“Ein guter Mann geht von Bord” – Neumann vor der Ablösung bei Conti?

Dem Vorstandsvorsitzende der Continental AG ist es offenbar gelungen, eine Kapitalerhöhung über 1,5 Milliarden Euro im Aufsichtsrat durchzudrücken, „um die Kapitalstruktur zu stärken“, heißt es dazu aus Hannover. Dennoch will die Schaeffler-Gruppe Dr. Karl-Thomas Neumann offenbar schon bald abberufen, heißt es dazu in verschiedenen Medien unter Berufung auf die gestrige Sitzung des Aufsichtsrates des Automobilzulieferers und Reifenherstellers. Eine geplante Abberufung Neumanns scheiterte gestern lediglich am Widerstand der zehn Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat; es wäre eine Zweidrittel-Mehrheit im 20-köpfigen Gremium notwendig. „Conti-Chef Karl-Thomas Neumann steht wohl vor dem Aus. Das Vertrauensverhältnis zwischen Schaeffler und dem 48-Jährigen an der Spitze des finanziell angeschlagenen Autozulieferers gilt als total zerrüttet“, heißt es dazu in der Süddeutschen Zeitung. Auf Drängen des Großaktionärs Schaeffler soll Neumann innerhalb der nächsten zwei Wochen vom Aufsichtsrat abberufen werden. Im Machtkampf zwischen den beiden hoch verschuldeten Konzernen „hat Schaeffler seine Muskeln gezeigt, steht aber vor einem Scherbenhaufen“, so die Zeitung weiter. „Bei Conti dürfte das Ansehen von Schaeffler nach einem monatelangen Gezerre auf einem Tiefpunkt angelangt sein – und das mitten in der schweren Krise der Automobilindustrie.“

In einer dramatischen Marathon-Sitzung des Aufsichtsrats gestern Abend, die bis kurz vor Mitternacht dauerte, hatte Schaeffler Neumann angeblich zunächst zum Rücktritt aufgefordert. Dies habe der 48-Jährige aber abgelehnt, weil er sich der Conti verpflichtet fühle. Eine geplante Abberufung Neumanns aber scheiterte an der notwenigen Zweidrittel-Mehrheit. Die zehn Vertreter der Anteilseigner seien für eine Ablösung Neumanns gewesen, sagte der stellvertretende Conti-Aufsichtsratschef Werner Bischoff von der Gewerkschaft IG BCE. Der Aufsichtsrat habe nun ein Vermittlungsverfahren angerufen. Bischoff sagte, er erwarte, dass der Aufsichtsrat in den nächsten zehn oder 14 Tage erneut zusammenkomme. Dann reiche eine einfache Mehrheit für die Ablösung Neumanns aus. Dabei hat der Aufsichtsratschef Rolf Koerfer bei einem Patt ein Doppelstimmrecht.

Der sichtlich aufgewühlte Bischoff kritisierte, so die Süddeutsche Zeitung weiter, die Ablösung Neumanns sei die falsche Entscheidung. „Ein guter Mann geht von Bord.“ Neumann selbst wirkte nach der Sitzung kaputt, aber gefasst und deutete seinen baldigen Abgang an. Es habe „ungewöhnliche und sehr enttäuschende Entwicklungen gegeben“. Diese machten es ihm „sehr schwer“, auf Dauer vertrauensvoll mit Schaeffler zusammenzuarbeiten.

Der 48-Jährige hatte Schaeffler in den vergangenen Wochen und Monaten gegen sich aufgebracht. Mit Blick auf die Hängepartie bei den Verhandlungen über eine mögliche Fusion war Neumann in die Offensive gegangen. In einem Brief an Schaeffler hatte er den Franken vorgeworfen, Vorschläge von Continental zu einem gemeinsamen Konzern zu blockieren.

Eigentümerin Maria-Elisabeth Schaeffler und Geschäftsführer Dr. Jürgen Geißinger hätten durch ihr Verhalten „in erheblichem Maße“ den Unternehmenswert der Continental AG zerstört. Schaeffler wies dies zurück. In Hannover aber heißt es der Zeitung zufolge, vor allem Geißinger hätte gegen die Conti intrigiert und hinter den Kulissen verbreitet, Neumann habe „den Laden nicht im Griff“. Dabei habe sich das wesentlich kleinere Familienunternehmen aus Herzogenaurach an der Übernahme finanziell übernommen und zeige keine Zukunftsperspektive auf.

Immerhin konnte sich Neumann mit seinem Plan einer Kapitalerhöhung durchsetzen, die von Schaeffler zunächst sehr skeptisch gesehen wurde, weil sie den Anteil an Conti verwässern könnte. Nun gab der Aufsichtsrat doch grünes Licht für eine Kapitalerhöhung von bis zu 1,5 Milliarden Euro, wie der Automobilzulieferer und Reifenhersteller noch gestern spät abends meldete. Damit soll der finanzschwache Konzern auf eine finanziell solidere Basis gestellt werden.

Mit einer Abberufung wäre Neumann der zweite Conti-Vorstandschef, der im Gezerre mit Schaeffler gehen muss. Im August 2008 hatte der damalige Vorstandschef Manfred Wennemer nach der Niederlage von Conti im Übernahmekampf das Handtuch geworfen, Neumann übernahm.

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