Reifensparte von Conti gegebenenfalls von Interesse für Michelin

In einem Interview mit der Wirtschaftswoche hat sich Michelin-Chef Michel Rollier dazu geäußert, welche Aufgaben er in der näheren Zukunft vor dem französischen Reifenhersteller liegen sieht. In diesem Zusammenhang spricht er von drei Prioritäten für den Konzern: den Ausbau der eigenen Aktivitäten in Schwellenländern, wobei die Region Südamerika mit ihrer „explodierenden“ Nachfrage nach Reifen von ihm als Beispiel genannt wird, die Verbesserung der Produktivität bei Michelin, wo man „historisch bedingt“ einen Rückstand zum Wettbewerb habe, sowie die Weiterentwicklung von Michelin-Innovationen, um sich „von der Konkurrenz abzusetzen“.

Um diese Ziele zu erreichen, soll beispielsweise die Fertigung viel stärker automatisiert werden und im Zuge dessen auch die Mitarbeiterzahl reduziert werden. Dabei helfe dem Konzern laut Rollier unter anderem, dass in den kommenden Jahren bis zu 20.000 Mitarbeiter in Rente gehen. „Außerdem werden wir Werke zusammenlegen. In der Folge werden wir in Frankreich allenfalls 30 bis 50 Prozent der frei werdenden Stellen neu besetzen. Mit den jüngeren Mitarbeitern werden wir wettbewerbsfähiger – wenn es uns gelingt, den Wissenstransfer zu organisieren“, so der Michelin-Chef gegenüber dem Blatt. Wie schon bei den Werksschließungen in Kanada und Frankreich (Poitiers, Toul) in der jüngeren Vergangenheit sowie der Einstellung der Fertigung einzelner Produktlinien an Standorten wie beispielsweise dem spanischen Lasarte (Stopp der dortigen Pkw-Reifenproduktion und stattdessen Spezialisierung auf Motorradreifen) wolle man sich bei all dem jedoch bemühen, die Folgen für die Mitarbeiter so gering wie möglich zu halten.

Gleichzeitig will Michelin demnach im Auge behalten, dass Wettbewerber aus China, Korea oder auch Indien vermehrt Marktanteile im unteren Segment erobern. „Wir müssen sehr aufpassen und nehmen diese Wettbewerber sehr ernst. Wenn der Preisabstand zu ihnen zu groß würde, bestünde die Gefahr, dass wir uns in einer Nische wiederfänden. Deshalb müssen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken und unseren technologischen Vorsprung verteidigen. Die Marke muss stark bleiben, aber die Reifen müssen auch preislich interessant sein“, hat Rollier gegenüber der Wirtschaftswoche zu Protokoll gegeben. Um einen schnellen Zugang zu einem bestimmten Markt wie etwa dem für preiswertere Reifen zu gewinnen, könne eine Übernahme unter Umständen zwar interessant sein, doch bevorzuge Michelin „organisches Wachstum, das wir gut im Griff haben“. Die Entscheidung hänge letztlich allerdings immer von den sich bietenden Möglichkeiten ab. Eine solche, für Michelin anscheinend nicht uninteressante Option wäre offenbar der Erwerb der Conti-Reifensparte.

„Diese Gelegenheit hat sich bisher nicht geboten. Es wäre nicht überraschend, wenn die Reifen Bestandteil der Conti-Gruppe blieben. Sollte sich jedoch die Möglichkeit bieten, würden wir sie mit großer Aufmerksamkeit prüfen, auch wenn es kartellrechtliche Probleme geben könnte“, so Rollier auf konkrete Nachfrage des Magazins. Unabhängig von derartigen Gedankenspielen halten die Franzosen daran fest, in Sachen Ertrag bis 2010 eine operative Marge von zehn Prozent zu erreichen – allerdings unter der Voraussetzung, dass sich die Bedingungen nicht ändern. „Heute sind wir in der schlechtesten aller Situationen. Die hohen Preise spiegeln sich erst mit Zeitverzögerung in unseren Zahlen wider. 2007 waren unsere Zahlen sehr gut, aber nach den Preissteigerungen in diesem Jahr waren wir gezwungen, die Preise in den USA dreimal zu erhöhen, und das in einem rückläufigen Markt. 2008 ist ein sehr schwieriges Jahr. Die Preissenkungen werden erst 2009 in unseren Zahlen sichtbar“, glaubt Rollier angesprochen auf die zuletzt wieder gefallenen Rohstoffpreise und deren Auswirkungen auf die Konzernbilanz.

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