Der Bewerbernavigator: ATU findet Azubis mit neuem E-Recruiting-System

Eine im Mai 2008 veröffentlichte Umfrage der Handwerkskammer Potsdam ergab: Die Suche nach geeigneten Azubis wird schwerer. Fast 42 Prozent der befragten Ausbildungsbetriebe gaben an, dass dies an mangelnden schulischen Qualifikationen der Bewerber liege. Nach einer Möglichkeit, den Bewerbungsprozess bei der Azubi-Auswahl zu vereinfachen, suchte auch Auto-Teile Unger (ATU). „Bei einem so großen Unternehmen bedeutet das Sichten der Bewerbungen einen erheblichen Zeitaufwand“, sagt Felicia Ullrich, Geschäftsführerin des Solinger U-Form-Verlags, der auf Bewerber-Test-Systeme spezialisiert ist. „Das bindet wiederum Personal und ist mit Kosten verbunden.“

ATU bildet in technischen und kaufmännischen Berufen aus, seit März dieses Jahres testet das Unternehmen den Bewerbernavigator des U-Form-Verlags. „Wir sind also noch in der Pilotphase“, sagt Manuela Radtke, die Koordinatorin für Ausbildung von ATU. Um sich in das System einloggen und bewerben zu können, werden Zugangsdaten benötigt. „Der Clou ist: Bereits am Anfang müssen die Bewerber nicht nur ihren Namen und eine E-Mail-Adresse angeben, sondern auch die Noten von Schulfächern wie Mathematik, Deutsch und Englisch“, sagt Ullrich. „Hat ein Bewerber zu schlechte Zensuren, erhält er nach Abgleich mit den Anforderungskriterien eine freundlich formulierte Absage.“ ATU fragt die Zeugnisnoten der letzten drei Zeugnisse ab, unabhängig von der besuchten Schulform. „Für uns sind auch die so genannten Kopfnoten wichtig, die das Verhalten eines Schülers bewerten“, erläutert Radtke. „Und besonders auch die Anzahl der unentschuldigten Fehlstunden, die ist für Bewerber ein K.-o.-Kriterium.“

Nach erfolgreicher Anmeldung folgt die Bewerbung in sechs Schritten. Zunächst geben die Bewerber ihre persönlichen Daten ein, darauf folgen Angaben zu den Erziehungsberechtigten minderjähriger Bewerber sowie schulische Angaben. Anschließend können die Bewerber in einem Stellenangebotsmenü anklicken, auf welchen Ausbildungsplatz sie sich bewerben möchten. „Wir wollen es auch so einrichten, dass jeweils die Ausbildungsleiter eines Gebiets die Bewerber in ihrem Bereich mit den für sie relevanten Informationen direkt einsehen können, nachdem ich die Vorauswahl getroffen habe“, erklärt Radtke. Dann sollen die Ausbildungsleiter die Bewerbungen mit einem Mausklick sortieren können, und zwar entweder chronologisch, nach Filialnummern oder Berufen.

Ebenfalls hinzukommen soll eine Statusübersicht für die Bewerber, so dass diese einsehen können, wo ihre Bewerbung gerade liegt. Die Koordinatorin betont: „Nur wir in der Zentrale sehen alles. Wir können auch sehen, in wie vielen Schritten ein Bewerber seine Bewerbung bearbeitet hat.“

Bewerbungsprozess

Man habe ein Jahr an der Entwicklung gearbeitet, sagt der technische Geschäftsführer des U-Form-Verlags, Cornelius Scheffel. Er verstehe den Bewerbernavigator als eine logische Fortführung der bestehenden Angebote des Verlags. „Gerade für den Mittelstand ist der Navigator ein optimales Bewerbermanagementsystem, da keine teure Software installiert werden muss“, erläutert er. Der Einrichtungsaufwand für die IT sei minimal, da nur ein Link gesetzt werden müsse. „Die Einfachheit des Systems für alle Beteiligten ist ein großer Pluspunkt“, ergänzt Scheffel. „Es fängt damit an, dass es für unsere Kunden so ähnlich aussieht wie eine normale Office-Funktion, sodass sie sich leicht zurechtfinden und nur eine kurze Schulung benötigen.“ Für die Bewerber sehe es dann so aus, als wären sie auf der Seite des Unternehmens, in Wirklichkeit läuft der Prozess aber über den Server des U-Form-Verlags.

Die Einfachheit zeige sich in allen Bereichen der Anwendung: Es genüge etwa ein Knopfdruck und schon erscheine eine Stellenanzeige nicht nur auf der Firmenseite, sondern auch bei der Agentur für Arbeit. „Wir diktieren unseren Kunden mit diesen Funktionen aber keineswegs den Ablauf der Bewerbung, sondern versuchen vielmehr, diesen zu unterstützen“, betont Cornelius Scheffel. Über das Programm könne man etwa auch zu Tests, Vorstellungsgesprächen und Praktika einladen.

Der schnelle Weg zu qualifizierten Bewerbern

„Wenn die Schulnoten gut sind und der Eindruck der hochgeladenen Bewerbungsunterlagen stimmt, laden wir zum Präsenztest ein“, sagt Radtke. „Wir haben schon ausprobiert, die Tests online durchzuführen. Um einen Vergleich zu haben, werden wir im kommenden Jahr schriftliche Prüfungen durchführen. Wir möchten einen persönlichen Eindruck von den Bewerbern gewinnen und das Bauchgefühl im Bewerbungsverfahren erhalten.“ Die Bewerber, die hier am besten abschneiden, werden zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Die nächste Stufe des Bewerbungsverfahrens ist ein Praktikum, das entweder während der Ferien, unter der Woche an einigen Nachmittagen nach der Schule oder an mehreren Samstagen stattfindet. „Der persönliche Eindruck ist wichtig und auch, wie sich jemand beim Praktikum anstellt“, erläutert sie. „Was nützt uns der beste Abiturient, wenn er zwei linke Hände hat?“

Besonders wichtig ist ATU auch das persönliche Motivationsschreiben. Auf dem Bildschirm erscheint der Hinweis: „Geben Sie sich mit Ihrer Begründung besondere Mühe, denn Ihr Text ist hier wie eine Visitenkarte.“ Aber auch die schriftliche Bewerbung hat bei A.T.U. noch nicht ausgedient. „Wir akzeptieren weiterhin schriftliche Bewerbungen, damit sich auch junge Menschen ohne Internet zu Hause gleichberechtigt bewerben können“, sagt Radtke.

Der Bewerbernavigator lohne sich laut Ullrich eigentlich für alle Unternehmen, die mehr als 50 Bewerbungen im Jahr haben. „Auf jeden Fall ist diese Form der Bewerbung eine moderne Alternative zu der Papierbewerbung, sodass es durchaus auch imagefördernd wirken kann, wenn sich ein Betrieb für dieses System entscheidet.“ Da keine teure Software installiert werden müsse, könnten es sich auch kleinere Betriebe leisten, auf das Online-Verfahren umzustellen.

„Das System spart sowohl den Bewerbern als auch uns Zeit und Kosten. Außerdem sparen wir Platz, weil wir nicht alle Bewerbungen vor uns liegen haben, sondern nur die Unterlagen, von denen ausdrucken, die zum Gespräch eingeladen werden“, zieht Radtke eine erste positive Bilanz. „Auch sorgt es für eine gewisse Transparenz, so können wir zum Beispiel Mehrfachbewerbungen sofort einsehen.“

Auch im nächsten Jahr soll der Bewerbernavigator bei ATU zum Einsatz kommen und die Testphase fortgesetzt werden.

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