VDA erwartet für 2009 über 3,5 Millionen Pkw-Neuzulassungen

Aufgrund des 2.500-Euro-Kaufanreizes durch die staatliche „Abwrackprämie“ sind die Pkw-Neuzulassungen im ersten Halbjahr 2009 auf knapp 2,1 Millionen Einheiten gestiegen und liegen damit gut 40 Prozent über dem Wert für Vergleichszeitraum des Vorjahres. Auch wenn man bei dem Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA) – wie dessen Präsident Matthias Wissmann sagt – die Erwartung für vermessen hält, die Zuwachsraten des ersten Halbjahres bei den Neuzulassungen würden sich im zweiten Halbjahr einfach fortschreiben lassen, so geht man dennoch von über 3,5 Millionen Pkw-Neuzulassungen für das Gesamtjahr 2009 aus. Dieser Wert läge aber immer noch um rund 400.000 Einheiten über dem Bezugswert für 2008, wo nicht ganz 3,1 Millionen Autos neu auf deutsche Straßen kamen. „Da der Inlandsmarkt im ersten Halbjahr um 426.000 Einheiten zugelegt hat, ergibt sich für das Gesamtjahr ein Volumen von gut 3,5 Millionen Pkw, selbst wenn das zweite Halbjahr lediglich Vorjahresniveau erreichen sollte. Aufgrund des hohen Auftragsbestandes rechnen wir 2009 mit einem Gesamtmarkt, der die 3,5-Millionen-Marke überschreiten dürfte“, erklärt Wissmann. Dieses hohe Niveau werde im kommenden Jahr aber „sicherlich nicht zu erreichen“ sein, meint er. Denn Ende 2009 läuft die „Abwrackprämie“ aus, die für den Zulassungsboom in diesem Jahr verantwortlich gemacht wird.

„Angesichts der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise, die ja vor allem zu einem Einbruch im Export geführt hat, stärken diese Anreize die Inlandsnachfrage vor allem in Kleinwagen- und Kompaktklassesegment und stabilisieren damit in diesem Jahr die Beschäftigung“, so der VDA-Präsident. „Es ist nicht zu bestreiten, dass es eine asymmetrische Erfolgsverteilung gibt, weil sich die geschaffene Nachfrage schwerpunktmäßig auf die Hersteller kleinerer und kompakter Fahrzeuge beschränkt“, beschreibt Wissmann die „Nebenwirkungen“ der Umweltprämie, durch die eben nicht alle Hersteller gleichermaßen von der zusätzlichen Nachfrage profitierten. Darüber hinaus habe die „Abwrackprämie“ auch – zumindest vorübergehend – die Käuferstruktur verändert: Denn im bisherigen Jahresverlauf haben sich die Neuzulassungen der privaten Halter mehr als verdoppelt, während der Absatz im gewerblichen Bereich aufgrund der Wirtschaftskrise spürbar sank, und zugleich ging der Dieselanteil an den Neuzulassungen auf unter 30 Prozent zurück. „Dies ist jedoch eher eine temporäre Reaktion auf die Anreizstruktur der Umweltprämie und stellt keinesfalls eine nachhaltige Trendumkehr dar“, glaubt Wissmann daran, dass nach dem Auslaufen der Umweltprämie der Anteil der gewerblichen Zulassungen – und damit der Dieselanteil – wieder ansteigen wird.

Der inländische Auftragseingang der deutschen Pkw-Hersteller lag dem VDA zufolge im Juni auf Vorjahresniveau. Im ersten Halbjahr überschritten die Inlandsorder das Vorjahresergebnis um 24 Prozent. Der Auftragsbestand bleibe damit weiterhin sehr hoch und werde im zweiten Halbjahr dazu beitragen, die Produktion der Werke zu stabilisieren, ist man beim Verband der Automobilindustrie überzeugt. Nichtsdestotrotz sei die Entwicklung auf dem Inlandsmarkt kein Grund, „in Euphorie auszubrechen“, betont Wissmann. „Denn entscheidend für diese Industrie ist ihr Erfolg auf den Auslandsmärkten“, sagt er mit Blick darauf, dass die deutsche Automobilindustrie weltweit rund elf Millionen Pkw produziert und gut vier Fünftel davon an Kunden außerhalb Deutschlands verkauft werden. Und auf vielen Auslandsmärkten sehe die Lage „noch keineswegs rosig“ aus, dort sei die Pkw-Nachfrage nach wie vor unbefriedigend, auch wenn sich zunehmend eine „Bodenbildung“ abzeichne, die jedoch nicht zuletzt auf die zahlreichen Incentive-Programme in anderen Ländern zurückzuführen sei, sagt der VDA-Präsident. Laut VDA-Angaben blieben die Neuzulassungen in Westeuropa bis Mai um 13 Prozent hinter dem Vorjahresvolumen zurück, in den neuen EU-Ländern lag der Rückgang bei 26 Prozent. Der US-Markt für Light Vehicles sank im ersten Halbjahr 2009 demnach um 35 Prozent, wobei die deutschen Marken (minus 24 Prozent) besser abgeschnitten und als Folge dessen ihren Marktanteil um über einen Prozentpunkt auf 7,4 Prozent gesteigert hätten.

