Fulda Challenge im Griff der Extreme

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Mit einem Fotofinish-Finale beim ATV-Rennen endete die neunte Fulda Challenge im kanadischen Yukon Territory. Mit wenigen Zehnteln Vorsprung rettete Manuel Kelnhofer den Sieg in der Gesamtwertung vor seinem direkten Konkurrenten Uwe Ullmann. Bei den Damen konnte sich Heidrun Kuhlmann durchsetzen, während das Team Kelly um Musiker Joey Kelly als beste Mannschaft die begehrten Goldnuggets gewann.

Am Vormittag des letzten Veranstaltungstages ging es für den 80 Menschen umfassenden Tross der Fulda Challenge 550 Kilometer von Dawson City zurück nach Whitehorse. Die Fahrt über den Alaska Highway bei schwankenden Temperaturen von minus 25 Grad bis minus 40 Grad war dabei für alle Teilnehmer – Athlethen, Gäste, Instruktoren, Journalisten – ein weiteres Highlight der einwöchigen Extremveranstaltung: „Wir hatten einen wunderschönen, klaren Himmel und sind in den Sonnenaufgang hineingefahren. Auf 230 Kilometern ist uns nur ein Auto entgegen gekommen. Das entspricht der Strecke Stuttgart-München“, zeigte sich Ex-Fußballer Fredi Bobic begeistert, der in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal das Privileg genießen konnte, einer von fünf prominenten Extremsportlern zu sein.

Bei aller Romantik der Strecke mussten die Autofahrer trotzdem ständig hochkonzentriert bleiben. Denn auf den eisbedeckten Straßen des Yukons wird jeder Fahrfehler umgehend bestraft. Doch die Teilnehmer zeigten sich der Herausforderung gewachsen: Kein Wettbewerbsfahrzeug endete am Haken des so genannten „Besenwagens“.

Beim ATV-Rennen – dem Höhepunkt der diesjährigen Fuldac Challenge und zehnter Wettbewerb insgesamt – hatten einige Teilnehmer hingegen mehr Probleme. Bei den Frauen bewies Kathrin Kortenbach zwar einen unglaublichen Speed, doch dafür hatte sie offensichtliche Orientierungsschwierigkeiten. Sie musste auf der Strecke drehen, um zwei Tore nachträglich zu durchfahren. Susi Erdmann hingegen zeigte als ehemalige Rennrodlerin, dass ihr das Fahren auf Schnee und Eis liegt. Sie errang souverän die Bestzeit auf dem All-Terrain-Vehicle.

Ellen Blome aus dem „Team Riedel“ um Diskuswerfer Lars Riedel, die in den vorhergehenden neun Wettbewerben nicht überzeugen konnte, wurde überraschend Zweite. „Das hat gut funktioniert. Und obwohl ich in den Ausdauerwettkämpfe besser war, haben mir auf der Challenge gerade die Motorsportdisziplinen am meisten Spaß gemacht.“

Dank dieser Leistung konnte sie in der Punktwertung mit der Kanadierin Jaine Lassen gleich ziehen. Da die Bochumerin aber in der Addition aller Zeiten der zehn Disziplinen vorne lag, hat sie die Gewichtheberin noch von Platz Zwei in der Schlussabrechnung verdrängt.

Hier lag Heidrun Kuhlmann bereits vor dem letzten Wettkampf nahezu uneinholbar vorne. Nur ein einzelner Punkt fehlte ihr noch zu dem sicheren Gesamtsieg. Ihre Devise beim ATV-Rennen hieß daher: Bloß nicht rausfliegen und einfach Ankommen! Trotz ihrer defensiven Taktik errang sie noch Platz vier.

Bei den Männern hingegen war Hochspannung angesagt. Joey Kelly führte vor dem Rennen mit zwei Zählern vor den punktgleichen Uwe Ullmann und Manuel Kelnhofer.

Kelly ging zusammen mit Mike McCorkell als Erster auf die Strecke. Doch schon in der ersten Kurve zerplatzten die Siegträume des Extremsportlers: Beim Anbremsen rutschte das ATV des Kanadiers in das von Kelly und drückte ihn in die Schneebande. Etwa eine halbe Minute dauerte es, bis Kelly sich mitsamt seinem Gefährt aus der misslichen Lage befreien konnte. „Dabei sagte ich Mike noch am Start: ‚Take ist easy!’“ stöhnte Kelly später.

Am Ende des Events kam es dann zum Showdown der beiden verbliebenen Titelfavoriten Ullmann und Kelnhofer. Auch hier brachte die erste Kurve die Vorentscheidung. Kelnhofer zog von außen rein und berührte dabei Ullmann, der dabei die Schneebande berührte. Zwar konnte der Crosstriathlet schon bald wieder den Rückstand zu seinem Kontrahenten egalisieren, doch im Motorsport gilt die Regel: „Ranfahren ist das Eine, überholen was Anderes!“ Trotz mehrerer Versuche fand Ullmann auf der engen Strecke kein Vorbeikommen und überquerte mit wenigen Zehntel Rückstand die Ziellinie als Zweiter. „Das hat trotzdem Spaß gemacht. Das war ein harter, aber noch fairer Kampf“, meinte Ullmann.

