Reifen-Messe expandiert nach China

Der chinesische Reifenmarkt wird nicht nur für Hersteller und Großhändler immer interessanter. Auch Messeveranstalter richten mehr und mehr ihren Blick auf den Markt der – scheinbar – unbegrenzten Möglichkeiten. In diesem November wird die Essener Reifen-Messe erstmals mit einem Ableger an den Start in China gehen. Die Veranstalter der Messe Essen GmbH und der China United Rubber (Group) Corp. hoffen auf ein erfolgreiches Erstlingswerk der jährlich angesetzten Veranstaltung. Sie wird parallel zur „Rubber Tech China“ stattfinden. Klaus Reich, Direktor für Handelsmessen und Ausstellungen der Messe Essen GmbH und in dieser Funktion mitverantwortlich für die „Reifen China“, erläutert im Interview, warum die Messe Essen mit ihrer Reifen-Messe nach China expandiert, welche Erwartungen die Veranstalter haben und was Aussteller und Besucher erwartet.

NEUE REIFENZEITUNG:
Die Messe Essen ist seit Jahren erfolgreicher Ausrichter der „Reifen-Messe“. Rechnen Sie mit einem ähnlichen Erfolg in Shanghai?

Klaus Reich:
Die Internationale Fachmesse „Reifen“ in Essen existiert seit über 40 Jahren. Sie hat sich kontinuierlich weiter entwickelt und zunehmend an Internationalität und Bedeutung gewonnen. Auch für „Reifen China“ sehe ich gute Chancen. Mittelfristig rechne ich damit, dass sich die Qualität unserer Organisation gegenüber den vielen anderen Veranstaltern durchsetzen wird und dass wir bei dem großen Wachstumspotential in China eine absolut erfolgreiche Veranstaltung präsentieren können.

NEUE REIFENZEITUNG:
Dass China zu den größten Produktions- und Absatzmärkten von Reifen zählt, ist bekannt. Korreliert diese Tatsache mit der Bedeutung Chinas als Messestandort?

Klaus Reich:
Generell gilt, dass die meisten Branchen-Leitmessen in Deutschland stattfinden. Chinesische Messen bedienen in erster Linie die Nachfrage in ihrem riesigen Heimatmarkt. Bezogen auf den Reifenmarkt in China kann man feststellen, dass es trotz zahlreicher Versuche bisher noch keinem Organisator gelungen ist, die Reifenbranche komplett zu präsentieren. Genau das ist unser Ziel: Wir wollen wie zur Reifen-Messe in Essen eine Fachmesse für den Reifenhandel, Reifenwerkstätten und für die Reifenerneuerung anbieten.

NEUE REIFENZEITUNG:
Welche Bedeutung hat die Marke „Reifen“ für einen erfolgreichen Einstieg ins Auslandsgeschäft mit der Reifen-Messe?

Klaus Reich:
Die Marke „Reifen“ steht für Qualität und für das erfolgreiche Zusammenführen von Angebot und Nachfrage. Wir merken das insbesondere bei unseren internationalen Ausstellern, und zwar nicht nur hier in Essen, sondern auch wenn wir diese Firmen auf Messen wie der SEMA in Las Vegas oder auf der Autopromotec in Bologna wiedertreffen. Die Bindung an die Marke „Reifen“ ist sehr groß. Eine ähnlich enge Beziehung bemerken wir auch bei unseren anderen Branchen-Leitmessen, mit deren Logos und Marken wir ebenfalls im Ausland auftreten.

NEUE REIFENZEITUNG:
Was sind denn die wesentlichen Unterschiede zwischen Essen und Shanghai bzw. Deutschland und China bei der Ausrichtung einer Reifenmesse?

Klaus Reich:
Für beide Standorte gilt, dass wir uns zunächst darauf konzentrieren, Angebot (das heißt die Aussteller) und Nachfrage (die Besucher) wirksam zusammenzuführen. Der Erfolg unserer Aussteller und Besucher muss immer unser oberstes Ziel sein – egal ob in Deutschland oder in China. Sicherlich gibt es bei der technischen Organisation den einen oder anderen Unterschied, aber das ist heute nicht mehr so relevant. Anders als in Deutschland wird die Besucherzielgruppe eher national geprägt sein – auch wenn wir die „Reifen China“ als internationale Messe anlegen. Aber wenn ein Land rund 25 Prozent der Weltbevölkerung stellt, ist es natürlich ungleich schwerer, mehr als 50 Prozent internationale Besucher aufzubieten als bei der „Reifen“ in Essen.

