McKinsey-Studie: Autoservice in Deutschland vor Umbruch

Das milliardenschwere Ersatzteil- und Servicegeschäft mit Autos sieht in Deutschland harten Zeiten entgegen. Vertragswerkstätten kämpfen immer intensiver mit Service-Ketten und freien Anbietern auf einem stagnierenden Markt. Auch Versicherungen und Automobilclubs positionieren sich. Schließlich heizen Private-Equity-Firmen durch Übernahmen und hohe Renditeerwartungen den Wettbewerb an. Das Werkstattsterben geht weiter – so eine neue Studie der Unternehmensberatung McKinsey&Company.

Bereits in den vergangenen fünf Jahren schrumpfte die Anzahl der Servicestationen in Deutschland um 15 Prozent. Gewinner dieser Entwicklung sind die Autofahrer. Sie profitieren von besserem Service zu attraktiveren Preisen.

Für die umfangreiche Analyse befragte McKinsey rund 5.000 Kunden sowie mehr als 300 Werkstättenbetreiber. Die Beratungsfirma identifizierte dabei die zentralen Trends der Branche und künftige Problemfelder. Der so genannte After-Sales-Markt, der das gesamte Service-, Teile- und Wartungsgeschäft umfasst, ist mit einem Volumen von jährlich mehr als 40 Milliarden Euro allein in Deutschland für die Autohersteller nach dem Neuwagengeschäft der größte Umsatzbringer. Sie erwirtschaften damit knapp ein Viertel ihrer gesamten Einnahmen und mehr als die Hälfte ihres Gewinns.

Mit einem Anteil von knapp 60 Prozent dominieren traditionelle Vertragswerkstätten in Deutschland den Markt. Weil mit der stetig besseren Qualität der Neuwagen die Serviceintervalle immer länger ausfallen und Kunden immer preissensitiver werden, kämpfen die Stationen der Hersteller mit schwacher Auslastung. Steigende Reparaturkosten, verursacht durch immer mehr Elektronik im Fahrzeug und durch die Modulbauweise, können den Trend nicht stoppen.

Vier Hauptschlachtfelder im After-Sales-Markt

Vor allem freie Werkstätten und Ketten machen dem Servicegeschäft der Hersteller zu schaffen. Besonders kritisch wird es für sie, wenn Autos zwischen drei und vier Jahren alt sind. Dann wechseln Autofahrer häufig von der Vertragswerkstatt zu einem freien Anbieter. Resultat: Die Stationen der Hersteller verlieren in dieser Zeit mehr als 20 Prozent ihrer Kunden. Gleichzeitig weiten unabhängige Garagen und Ketten ihren Marktanteil in diesem Segment aus – auf derzeit etwa 40 Prozent. Gerade hier zeigen sich erhebliche Leistungsunterschiede zwischen den Herstellern: Die Besten besitzen eine mehr als 20 Prozent höhere Kundenloyalität.

Drei weitere umkämpfte Bereiche auf dem After-Sales-Markt hat die Unternehmensberatung identifiziert. Zum einen setzen im traditionellen Ersatzteilgeschäft No-Name-Produzenten die Markenhersteller immer mehr unter Druck. Händler der großen Automarken gehen davon aus, dass sich der Anteil dieser No-Name-Ersatzteile in den kommenden Jahren mehr als verdoppeln wird. Zum anderen umgehen Originalteile-Hersteller unabhängige Teilehändler und bauen einen Direktvertrieb an freie Werkstätten mit eigenen Lagerstrukturen und Distributionsnetzen auf. Schließlich nutzen etwa Versicherungen und Automobilclubs die Nähe zu ihren Kunden und Mitgliedern und vereinbaren zunehmend exklusive Kooperationen mit Werkstätten im Schadensfall. Folge: Autofahrer können ihren Serviceleister nicht mehr frei wählen.

Zukunft des deutschen After-Sales-Markts

„Auch in Zukunft wird sich der After-Sales-Markt weitreichend verändern“, sagt Volker Grüntges, McKinsey-Partner und Leiter der Studie. „Die historisch starke Position der Hersteller ist gefährdet.“ Beispielsweise könnten Teileproduzenten Großhändler oder Werkstattketten aufkaufen und Versicherungen den Kundenzugang noch gezielter nutzen. Systemketten könnten ihre Filialen auf bestimmte Kundengruppen zuschneiden oder mit Originalteileherstellern kooperieren.

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