Hankook setzt in China auf vertikale Integration

Für Hankook ist China bereits seit zehn Jahren wie ein zweiter Heimatmarkt. Dort stellt das Unternehmen nicht nur rund 40 Prozent all seiner Reifen her, sondern ist gleichzeitig – nach eigener Aussage – Marktführer bei Pkw-Reifen. Dabei verfolgt Hankook auf dem chinesischen Reifenmarkt neuerdings eine Strategie, die sich nicht mehr nur auf die Belieferung der Erstausrüstung und des Ersatzmarktes konzentriert. Hankook will in China ganz bewusst von einem reinen produzierenden Lieferanten hin zu einem vertikal integrierten Unternehmen weiterentwickeln, wozu eben auch umfassende Aktivitäten im Vertrieb über ein Hankook-Handelsnetzwerk zählt. Durch diese sowie die bereits etablierten Aktivitäten will Hankook in China seine Markenbekanntheit weiter aufbauen und sich als Premiumhersteller mit Premiumprodukten und Premiumdienstleistungen etablieren.

Nun könnten interessierte Beobachter auf die Idee kommen, Hankook baue sein Handelsnetzwerk durch die Etablierung der in Korea überaus erfolgreichen T-Stations auf, damit die künftig nicht mehr nach Europa verschifften Reifen aus lokaler Produktion auch lokal abgesetzt werden können. Dies, so sagt jedenfalls Hankook-CEO Suh Seung-Hwa im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG, sei mitnichten der Fall. „Die gegenwärtige Situation sieht so aus, dass wir mehr Nachfrage als Angebot haben.“ Folglich würden die Reifen, die derzeit noch nach Europa exportiert werden, was durch die neue Hankook-Fabrik in Ungarn künftig nicht mehr notwendig sein wird, in Zukunft auf dem chinesischen Markt (und auf anderen Exportmärkten) vermarktet. Hankook werde in den beiden China-Fabriken in Jiaxing (Provinz Zhejiang) und Jiangsu (Gesamtkapazität: rund 27,5 Millionen Reifen) jedenfalls keine „ungenutzten Kapazitäten“ haben, so Suh weiter. Dabei versorge sich der chinesische Reifenmarkt weitest gehend selbst, Hankook muss also nicht in großem Stil nach China exportieren.

Um auch künftig in China erfolgreich zu sein, verfolgt der koreanische Reifenhersteller also eine Strategie, die zwar auf die Qualität der Produkte und der Dienstleistungen ausgerichtet ist, letztendlich aber nicht ohne lokale Produktionskapazitäten auskommen kann. Man denkt sogar über die Errichtung einer dritten Reifenfabrik in China nach.

Neben Forschung und Entwicklung, Vertrieb und Produktion kommt aber auch dem Marketing eine zentrale Bedeutung zu. Folglich engagiert sich Hankook in China auch in Sachen Motorsport.

Hankook betreibt heute weltweit fünf F&E-Zentren: Neben Korea, Deutschland (Europa), USA und Japan spielt seit 1998 auch China eine zentrale Rolle bei der Weiter- und Neuentwicklung von Produkten. Die Einrichtung – an der Fabrik in Jiaxing gelegen – pflegt seither auch den Kontakt zu der immer größer werdenden Gruppe in China fertigender Erstausrüster. „Wir messen dem chinesischen Erstausrüstungsmarkt große Bedeutung bei“, so Choi Jin-Wook, Chairman von Hankook Tire China. Gegenwärtig liefere man Reifen an über 30 Erstausrüster aus der Automobilbranche, darunter namhafte westliche Hersteller wie Volkswagen, Ford, Fiat, Mazda, Citroen oder Hyundai aber auch chinesische Automobilbauer. Erst kürzlich hat der koreanische Reifenhersteller den Zuschlag für prestigeträchtige Lieferungen an Audi in China für den A6L und den A4 erhalten. „Ein Reifenlieferant für berühmte Automobilhersteller zu sein, könnte einen positiven erzieherischen Effekt auf unsere Kunden haben“, sagt Unternehmens-CEO Suh Seung-Hwa und erläutert damit den bekannten Nachlauf-Effekt aus der Erstausrüstung, der auch in China mit zunehmendem Motorisierungsgrad eine immer größere Rolle spielt.

Erst im Mai 2006 hat Hankook das neue „China Technical Center“ am Standort Jiaxing eingeweiht. Dort arbeiten derzeit 110 Ingenieure an der Weiterentwicklung und Neuentwicklung von Produkten. Die hier entwickelten Produkte werden entweder auf dem chinesischen Ersatzmarkt vertrieben oder aber an Erstausrüster in und außerhalb Chinas vermarktet. Gegenwärtig befinde sich ein eigenes Testgelände in der Planung. Sobald das 300 Hektar große Areal eingerichtet ist, werde die Entwicklungsarbeit der Hankook-Ingenieure in China und weltweit noch schneller vonstatten gehen.