NEUE REIFENZEITUNG:
Sie sind erst kurzfristig in die Partnerschaft mit der China United Rubber Corporation (CURC), dem chinesischen Mitveranstalter, eingestiegen. Hat die Zeit gereicht, um eine professionelle Messe auf die Beine zu stellen, die Ihren hohen Ansprüchen genügt?

Klaus Reich:
CURC ist seit vielen Jahren auch im Messegeschäft tätig und führt zum Beispiel die „Tyres & Rubber Tech“ in Shanghai durch. Wir haben diese Messe mehrfach beobachtet und mit deutschen und internationalen Ausstellern auf der „Tyres & Rubber Tech“ gesprochen. Dabei wurde die gute Organisation und die Professionalität von CURC grundsätzlich bestätigt. Ich glaube, dass wir mit CURC einen Partner gefunden haben, der auf gleicher Wellenlänge sendet, dem man nicht mehr sagen muss, wie erfolgreiche Messen konzipiert werden, sondern auf den man sich verlassen kann, auch wenn rund 7.000 Kilometer Distanz zwischen den Arbeitsplätzen liegen.

NEUE REIFENZEITUNG:
Gab oder gibt es Bereiche, in denen die Messe noch nicht ganz dem gerecht werden wird, was Sie von einer solchen Veranstaltung erwarten?

Klaus Reich:
Wir haben uns nach gründlicher Marktrecherche und Partnersuche erst im März dieses Jahres entschieden, eine „Reifen China“ durchzuführen. Der Vorbereitungszeitraum ist also relativ kurz, so dass wir mit bereits verplanten Marketingbudgets rechnen mussten. Dennoch war es richtig, jetzt den Fuß in die Tür zu setzen.
Immerhin stellen rund 45 chinesische Firmen in Essen aus, davon 35 Reifenhersteller. Einen großen Teil dieser Firmen werden wir auch in Shanghai als Aussteller begrüßen können. Leider werden die internationalen Reifenhersteller noch nicht in dem Umfang präsent sein wie auf der „Reifen“ in Essen. Ich denke aber, dass es uns gelingen wird, in wenigen Jahren eine Messe anzubieten, die die komplette Wertschöpfungskette für Reifenhandel, Reifenwerkstätten und Vulkanisation abbilden wird.

NEUE REIFENZEITUNG:
Üblicherweise steht und fällt eine Messe mit der Qualität des Veranstaltungsortes. Wie sieht es diesbezüglich bei der „Reifen China“ im November aus?

Klaus Reich:
„Reifen China“ wird im Shanghai New Exhibition Centre (SNIEC) stattfinden, einem der modernsten Messegelände in China. Wir haben in diesem Juni zum ersten Mal die jährlich zwischen Peking und Shanghai wechselnde „Beijing Essen Welding“ im SNIEC durchgeführt und nur gute Resonanzen erhalten. Das SNIEC bietet einen vergleichbaren Standard wie moderne europäische Messegelände.

NEUE REIFENZEITUNG:
Wie haben sich bisher die Standbuchungen und die Voranmeldungen von Besuchern entwickelt?

Klaus Reich:
Ich denke, dass wir in diesem Jahr mit rund 50 Ausstellern rechnen können. Das ist für chinesische Verhältnisse und für eine Erstveranstaltung schon eine gute Zahl. Parallel zur „Reifen China“ wird zudem die „Tyres & Rubber Tech“ stattfinden. Schon jetzt gibt es eine Reihe von Gruppenreisen, die von Deutschland aus – über den BRV – und beispielsweise über unseren Messepartner in Indien organisiert werden. Für die chinesischen Besucher gibt es natürlich keine Vorregistrierung. Wie ich das Geschäft in China kenne, werden aber am Eröffnungstag sicherlich 1.000 bis 1.500 einheimische Besucher an den Registrierungscountern stehen.

NEUE REIFENZEITUNG:
Die CURC – seit Jahren Veranstalter der „Tyres & Rubber Tech China“ – war nicht der einzige mögliche Partner in China, wo es mehrere etablierte Reifenmessen gibt. Warum haben Sie sich für genau diesen Partner entschieden?

Klaus Reich:
BRV und Messe Essen haben sich – auch unabhängig voneinander – mehrere Veranstaltungen in China angesehen. Dabei sind wir auf die unterschiedlichsten Durchführungsqualitäten gestoßen, sogar auf dreitägig angesetzte Veranstaltungen, die nach zwei Tagen wegen Besuchermangel geschlossen werden mussten. Die Professionalität, mit der CURC die „Tyres & Rubber Tech“ durchführt, war – wie bereits erwähnt – ausschlaggebend für unsere Entscheidung.

NEUE REIFENZEITUNG:
CURC ist ein im Ausland relativ unbekanntes Unternehmen. Mit wem haben Sie es da zu tun?