„Die weltweite Absatzkrise der Automobilindustrie ist noch nicht beendet, wir sehen aber erste Anzeichen dafür, dass die Talfahrt gebremst wird“, so Wissmann unter Verweis darauf, dass in Europa insgesamt die Mai-Neuzulassungen nur noch fünf Prozent unter dem Wert des Vorjahresmonats gelegen haben. Tendenziell habe der europäische Markt seit Anfang des Jahres damit wieder deutlich angezogen. Für den chinesischen Markt sei mit einem „respektablen Wachstum“ zu rechnen, während der US-Markt im laufenden Jahr als weiterhin schwach beschrieben wird. Die global noch immer schwierige Lage des Pkw-Absatzes hinterlasse bei den Exporten der deutschen Hersteller insgesamt nach wie vor jedoch „tiefe Spuren“: Die Ausfuhr der deutschen Hersteller fiel laut den VDA-Zahlen im Juni mit 289.000 Pkw insgesamt um 23 Prozent niedriger aus, und für die ersten sechs Monaten wird der Rückgang mit 35 Prozent beziffert. Allerdings sollen die Auslandsorder, die im bisherigen Jahresverlauf um 26 Prozent zurückgegangen sind, im Juni nur noch bei minus 20 Prozent gelegen und saisonbereinigt seit Februar kontinuierlich zugelegt haben. Insofern könne darauf geschlossen werden, dass die Talsohle mittlerweile erreicht sein könnte. „Für die nächsten Monate gehen wir davon aus, dass sich die Auslandsnachfrage aufgrund der leicht verbesserten Konsumentenstimmung und der Incentive-Maßnahmen auf vielen Märken langsam stabilisiert – mit positiven Auswirkungen auf unsere Exportmöglichkeiten. Der Ausfuhrrückgang dürfte daher im zweiten Halbjahr deutlich moderater ausfallen. Doch wir sind noch nicht aus dem ‚Tal der Tränen’ heraus“, erklärt Wissmann.

Angesichts der schwachen Auslandsmärkte blieb die Pkw-Produktion im ersten Halbjahr mit 2,3 Millionen Einheiten um 24 Prozent hinter dem Vorjahresergebnis zurück. Im Juni war demnach ein Minus von zehn Prozent zu verzeichnen, saisonbereinigt hat die Fertigung jedoch in den letzten beiden Monaten tendenziell deutlich angezogen, weiß man seitens des VDA zu berichten. Die Zahl der in der deutschen Automobilindustrie Beschäftigten habe – unterstützt durch das Instrument der Kurzarbeit – trotz der Krise noch nahezu stabil gehalten werden können: Während der Umsatz der deutschen Automobilindustrie in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres um über 40 Prozent zurückging (beim Inlandsumsatz beträgt das Minus 30 Prozent, der Auslandsumsatz soll sich halbiert haben), sank die Zahl der Beschäftigten in den Stammbelegschaften in den letzten zwölf Monaten „moderat um 17.800 auf 729.800 Mitarbeiter“, was einem Rückgang um 2,4 Prozent entspreche. „Ziel der Unternehmen ist es nach wie vor, die Stammbelegschaften so weit wie irgend möglich zu halten. Dabei kommt es vor allem darauf an, wie rasch die internationalen Märkte wieder Tritt fassen“, verdeutlicht Wissmann.

Nach seinen Worten macht der weltweite Rückgang der Automobilmärkte insbesondere der Zulieferindustrie schwer zu schaffen. In den ersten vier Monaten dieses Jahres sei deren Inlandsumsatz um ein Drittel zurückgegangen, das Auslandsgeschäft um 46 Prozent und die Finanzierungssituation wird als „weiterhin kritisch“ beschrieben. „Die angespannte Situation unserer Unternehmen gegenüber dem Banken- und Versicherungssektor bereitet uns erhebliche Sorgen. Es ist nicht hinnehmbar, dass sich die Finanzierungslage unserer Unternehmen trotz des Schutzschirms für die Banken weiter verschlechtert. Besonders bei mittelständischen Unternehmen wird daraus schnell eine bedrohliche Existenzfrage“, meint Wissmann und appellierte in diesem Zusammenhang an die Verantwortung des Kreditgewerbes. „Ihr Geschäftszweck ist die Versorgung der Wirtschaft mit Finanzierungsmitteln. Diesem Zweck müssen die Kreditinstitute nachkommen“, fordert er.