Weltweit investiere Hankook fünf Prozent seines Umsatzes in Forschung und Entwicklung, schreibt das Unternehmen.

Dass der koreanische Reifenhersteller auch beim Vertrieb seiner Produkte neue Wege einschlägt, ist seit kurzem bekannt. Da man im chinesischen Ähnlichkeiten mit dem koreanischen Reifenmarkt erkennt, hofft Hankook in China mit der Etablierung seines T-Station-Netzwerkes auf einen ähnlich großen Erfolg wie im Heimatland. „Aus Sicht der Unternehmensstrategie betrachtet hilft uns die Einrichtung der T-Stations beim Übergang vom reinen Hersteller hin zum Fertigungs- und Dienstleistungsunternehmen. Dies ist für unser langfristiges und nachhaltiges Wachstum auf dem chinesischen Markt wichtig“, so CEO Suh gegenüber dieser Zeitschrift. Man werde folglich die vertikale Ausdehnung des Unternehmens und die zunehmende Integration in die vertikale Richtung in China vorantreiben. Während der kommenden fünf Jahre sollen 300 der so genannten T-Stations in China etabliert werden. In Korea seit Jahren als erfolgreiche Handelskette etabliert, setzt man in China vorwiegend auf Hard-Franchise-Verträge mit Reifenhändlern; es seien aber auch einige eigene Niederlassungen geplant.

Durch eine entsprechende Organisation lasse sich nicht nur die Marktdurchdringung steigern. Wenigstens ebenso wichtig ist der hohe Grad der Dienstleistungen, der Hankook in China als Premiumanbieter weiter etablieren soll. Diesem Anspruch sollen auch die T-Station-Outlets entsprechen. Deren Lage, deren Ausstattung und Größe sowie deren Servicequalität unterstrichen den Premiumanspruch des Reifenherstellers im Reich der Mitte. Gegenwärtig ist der koreanische Hersteller in China mit 16 regionalen Vertriebsgesellschaften und 14 Logistikzentren vertreten.

Die beiden China-Fabriken in Jiaxing und Jiangsu produzieren heute rund 27,5 Millionen Reifen pro Jahr. Erst im Jahre 2003 nahm Hankook am Standort Jiangsu eine neue Lkw-Reifenfertigung in Betrieb. Zunächst habe der Hersteller einen Großteil seiner dort gefertigten Radialreifen exportiert. Aber mit zunehmendem Erfolg in China auch in diesem Marktsegment nehme der Anteil der Reifenexporte kontinuierlich ab. Gleichzeitig baut der Hersteller seine Fertigungskapazitäten weiter aus.

Hankook stellt in China natürlich auch Diagonalreifen her, deren Anteil am chinesischen Reifenmarkt immer noch bei rund 70 Prozent liegt. Deren Anteil an der Gesamtproduktion sei aber „relativ klein und weiter zurückgehend“, so Suh. „Wir werden keine zusätzlichen Investitionen in Diagonalreifen tätigen. Radialreifen sind das Kerngeschäft unseres Unternehmens.“ Die Radialisierungsquote in China steigt mit dem zunehmendem Ausbau eines Fernstraßennetzes in China stetig an.

Um die Markenbekanntheit der Marke Hankook in China zu steigern, ist der koreanische Reifenhersteller seit zwei Jahren auch im chinesischen Rallyesport aktiv, und zwar in der „China Circuit Championship“ (Saison 2005) und in der „China Rallye Championship“ (ab 2007). Darüber hinaus engagiert sich Hankook auch bei Motorsportveranstaltungen in Europa wie etwa dem 24-Stunden-Rennen am Nürburgring.

Jetzt, da auch die Hankook-Fabrik in Ungarn produziert, wird der Hersteller fünf Fabriken miteinander vernetzen müssen. Dabei werde man versuchen, die Fabriken bis zu einem bestimmten Grad zu spezialisieren, so Hankook-CEO Suh Seung-Hwa. Insgesamt gehe es aber darum, die Effizienzen zu steigern. „Wir werden unsere fünf Fabriken unter einer globalen Perspektive kontrollieren.“ Da trotz einer entsprechenden Perspektive gerade der chinesische Reifenmarkt mit Steigerungsraten von rund 15 Prozent (bei Pkw-Reifen) der derzeit bedeutendste Reifenmarkt ist, auf den sich ein Hersteller konzentrieren kann, kündigt Suh den weiteren Ausbau der dortigen Produktionskapazitäten an. Insbesondere wolle sich Hankook in diesem Zusammenhang auf das UHP-Reifensegment konzentrieren, wo die lokale Nachfrage besonders deutlich steige.

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