„Crefosprint“ statt Warenkreditversicherung

Obwohl Bridgestone Deutschland die umsatzstärkste europäische Landesgesellschaft des japanischen Reifenherstellers ist, verzichtet man dort zugunsten von Software aus dem Hause Cormeta auf die üblichen Warenkreditversicherungen. „Das Ausfallrisiko ist immer da, ob nun mit oder ohne Versicherung“, erläutert Christian Bartnitzki, Kreditmanager von Bridgestone Deutschland. „Die Warenkreditversicherung hat den Nachteil, dass sie den saisonalen Verlauf des Reifengeschäfts nicht vollständig abbildet. Ihr einziger Vorteil ist, dass sie Planungssicherheit bietet. Man weiß, was man wann zu zahlen hat, mehr aber auch nicht“, so Bartnitzki weiter. Statt Warenkreditversicherungen setzt Bridgestone lieber auf ein striktes Kreditmanagement, das die Ausfallrisiken sehr genau kalkuliert und überwacht. Basis für die Kreditlimitvergabe ist dabei eine Bonitätsbeurteilung, und genau an dieser Stelle kommt die „Crefosprint“ genannte Software der Cormeta AG ins Spiel.

„Grundsätzlich sind nicht nur der zu erwartende Absatz für uns entscheidend, sondern auch Umsatzzahlen, Zahlungsverhalten und die Firmenstruktur, also Angaben zu Größe, Alter, Rechtsform und Mitarbeiterzahl“, erklärt Christian Bartnitzki. Kreditabteilung und Vertrieb arbeiten bei der Limitfestsetzung eng zusammen. Bereits während der Planungsphase bekommen Bartnitzki und seine vier Mitarbeiter die geplanten Absätze gemeldet. Anhand dieser entscheiden sie, welche Kunden ein Limit und in welcher Höhe bekommen, natürlich unter Berücksichtigung der Bonität beziehungsweise der daraus resultierenden Risikoeinstufung. Ist diese ungenügend, werden zusätzliche Garantien verlangt. „Einem Kunden mit einer hohen Risikoeinstufung erweitern wir in der Regel nicht den Kreditrahmen“, erläutert Bartnitzki. „Trotzdem wollen wir auch mit ihm weitere Umsätze generieren. Deshalb bieten wir alternative Möglichkeiten an, die sowohl seinen als auch unseren Wünschen entgegenkommen“, fügt er hinzu. Dazu gehöre beispielsweise, bei einem Auftrag mit langem Zahlungsziel die Zahlung vor Fälligkeit (Lieferung der Ware) anzubieten und dem Kunden dafür einen Zinsausgleich zu gewähren oder aber – mit zusätzlichen Sicherheiten (Bürgschaft, Deposit) – das Limit zu erhöhen.

In die Risikoeinstufung fließen externe und interne Daten ein. Interne Informationen sind unter anderem die Absatz- und Umsatzentwicklung, das Zahlungsverhalten und die Unternehmensgröße. Auch Informationen des Vertriebs haben Einfluss auf die Bonität: Hat der Inhaber gewechselt? Wie entwickelt sich der Personalbestand? Gibt es eine hohe Fluktuation? Verändert sich der Warenbestand beim Kunden? Zudem nutzt Bridgestone die Bilanzanalyse externer Dienstleister, um anhand von Kennzahlen wie Umsatzrentabilität und Eigenkapitalquote den Kunden zusätzlich zu bewerten. Entscheidend für die Risikoeinstufung sind natürlich auch externe Informationen; hier unter anderem Wirtschaftsauskünfte und veröffentlichungspflichtige Bilanzen. Auch interessiert sich Bridgestone für die am Markt befindlichen neutralen Zahlungserfahrungspools, die zukünftig ein wichtiger Bestandteil in der Bonitätsbeurteilung sein sollen. Bis vor Kurzem noch waren all diese Informationen für die Bonitätsbeurteilung nur dezentral vorhanden; sie mussten aus verschiedenen Quellen zusammengetragen werden. Teilweise waren sie in Papierform vorhanden, teils in verschiedenen EDV-Systemen.