Ähnlich prekär sei die Situation bei den Warenkreditversicherungen. Mit Unterstützung des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft versuche der VDA bei den Versicherungsunternehmen durchzusetzen, „kein allgemeines Down-Rating unserer Branche vorzunehmen, sondern ausschließlich aufgrund von Einzelfallprüfungen zu entscheiden“, wobei man in Einzelfällen bereits Erfolge vorweisen könne. „Wir erwarten, dass die Bundesregierung eine Rückversicherungslösung für die Warenkreditversicherungen durchsetzt. Noch haben nicht alle Ressorts ‚grünes Licht’ gegeben. Jetzt müssen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die Versicherer angesichts dieser Hilfestellung dann auch wieder bereit sind, aktive unternehmerische Entscheidungen mit Blick auf die Perspektiven der Automobilindustrie zu fällen. Hier sind einige mittelständische Industriebranchen betroffen. Wir brauchen schnell Klarheit“, macht Wissmann seinen Standpunkt deutlich.

Im Nutzfahrzeugbereich bleibe die Lage nach seinen Worten dramatisch. Die globale Rezession habe die internationalen Nutzfahrzeugmärkte „weiter fest im Griff, und ein Ende der Talfahrt – insbesondere bei schweren Nutzfahrzeugen – sei noch nicht in Sicht“. Der weltweite Konjunktureinbruch spiegelt sich dem VDA zufolge unmittelbar in den Exportzahlen der deutschen Hersteller wider. Die Ausfuhr von Nutzfahrzeugen bis sechs Tonnen sank demnach im bisherigen Jahresverlauf um 66 Prozent, die von schweren Nutzfahrzeugen um 69 Prozent. „Der Inlandsmarkt ist ebenfalls stark eingebrochen. Im ersten Halbjahr lagen die Neuzulassungen von Transportern um 28 Prozent unter dem Vorjahresniveau, in der schweren Klasse über sechs Tonnen sank der Absatz um 33 Prozent“, teilt der Verband der Automobilindustrie darüber hinaus mit. Allerdings gebe es – wie Wissmann erklärt – erste Anzeichen einer Verlangsamung des Abschwungs. Die Aufträge hätten sich saisonbereinigt in den letzten Monaten auf niedrigem Niveau stabilisiert. Für das Gesamtjahr erwartet der VDA-Präsident einen deutlichen Neuzulassungsrückgang um etwa ein Drittel auf 230.000 Nutzfahrzeuge.

Das schlechte Auslandsgeschäft habe die Produktionsmöglichkeiten der deutschen Hersteller stark gebremst. Insgesamt produzierten sie in ihren deutschen Werken in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres 58 Prozent weniger Transporter; und die Fertigung von schweren Nutzfahrzeugen musste um 66 Prozent zurückgenommen werden. Noch dramatischer sei die Lage in der Anhänger- und Aufbautenindustrie, wo sich die Nachfrage europaweit halbiert hat und in Teilbereichen um bis zu 90 Prozent weggebrochen ist. „Die Politik sollte daher beschleunigte und dauerhafte Impulse zur Belebung des Marktes durch verstärkte Investitionen in die Straßenverkehrsinfrastruktur geben und Anreize zur Erneuerung des Fahrzeugbestands setzen. Und die EU-Kommission sollte das Nutzfahrzeug nicht mit zusätzlichen Auflagen belasten“, fordert der VDA-Präsident.

Eine Prognose für die Entwicklung der deutschen Automobilindustrie insgesamt für das Jahr 2010 will der VDA wie üblich Anfang Dezember abgeben. „Wenn sich, worauf einiges hindeutet, die Auslandsmärkte im zweiten Halbjahr 2009 auf niedrigem Niveau stabilisieren und im kommenden Jahr leicht beleben, könnte die Talfahrt hinter uns liegen. Allerdings wird es ein langer und steiniger Weg“, denkt Wissmann, der nicht mit einem raschen Aufschwung rechnet. „Nur durch eine dauerhafte Stabilisierung der Finanzmärkte und einer Wiedergewinnung des Vertrauens der Konsumenten wird es zu einem dauerhaften Wachstum auf den Weltmärkten kommen. Im Zuge der gesamtwirtschaftlichen Erholung und der Verfestigung eines dringend benötigten Optimismus werden dann auch die internationalen Pkw-Märkte wieder zulegen können“, glaubt der VDA-Präsident und verweist darauf, dass der „VDA-Jahresbericht 2009“ ab sofort über www.vda.de abrufbar ist.

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