Stark unterschiedlich abgefahrene Reifen bergen Gefahren

Pkw-Reifen nutzen sich nicht gleichmäßig ab, denn die auf der Antriebsachse unterliegen zwangsläufig einem stärkeren Abrieb. Deshalb taucht immer wieder die Frage auf, wo im Falle eines Ersatzes nur zweier Reifen die beiden neuen montiert werden sollten. „Schlechtere Reifen an der Hinterachse erhöhen die Schleudergefahr und damit das Risiko schwerer Unfälle. Das gilt auch bei Vorderradantrieb“, begründet Friedrich Eppel vom Österreichischen Automobil-, Motorrad- und Touringclub (ÖAMTC) die gängige Empfehlung, Reifen mit mehr Profil an der Hinterachse zu verwenden. Durch einen regelmäßigen Tausch von Vorder- und Hinterachsreifen können darüber hinaus die Unterschiede möglichst gering gehalten werden. Obwohl all dies in der Branche durchaus bekannt sein dürfte, ist der ÖAMTC im Rahmen eines ganz speziellen Reifentests der Frage nachgegangen, wie sich die Positionierung der besseren Reifen auf Vorder- oder Hinterachse auf die Fahreigenschaften eines Autos mit Vorderradantrieb auswirkt und wie viel das ESP dabei ausgleichen kann. „Der Test zeigt, dass ein Reifentausch zwischen Vorder- und Hinterachse nur bei geringen Unterschieden zu empfehlen ist. Außerdem zeigt sich, dass die Kombination stark unterschiedlicher Reifen die Unfallgefahr drastisch erhöht und daher auf jeden Fall vermieden werden sollte“, bringt Eppel die Ergebnisse auf den Punkt.

Bei dem ÖAMTC-Spezialsommerreifentest wurden zwei verschiedene Testreihen mit verschiedenen Michelin-Reifenmodellen durchgeführt. Im ersten Fall war der Unterschied zwischen Vorder- und Hinterachsreifen gering. Es handelte sich um das gleiche Modell vom gleichen Hersteller, der Profiltiefenunterschied betrug maximal 1,5 Millimeter, die Reifen waren etwa gleich alt und gleich lange in Verwendung. In einer zweiten Testreihe waren die Unterschiede zwischen Vorder- und Hinterachsreifen größer: Es wurde ein Mix aus neuen und alten Reifen getestet, wobei die neuen zwar vom gleichen Hersteller stammten, es sich dabei aber um ein Nachfolgemodell handelte – zudem betrug der Profiltiefenunterschied zwei bis drei Millimeter, und die gebrauchten Reifen waren älter.

Grundsätzlich hat sich bei dem Test gezeigt, dass – so der ÖAMTC – bessere Reifen an der Vorderachse Sicherheitsvorteile beim Bremsen und bei Aquaplaning haben, bessere Reifen an der Hinterachse andererseits aber mehr Stabilität in Not- und Ausweichsituationen bedeuten, insbesondere auf nasser Fahrbahn. Bei Reifen mit geringen Profiltiefenunterschieden (ca. ein Millimeter) wurden allerdings auch nur geringe Unterschiede festgestellt, was die Sicherheit betrifft. Zusätzlich korrigiert das ESP wirksam die Schwächen, die durch wenig unterschiedliche Profiltiefe an den Vorder- und Hinterachsreifen auftreten, heißt es vonseiten des österreichischen Automobilklubs. Das Assistenzprogramm könne die geringere Seitenführung an der Vorderachse in gewissem Maße ausgleichen und das Übersteuern der Hinterachse wirkungsvoll reduzieren. „Daher kann man vor allem bei Autos mit ESP die Reifen regelmäßig tauschen, wenn der Profiltiefenunterschied gering ist“, so Eppel.

Bei großem Unterschied in der Profiltiefe und/oder deutlich unterschiedlichem Reifenalter muss den Testergebnissen zufolge aber auf jeden Fall mit einer erheblichen Verschlechterung der Sicherheitseigenschaften gerechnet werden. „Alte Reifen an der Hinterachse führen zu einem gefährlichen, inakzeptablen Ausbrechen in Notsituationen. Das kann auch ESP nicht verhindern. Die Übersteuerreaktion wird zwar anfangs korrigiert, wirkt aber dann, wenn die Grenzen der Physik erreicht sind, umso heftiger“, warnt Eppel. Werden die schlechteren Reifen an der Vorderachse montiert, verlängern sich seinen Worten zufolge die Bremswege deutlich. „Aus diesem Grund empfiehlt der ÖAMTC, die Kombination deutlich unterschiedlicher Reifen an Vorder- und Hinterachse aus Sicherheitsgründen zu vermeiden. Sind die Reifen stark unterschiedlich abgenutzt, so ist es besser, gleich vier neue Reifen zu kaufen“, appelliert Eppel an die Autofahrer, nicht auf Kosten der Sicherheit zu sparen. „Ist man zu solch einem ungleichen Reifenmix allerdings gezwungen, so sollten die besseren Reifen auf jeden Fall an der Hinterachse montiert werden“, ergänzt er. cm

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