In der Endabrechnung war er punktgleich mit Kelly. Die Addition der Zeiten brachte dann die Entscheidung: Nach einer Wettkampfwoche und zehn Disziplinen lag Ullmann nur fünf Sekunden vor Kelly. Das ist bisher die knappste Entscheidung in einer Fulda Challenge und beweist die Ausgewogenheit der Sportler und des Wettbewerbs. Trotzdem zeigte sich Kelly auf der anschließenden Siegesfeier nicht enttäuscht. Denn schließlich gewann er mit seiner Partnerin Heidrun Kuhlmann die Teamwertung und damit einen wertvollen Goldnugget: „Das ist ganz toll. Den werde ich meiner Frau schenken.“

Die neunte Ausgabe der Fulda Challenge war trotzdem für alle ein Gewinn: „Wir sind zu einem richtigen Team zusammengewachsen. Manuel (Kelnhofer), Kathrin (Kortenbach), Ellen (Blome) und ich werden unseren Aufenthalt verlängern und noch ein wenig Urlaub in diesem wunderschönen Land machen“, meinte freudestrahlend die Gewinnerin Heidrun Kortenbach zum Abschluss.

Die diesjährige Fulda Challenge wurde dabei ihrem Anspruch als Event der Extreme bereits zum Auftakt in Whitehorse – der Hauptstadt des Yukon Territory – auf ungewohnte Weise gerecht. Statt Temperaturen von bis zu minus 40 Grad klettert das Thermometer pünktlich zum Beginn der Fulda Challenge auf fast frühlingshafte neun Grad plus; an einigen Orten des Territoriums im Nordwesten Kanadas wurden sogar 14 Grad plus gemessen – ein absolutes Extrem seit Anbeginn der Wetteraufzeichnung.

Dabei hatte das Yukon Territory bis wenige Tage vor dem Eintreffen der Athleten einen der härtesten Winter seiner Geschichte erlebt. Wochenlang lagen die Temperaturen in vielen Teilen des Gebietes, das größer ist als Deutschland, Dänemark, Holland und Belgien zusammen, unterhalb der 50-Grad-Marke. Der plötzliche Wetterumschwung sei daher auch weniger Vorbote eines Klimawandels, sondern Resultat von starken, warmen pazifischen Winden, unter deren Einfluss das Land stand, beruhigten die Meteorologen. Lars Riedel, neben Fußballer Fredi Bobic, Musiker Joey Kelly, Rennrodlerin Susi Erdmann und Turnerin Magdalena Brzeska einer der prominenten Teilnehmer der diesjährigen Fulda Challenge, hatte hingegen eine ganz andere Theorie. „Ich hatte vor dem arktischen Winter richtig Angst, darum habe ich mit meiner Willenskraft dafür gesorgt, dass sich das Wetter ändert“, meint der ehemalige Goldmedaillengewinner im Diskuswurf mit einem Schmunzeln. Wie sich später dann herausstellte, hatte sich der Hüne wohl etwas zu früh auf ein frühlingshaftes Sportevent mit Grillabenden am Lagerfeuer gefreut – bereits am dritten Veranstaltungstag war der „kurze Spuk“ vorbei und der Frost übernahm wieder das Regiment in seinem Yukon Territory.

In der Nacht ging die Temperatur auf knapp minus 40 Grad zurück. Trotzdem war einem der Athleten zum ersten Mal nicht kalt. „Ich habe mich ganz klein gemacht und es endlich geschafft, den Schlafsack bis über meine Schultern zu ziehen. Ellen hat dann ganz schnell den Reißverschluss zugemacht. Ich war eingepackt wie eine Mumie.“ Dass Lars Riedel dennoch am nächsten Tag mit Fieber aufwachte, lag daher nicht an der Außentemperatur oder mangelnder Ausrüstung. Vielmehr sei der Infekt wohl bereits aus Deutschland mitgebracht worden, so. das Fulda-Ärzteteam, das dem Ex-Diskuswerfer daraufhin Startverbot für den Halbmarathon erteilen musste.

Der Temperatursturz zwang die Veranstalter insgesamt aber auch im Laufe der Woche zur Reaktion: Der Halbmarathon, der am vorletzten Wettkampftag stattfinden sollte, wurde um ein Drittel auf 15 Kilometer verkürzt. Trotzdem mussten die mitreisenden Ärzte die Athleten ständig auf mögliche Anzeichen von Erfrierungen überprüfen. Das Event fand auf dem legendären Dempster Highway statt. Dort oben in den Bergen erwartete die Athleten eine unvergessliche Aussicht. „Ich bin alleine gelaufen und habe dabei den Lauf sehr genossen. Das Panorama und der herrliche Sonnenaufgang mit schon fast lila Farben war unbeschreiblich“, schwärmte Fredi Bobic.

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