Bei Bridgestone Deutschland war man daher auf der Suche nach einer zuverlässigen und umfassenden Datenbasis, um jederzeit schnelle Kreditentscheidungen treffen zu können: eine sogenannte „Scoring-Software“. Alle Informationen sollten in einem System gespeichert und damit zentral verfügbar sein. Da das Unternehmen in der Finanzbuchhaltung und in der Auftragserfassung mit einer SAP-Software arbeitet, sollte es für das Forderungsmanagement eine auf diesem Standard basierende Anwendung sein. „Wir wollten ein voll integriertes System und kein heterogenes Nebeneinander. Alles andere hätte nur unnötige Schnittstellenprobleme verursacht“, begründet Christian Bartnitzki die Entscheidung. Über die Creditreform kam man dann mit der Cormeta AG in Kontakt, die unter der Bezeichnung „Crefosprint“ entsprechende SAP-basierende Debitorenmanagementsoftware im Angebot hat. Seit Herbst 2006 nutzt Bridgestone Deutschland daher „Crefosprint Online“ für die Beschaffung von externen Auskünften (z.B. Creditreform), „Crefosprint Risikomanagement“ und „Crefosprint Inkasso“. Alle Prozesse sind dabei in SAP integriert: vom Anlegen eines Neukunden über die Kreditlimitvergabe bis zum Forderungseinzug. Bereits ein Jahr nach der Entscheidung für die Cormeta-Lösung soll der Reifenhersteller den Return on Investment erreicht haben.

Bartnitzki und seine Kollegen profitieren eigenen Aussagen zufolge seither vor allem von einer lückenlosen Dokumentation im Debitorenmanagement. Denn jede bonitätsrelevante Änderung werde im System erfasst. Gleichzeitig werden andere Unternehmensbereiche informiert. Wenn also beispielsweise ein Händler, der bisher immer zu Skontobedingungen gezahlt hat, seine Rechnung plötzlich zum Nettozahlungsziel begleicht, erkennt „Crefosprint“ dies, ermittelt einen neuen Zahlungserfahrungsindex, der sich unmittelbar auf die Risikoeinstufung des Kunden auswirkt, und schlägt vor, den Händler neu zu bewerten. Dazu erscheint im Arbeitsvorrat des Kreditmanagers automatisch ein offener Vorgang. „Wir können heute alle Faktoren für die Risikoeinstufung permanent überwachen“, sagt Bartnitzki. Revidiere die Creditreform ihre Einschätzung zu einem Unternehmen – weil dieses beispielsweise fusioniert hat oder aufgekauft wurde – oder meldet der Vertrieb negative Informationen, ändere sich automatisch das Scoring und damit möglicherweise das Kreditlimit bei Bridgestone.

Diesen automatisierten Workflow empfinden Bartnitzki und seine Kollegen als Vorteil. Auch bei der Kalkulation des Kreditlimits; denn hier berücksichtigt die Software die typischen Bedarfsschwankungen. Schließlich ist das Geschäft mit Reifen stark saisonal geprägt, weshalb ein langes Bevorratungsziel die Regel ist und sich auf diese Weise der Forderungsbestand jeweils im Frühjahr und zum Spätherbst erhöht. An diesem Saisonverlauf orientiert sich natürlich zugleich auch der Kreditbedarf, das heißt, in Spitzenzeiten muss das Limit sehr hoch sein, in Baissezeiten sehr niedrig. Doch selbst diesen branchentypischen Ablauf soll „Crefosprint“ demnächst berücksichtigen können. „Mit ‚Crefosprint’ und seinen vielfältigen Customizing-Möglichkeiten haben wir im Hause Bridgestone eine internationale Benchmark gesetzt“, ist Christian Bartnitzki deshalb überzeugt.

Und wenn es trotzdem zu Forderungsausfällen kommt? Bridgestone nutzt eigenen Angaben zufolge dann einen konzernweiten Cashpool zur Refinanzierung, anstatt sich bei Banken entsprechende Mittel zu beschaffen. Das Unternehmen sieht darin die für sich günstigere Alternative, weil man – wie es weiter heißt – durch die weltweite Kooperation mit den Banken stets die besten Zinskonditionen erzielen könne. Letztlich sollen die Kosten für die Kapitalbeschaffung über diesen Cashpool jedenfalls niedriger sein als eine vergleichbare Warenkreditversicherungsprämie. „Mit dem Pool im Rücken und einem optimalen Kreditmanagement ist die Wahrscheinlichkeit von Forderungsausfällen gering und die Liquidität gesichert“, ist Bartnitzki überzeugt.

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