Flow-forming bei Pkw-Aluminiumrädern

Das sogenannte Flow-forming – auch als Abstreckverfahren bekannt – gibt es bei Aluminium- wie Stahlfelgen. Dabei handelt es sich um einen Prozessschritt, bei dem das jeweilige Material gezielt gestreckt wird. Dadurch ist es möglich, dünnere Wandstärken zu realisieren, ohne irgendwelche Einschränkungen von Kriterien wie Festigkeit befürchten zu müssen. Flow-forming dient im Wesentlichen der Gewichtsoptimierung von Rädern.

Das Verfahren ist seit langem bekannt. Als Vorreiter bei Aluminiumgussfelgen galten jahrelang Alloy Wheels International (AWI) und Speedline. Bei BBS kam ein etwas abweichendes Verfahren zum Einsatz. Große Unternehmen wie Ronal oder Borbet hatten zwar durchaus das Potenzial dieser Technologie gesehen, dennoch Investitionen in diesen Bereich gescheut, weil sie – mit Blick auf Speedline und AWI offensichtlich nicht ganz zu Unrecht – fürchten mussten, dass die Automobilhersteller diese Zusatzleistung zwar gerne hinnehmen, den höheren Aufwand allerdings nicht in Form ausreichend höherer Preise honorieren wollten. Mit der Übernahme Speedlines durch Ronal hat sich bei diesem Anbieter die Einstellung freilich gewandelt. Und auch Borbet mag im Nachhinein bereut haben, dass er bei der Übernahme des AWI-Werkes im südafrikanischen Port Elizabeth die beiden dort vorhandenen Flow-forming-Anlagen kurzerhand veräußerte. Mit der Entwicklung des Standortes Solingen zu einem „Technologiezentrum“ innerhalb der Borbet-Gruppe hat sich auch hier die Sichtweise geändert.

Wie das Flow-forming funktioniert, hatten wir in der NEUE REIFENZEITUNG bereits vor einigen Jahren präsentiert, daher mag die oben erfolgte grobe Skizzierung ausreichen. Dass sich die Anwendung erst bei Rädern ab wenigstens 17 Zoll lohnt, sei hier noch einmal erwähnt; darunter steht die Gewichtsersparnis in keinem zu rechtfertigenden technischen und finanziellen Verhältnis mehr zum Aufwand. Dass es dennoch Räder gibt, die auch in 16 Zoll in den Genuss dieses Produktionsschrittes kommen, mag ebenso als Ausnahme von der Regel gewertet werden wie Flow-forming-Räder für den Umrüstmarkt: Man sieht den Rädern die Gewichtseinsparung nicht an, folglich ist auch nur ein sehr enger Verbraucherkreis bereit, für dieses Technologieschmankerl zu bezahlen. Worüber die NEUE REIFENZEITUNG bislang noch nicht berichtet hat, sind Zahlen zu den europäischen Kapazitäten und eine Auflistung der Unternehmen, die bereits über Flow-forming verfügen bzw. die Installation solch einer Anlage vorantreiben.

Aktuell betragen die Flow-forming-Kapazitäten in Europa nach den uns vorliegenden Zahlen 2,5 Millionen Einheiten. Da im letzten Jahr auf diesem Wege lediglich 1,5 Millionen Räder behandelt worden sind, sind diese Kapazitäten also keineswegs ausgelastet. Vor der Wirtschaftskrise und der Hinwendung vieler Verbraucher zu kleineren Automodellen (mit kleineren Rädern) lag der Horizont bei ca. vier bis 4,5 Millionen Räder-Flow-forming-Kapazität pro Jahr, erreichbar etwa im Jahre 2012. Wer diese Zahlen zusammengetragen und die Prognosen aufgestellt hat, ging davon aus, dass ca. zehn Prozent aller in Europa in der Erstausrüstung verbauten Aluminiumgussräder künftig den Prozessschritt Flow-forming durchlaufen haben würden. Allein schon der Hinweis, dass Porsche als größter Befürworter dieser Technologie gilt, mag aufgrund des in den letzten Monaten erfolgten Wandels genügen, um diese Prognose als zu gewagt erscheinen zu lassen. Immerhin: Wer nicht in diese Technologie investiert hat, muss sich möglicherweise den Vorwurf gefallen lassen, in technologischer Hinsicht nicht zur ersten Reihe der Zulieferer zu gehören.

Deutlich größter Anbieter von Flow-forming-Kapazitäten in Europa ist die Ronal-Tochter Speedline im italienischen Tabina, aber längst wurde auch ins deutsche Stammwerk Landau in diese Technologie investiert. Borbet hat sich für den Standort Solingen entschieden, bei BBS steht mit dem Schließungsbeschluss für Schiltach fest, dass entsprechende Kapazitäten auf Herbolzheim entfallen. Zwei kleinere Produktionseinheiten für das Abstreckverfahren finden sich ferner bei OZ in Italien und bei der Belte AG in Delbrück. Während diese beiden damit die Nische exklusiver Umrüst- und Tuningräder abdecken, zielen die anderen beiden bekannt gewordenen Adressen ebenso wie Borbet und Ronal vor allem auf die Erstausrüstung: Cromodora und CMS. Wie weit diese beiden mit dem Projekt bereits sind, ist nicht bekannt.

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