Klaus Reich:
Die Chinese United Rubber (Group) Corporation wurde 1993 aus der Rubber-Abteilung des chinesischen Chemie-Ministeriums gegründet. Sechs nationale Forschungsinstitute, die an das Ministry of Chemical Industry angeschlossen sind, gehören heute noch zur CURC. Neben der Durchführung von Fachmessen, Konferenzen, Schulungen und Seminaren gehören zum Beispiel der Austausch und die Popularisierung von neuen Technologien, Unternehmensberatung und Marktstudien zu den Zielen und Aufgaben. CURC spielt eine wichtige Rolle in der China Rubber Industry Association (CRIA) und besetzt dort einflussreiche Positionen. CURC verfügt über ein hervorragendes Netzwerk in China und hat hervorragende Kontakte zu anderen nationalen Reifenverbänden in Asien.

NEUE REIFENZEITUNG:
Ideeller Partner der „Reifen China“ in Deutschland ist der BRV. Was leistet der Reifenhandelsverband in diesem Zusammenhang? Und haben Sie weitere solche Partner in Europa?

Klaus Reich:
Als ideeller Träger der „Reifen China“ konzentriert sich das Engagement des BRV auf die Mitwirkung bei der Entwicklung und Umsetzung des Messekonzeptes „China“, das sich an dem hohen Qualitätsanspruch der Reifen-Messe in Essen orientiert. Der Verband berät uns fachbezogen und branchenspezifisch und flankiert die Maßnahmen der Messe Essen bei der Akquisition von Ausstellern und Besuchern. Der BRV hat eine Fachkonferenz geplant, die am Rande der Messe stattfinden wird. Er wird ebenso eine Gruppenreise für BRV-Mitglieder durchführen. Auch die Partnerverbände des BRV in Europa und Amerika haben wir eingeladen.

NEUE REIFENZEITUNG:
Die meisten Beobachter rechnen mit einem erfolgreichen Erstlingswerk der „Reifen China“. Was aber kommt danach? Wie werden Sie in den kommenden Jahren die Messe weiterentwickeln?

Klaus Reich:
Ob Erstlingswerk oder Jubiläumsmesse. Jeder Veranstaltungsverlauf muss gründlich analysiert werden. Danach sind die Stellschrauben für Marketing und PR neu zu justieren.
Zur Zeit arbeiten wir kräftig daran, die Marke „Reifen China“ über großformatige Anzeigen und entsprechende Hinweise in den Fachzeitschriften bekannt zu machen. Unser Partner CURC ist unermüdlich im riesigen chinesischen Reich unterwegs, um mit Herstellern und Händlern über die neue Veranstaltung zu sprechen. Wenn die Premierenveranstaltung gelungen ist, gilt es, darauf aufzubauen, die Akquisition der Aussteller und Besucher noch weiter voranzutreiben und Themenfelder, die bei der ersten Veranstaltung noch nicht vollständig besetzt sind, entsprechend aufzufüllen.

NEUE REIFENZEITUNG:
Glauben Sie, dass China groß genug ist, um mehrere Reifenmessen erfolgreich Platz zu geben oder wird sich die Messelandschaft in den kommenden Jahren bereinigen?

Klaus Reich:
Selbst im Vergleich zu Europa ist China ein riesiges Land. Das überdurchschnittliche Wachstum führt fast zwangsläufig zu einem Wildwuchs an Messen mit teilweise unseriösen Veranstaltern. Das kann für uns auch eine große Chance sein. Wir müssen durchaus damit rechnen, dass mehrere Reifenmessen in China durchgeführt werden, nehmen den Wettbewerb aber gerne an. Unser Ziel ist es, über kurz oder lang Marktführer zu werden und die wichtigsten Messeplätze Shanghai gegebenenfalls im Wechsel mit Peking erfolgreich zu belegen.

NEUE REIFENZEITUNG:
Es gibt immer noch große Reifenmärkte, in denen professionelle, internationale Reifenmessen fehlen. Denken Sie nur an Indien, Brasilien oder andere Schwellenländer. Wird die Messe Essen in Zukunft weiter expandieren?

Klaus Reich:
Wir haben tatsächlich eine ganze Reihe von Anfragen, weitere Tochterveranstaltungen der Reifenfachmesse in anderen Wachstumsmärkten durchzuführen. Wir werden die Märkte genau analysieren und vor allem prüfen, ob unsere Aussteller dort gute Geschäfte generieren können. Wenn dem so ist, wird eine Expansion der „Reifen“ in andere Kontinente sicherlich nicht ausgeschlossen sein.

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