baut Arbeitsplätze ab

„Wir sehen keine Alternative zur Schließung der Produktion in Stuttgart und werden über eine Restrukturierung der Standorte in Kirchberg und Kornwestheim verhandeln“, hatte Dr. Markus Flik, Vorsitzender der Geschäftsführung der Behr GmbH & Co. KG, Ende November vergangenen Jahres angekündigt. Denn durch den Einbruch des Marktes musste der auf die Bereiche Fahrzeugklimatisierung und Motorkühlung spezialisierte Automobilzulieferer 2009 einen herben Rückgang seines Umsatzes hinnehmen. Er sank um 26 Prozent auf knapp 2,5 Milliarden Euro, was auch dazu führte, dass man das zurückliegende Geschäftsjahr mit einem massiven Verlust abschloss. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) ohne Restrukturierung wird mit minus 112 Millionen Euro beziffert, nachdem das Minus 2008 bei lediglich drei Millionen Euro gelegen hatte. Der Verlust vor Steuern lag 2009 demnach bei minus 235 Millionen Euro (2008: minus 70 Millionen Euro). Jetzt hat das Unternehmen bekannt gegeben, dass man in Sachen der angedachten Restrukturierungen, von denen ursprünglich bis zu 200 Arbeitsplätze am Standort Stuttgart, bis zu 90 in Kirchberg sowie bis zu 150 in Kornwestheim betroffen sein sollten, eine Einigung mit den Betriebsräten und der IG Metall erreicht hat. Dies wird als ein „wichtiges Etappenziel auf dem Weg zum Turnaround“ bezeichnet.

Bei Behr Kirchberg (Sachsen) sei der Stellenabbau bereits zu zwei Dritteln umgesetzt, die 22 Mitarbeiter, deren Arbeitsplätze jetzt noch wegfallen werden, wird ab 1. Januar 2011 die Möglichkeit gegeben, für zwölf Monate in eine Transfergesellschaft zu wechseln. Bei Behr in Kornwestheim bei Ludwigsburg soll sich die Zahl der unvermeidbaren Kündigungen auf derzeit weniger als 50 zum 31. Dezember 2012 reduziert haben. Das Werk Stuttgart wird jedoch wie geplant zum 30. September 2010 geschlossen und Teile der bisherigen Produktion von dort an andere Standorte verlagert. „Betriebsbedingte Kündigungen im Werk Stuttgart können vermieden werden, wenn sich die betroffenen Mitarbeiter für Aufhebungsvereinbarungen mit Abfindungen, individuelle Lösungen bei rentennahen Jahrgängen, freie bzw. frei werdende Arbeitsplätze an anderen Standorten oder den Wechsel in eine Transfergesellschaft ab 1. Oktober 2010 für maximal drei Jahre entscheiden“, erklärt das Unternehmen, nach dessen Worten für etwa 150 Mitarbeiter Arbeitsplatzangebote an anderen Standorten zur Verfügung stehen.

„Wir haben gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern einen Weg erarbeitet, der einen wichtigen Beitrag dazu leistet, die Zukunft unserer Firma zu sichern. Unser Ziel war die Restrukturierung der Standorte in Deutschland. Mit den verhandelten Maßnahmen haben wir dies erreicht. Unser Ziel war nicht der Abbau möglichst vieler Arbeitsplätze, und wir werden alles daran setzen, die Zahl der unvermeidbaren Kündigungen möglichst gering zu halten. Deshalb bewerten wir es auch ausdrücklich als Erfolg, dass statt der ursprünglich bis zu 440 von einer möglichen Kündigung betroffenen Mitarbeiter nunmehr nur noch maximal ca. 250 mit dem Wechsel in eine Transfergesellschaft oder mit einer möglichen Kündigung rechnen müssen – und auch erst dann, wenn sie alle Alternativangebote einschließlich der 150 freien Arbeitsplätze abgelehnt haben“, sagt Jürgen Holeksa, Leiter Personal Behr-Gruppe und Verhandlungsführer.

Abgesehen von dem Stellenabbau werden alle Mitarbeiter von Behr Deutschland, Behr in Kirchberg und am Standort Kornwestheim einen zusätzlichen Sanierungsbeitrag leisten müssen. „Die im Tarifvertrag 2010/2011 vorgesehene Einmalzahlung in Höhe von 160 Euro im Dezember 2010 entfällt. Das Urlaubsgeld der Jahre 2011 bis 2015 wird gekürzt: 2011 um 37,5 Prozent, 2012-2014 um 50 Prozent und 2015 um 33 Prozent. Zusätzlich wird an den Standorten Kornwestheim und Neustadt – ähnlich wie in der Region Mühlacker bereits seit 2008 – das Weihnachtsgeld in den Jahren 2011 bis 2014 erfolgsabhängig gestaltet. An den Standorten Kirchberg, Region Mühlacker und Stuttgart (Entwicklung und Verwaltung) gilt diese Regelung für die Jahre 2010 bis 2014“, teilt der Zulieferer mit.

„Diese Einschnitte sind für uns als Unternehmen, aber insbesondere für jeden einzelnen Betroffenen sehr schmerzhaft. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und haben diese Entscheidungen mit Augenmaß getroffen. Wir haben die unternehmerische Pflicht, sie konsequent umzusetzen, um uns an die nachhaltigen Veränderungen in unserer Branche anzupassen, den Turnaround zu schwarzen Zahlen zu schaffen und bei Behr so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten. Wir haben damit nach harten Verhandlungen mit Betriebsrat und IG Metall einen tragfähigen Kompromiss gefunden, der den Interessen beider Seiten gerecht wird. Es ist uns gelungen, die Erfordernisse der Restrukturierung mit den sich abzeichnenden Marktchancen in Einklang zu bringen“, meint Dr. Markus Flik.

War Mitte 2009 zusätzlich vereinbart worden, dass Behr bis 31. März 2011 bis zu 300 Arbeitsplätze in Entwicklung und Verwaltung in Stuttgart abbauen wird, so sei bisher davon bereits etwa die Hälfte über die Nutzung der natürlichen Fluktuation, Altersteilzeitregelungen und ein freiwilliges Abfindungsprogramm umgesetzt worden. Darüber hinaus sieht das Unternehmen aufgrund der eigenen Worten zufolge positiven Marktentwicklung derzeit Chancen für Projekte, die 2009 noch nicht bekannt waren, weshalb der ursprünglich vereinbarte Termin 30. Juni 2010, zu dem man betriebsbedingte Kündigungen mit dem Betriebsrat ursprünglich verhandeln wollte, auf den 30. September 2011 verschoben worden ist. „Damit werden aufgrund der derzeitigen erfreulichen Marktsituation betriebsbedingte Kündigungen vorerst nicht weiter verfolgt“, so Behr. cm

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