Modernisierung der Michelin-Runderneuerung in Stoke geplant

Ende vergangenen Jahres hat Michelin von Plänen zur Modernisierung des Standortes in der Campbell Road von Stoke-on-Trent berichtet, wo runderneuerte Reifen gefertigt werden. Mittels eines dreistufigen Multimillioneninvestmentprogramms will man Großbritanniens größtes Runderneuerungswerk für Lkw-Reifen offensichtlich weiter um- bzw. ausbauen. Nachdem vergangenes Jahr im Vorfeld der geplanten Investitionen bereits rund einer Million britische Pfund (gut 1,3 Millionen Euro) in das Werk geflossen sind, hat sich die NEUE REIFENZEITUNG Mitte Februar selbst einen Eindruck von den Remix- und Encore-Produktionslinien vor Ort verschafft.

Nach vollständiger Umsetzung des Modernisierungsprogramms sollen in der Campbell Road auch Lkw- und Busreifen der neuesten Michelin-Generation hergestellt werden können, die mit den sogenannten „Durable Technologies“ des französischen Konzerns aufwarten. Im Zuge der geplanten Modernisierung werden sich demzufolge außerdem die Emissionen von Lösungsmitteln in der Produktion reduzieren, sodass auch die Mitarbeiter von einem verbesserten Arbeitsumfeld von den geplanten Maßnahmen profitieren. Nach Abschluss der Vorbereitungsphase und sobald die Finanzierung für das Projekt steht, wird ab 2009 mit dessen Umsetzung gerechnet, wobei dafür anscheinend eine Laufzeit von rund fünf Jahren vorgesehen ist.

Verbunden mit dem Ausbau der Runderneuerungsaktivitäten in Stoke-on-Trent ist gleichzeitig allerdings die für Ende März terminierte Einstellung der Reifendrahtproduktion vor Ort, von wo aus bis dato die Lkw-Reifenproduktion des Konzerns in Ballymena (Nordirland) erfolgte. Laut Werksmanager Peter Marsh soll der dadurch in der Campbell Road frei werdenden Raum für eine zusätzliche Produktionslinie für Runderneuerte genutzt werden. Dadurch – so sagt er – werde sich die derzeitige Produktionskapazität, die er mit jährlich rund 280.000 Einheiten (Remix) beziffert, zwar nicht plötzlich verdoppeln, aber die Produktion werde nichtsdestotrotz signifikant verbessert. Für das neue Werk geht man also zunächst einmal offenbar von einer Produktionskapazität in „ähnlicher“ Größenordnung wie derzeit auch aus, doch wohl kein Unternehmen schiebt ein solches Investitionsprogramm für ein Werk an, ohne zumindest die Option für eine zu einem späteren Zeitpunkt mögliche Steigerung des Ausstoßes von vornherein mit zu berücksichtigen.

Zwischenzeitlich sind bereits einige Verbesserungen implementiert worden, die auf einem internen Benchmark-Programm basieren. Unter dem Schlagwort „Michelin Manufacturing Way” (MMW) muss sich die Fabrik in der Campbell Road dabei dem Vergleich mit anderen Remix-Standorten in Europa (solche betreibt Michelin in Spanien, Frankreich, Deutschland und Italien) und der ganzen Welt stellen. Der dahinter stehende Gedankenansatz ist es, auf diese Weise Ideen und Vorschläge im Hinblick auf mögliche Effizienzsteigerungen oder Prozessverbesserungen untereinander auszutauschen, damit alle Werke davon profitieren und auf dem gleichen hohen Niveau arbeiten können. Die Remix- bzw. Encore-Produktion in Stoke-on-Trent ist in diesem Jahr bereits zum dritten Mal Teil des MMW und haben dadurch laut Michelin in Form vielfältiger Investments in allen Bereichen des Standortes davon profitiert. Als jüngstes Beispiel dafür wird die Installation der SAVFI-Technologie – SAVFI steht für Systeme Automatique de Verification des Cuissions – genannt, hinter der sich eine computergestützte Überwachung des Vulkanisationsprozesses verbirgt.

Karkassinspektion

Da gemeinhin gesagt wird, dass ein Runderneuerer nur so gut ist wie die Karkassen, die er verwendet, hat Michelin außerdem Maßnahmen ergriffen, um das so bezeichnete Casing Acceptance Warehouse (CAW) des Standortes in der Campbell Road zu verbessern. Dort werden 70 Inspektoren beschäftigt, die tagtäglich etwa 2.400 Karkassen in Augenschein nehmen und hinsichtlich ihrer Qualitäten bzw. Eignung für die Runderneuerung beurteilen. Angeliefert werden sie von verschiedenen Unternehmen – darunter zum Beispiel die Firmen Vellco und Global Remould Services. Zwar übernimmt Vellco selbst bereits eine Vorsortierung, was genau an Michelin geliefert wird, um das Unternehmen beispielsweise nicht mit Karkassen in Größen zu überhäufen, die zum jeweiligen Zeitpunkt möglicherweise gar nicht auf dem Produktionsplan von Stoke-on-Trent stehen. Allerdings betonen Repräsentanten des Reifenherstellers, dass man die letztendliche Karkassinspektion niemals auslagern bzw. einem Dritten überlassen würde.

Für die optische Überprüfung der Karkassen im CAW stehen insgesamt 16 Arbeitsstationen zur Verfügung. Sie sind die erste Anlaufstelle für alle potenziellen Remix- oder Encore-Runderneuerungen. Die angelieferten Karkassen werden hier intensiv auf mögliche Schädigungen überprüft. Zudem erfolgt ein Abgleich der Daten auf der Seitenwand der Reifen mit Michelins „Retread Traceability System“ in Clermont-Ferrand, mit dem solche Reifen identifiziert werden können sollen, bei denen diese Daten nachträglich geändert wurden. Dieses Vorgehen hilft laut Michelin beispielsweise Karkassen auszusortieren, die zehn Jahre oder älter sind, deren DOT-Kennung aber etwas ganz anderes aussagt. Michelin akzeptiert eigenen Aussagen zufolge Karkassen übrigens nur bis zu einem Alter von maximal fünf Jahren für die Runderneuerung.

Bei der ersten Eingangsprüfung der Karkassen ist vor allem die Erfahrung der Inspektoren gefragt. Danach folgen des Weiteren aber noch Prüfprozesse unter Einsatz moderner Testanlagen (Röntgen, Shearografie). Vergangenes Jahr erst wurde eine neue Shearografieanlage installiert, und die Investition von 250.000 britischen Pfund (gut 330.000 Euro) in ein weitere ist bereits fest eingeplant. Darüber hinaus kommt zudem eine Hankinson-Testmaschine zum Einsatz, mit der über die Einleitung eines elektrischen Stromes in die Karkasse selbst kleinste Fehler nicht unentdeckt bleiben sollen. Derzeit werden laut Michelin 70 Prozent aller Karkassen dem Hankinson-Test unterzogen. Unabhängig von den hohen Kosten für die Anschaffung einer solchen Testanlage ist es das erklärte Ziel des Unternehmens, die Hankinson-Prüfkapazitäten so schnell wie möglich auf 100 Prozent der Karkassen zu erhöhen. Zum Vergleich: Geröntgt werden etwa ein Prozent von ihnen. Im Hinblick auf den komplexen Prozess, den die Karkassen an dem Standort durchlaufen, ist nach Meinung von Werksmanager Peter Marsh übrigens „Re-Engineering“ die bessere Umschreibung für den Hightech-Prozess der Remix- bzw. Encore-Reifenrunderneuerung.

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