Lust am Autokauf noch nicht zurück

Die rechte Lust am Kauf neuer und gebrauchter Automobile ist in Deutschland in diesem Jahr noch nicht zurück. Erneute Rückgänge bei den Zulassungen im Mai von fast zehn Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat haben das kumulative Minus im Autojahr 2007 nicht mindern können. „Wir sind noch auf einer holprigen Wegstrecke unterwegs. Eine gewisse Zuversicht aber bleibt im Rahmen enger gestellter Leitplanken. Die allgemeinen Konjunkturdaten sind zu positiv, um schon jetzt die Standspur anzusteuern“, so Robert Rademacher, Präsident des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes, aus Anlass der Mitgliederversammlung des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes in Hamburg. Das Volumen von 10,2 Millionen Verkäufen neuer und gebrauchter Pkw aus dem Vorjahr werde man in diesem Jahr – entgegen der ursprünglichen Erwartungen – nicht wieder erreichen können. Auch beim Gesamtumsatz sei trotz des weiteren Wachstums im Service ein Rückgang auf unter 130 Milliarden Euro zu erwarten. Dies entspräche einem Minus um zwei Prozent.

Bei den Neuwagen-Zulassungen gehe man inzwischen von etwa 3,25 Millionen Einheiten aus. Dies seien rund 220.000 Fahrzeuge weniger als im Vorjahr. Die Korrektur der Jahresprognose erfolge vor allem aus der Erkenntnis, dass die Schwäche der privaten Nachfrage mit über zwanzig Prozent in den ersten fünf Monaten im weiteren Jahresverlauf nicht mehr auszugleichen sei. Auch die Zuwächse im so genannten Flotten- und Vermietgeschäft von knapp zehn Prozent könnten die negative Zwischenbilanz nicht in den „schwarzen Bereich“ umkehren. Die von steuerlich bedingten Vorzieheffekten „getragenen Supermonate November und Dezember des Autojahres 2006“ seien ohne Sondereinflüsse nicht zu wiederholen. Für die Verbraucher sei jetzt die Hoch-Zeit, aufgrund der vielfältigsten Zusatzleistungen das neue Auto in einem sehr günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis zu erwerben.

Umfrage bei Fabrikaten

Eine aktuelle Umfrage bei den Fabrikatsverbänden im Deutschen Kraftfahrzeuggewerbe zeichne ein realistisches Bild. Die Bandbreite des erwarteten Jahresabsatzes reiche von 3,2 bis 3,35 Millionen Neuzulassungen bei Pkw und Pkw-Kombi: Mehrheitlich werde ein Volumen zwischen 3,2 und 3,25 von den Fabrikatsverbänden prognostiziert. Dies erfordere intern auch eine Überprüfung der Jahreszielvereinbarungen.

Die wachsende Unzufriedenheit mit den Neuwagen-Verkäufen strahle zwischenzeitlich auch auf das Gebrauchtwagengeschäft ab. Bisherigen Ergebnissen zufolge liege der Markenhandel in einem insgesamt instabilen Markt unter Vorjahresniveau. Positiv sei indes eine marginale Verringerung bei den Standzeiten. Noch allerdings stehe im Durchschnitt ein Gebrauchtwagen bis zum Verkauf rund drei Monate auf dem Hof des Handels.

Service: Erholung nach schwachem Start

Der Service bleibe neben den Finanz- und Versicherungsdienstleistungen das stabile betriebswirtschaftliche Fundament. Bei den automobilen Dienstleistungen habe es nach einem schwachen Start eine erfreuliche Erholung gegeben. Seit April bewege man sich auf einem hohen Niveau der Auslastung um 85 Prozent. Dies habe auch zur Folge, dass der bereits im Vorjahr erkennbare Mangel an geeigneten Fachkräften vermehrt gemeldet werde. Vierzehn Fabrikatsverbände hätten bestätigt, dass im Service geeignete Mitarbeiter fehlten. Rademacher erwartet „ein moderates Wachstum im Umsatz bis zu zwei Prozent“. Der Serviceumsatz habe im Vorjahr 27,1 Milliarden Euro betragen.

Das Kaufverhalten hat sich nach Darstellung des Präsidenten des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes in der vergangenen Dekade nachhaltig verändert. Zum einen gebe es in den Modellsegmenten klare Veränderungen, zum anderen habe sich die Kauffrequenz erheblich reduziert. So stehe heute ein Neuwagenkauf erst nach 66 Monaten wieder an, bei gebrauchten Pkw habe sich die Haltedauer sogar auf 76 Monate erhöht. Die vergleichbaren Werte des Jahres 1997 hätten bei jeweils 56 Monaten gelegen.

Mittelklasse verliert Marktanteil

Im Rückspiegel der vergangenen zehn Jahre betrachtet zeigten sich veränderte Käuferwünsche. So habe die Mittelklasse von 1996 bis 2006 beim Marktanteil von 26 auf 17 Prozent verloren. Dies entspreche einem Verlust von über 300.000 Einheiten. Zu den Gewinnern zählten Vans mit deutlich über 500.000 Einheiten (1996: unter 150.000) und Geländewagen mit 230.000 Stück (1996: unter 70.000). Die Kleinsten im Segment „Mini“ hätten von 180.000 auf fast 210.000 Einheiten zugelegt. Die Kompaktklasse habe rund 100.000 Einheiten verloren.

Allein diese Entwicklung zeige, dass die Automobilwirtschaft ihre Erwartungen an das „normale“ Volumen des Inlandsmarktes auf den Prüfstand stellen müsse. Frühere Volumina jenseits der 3,5 Millionen Neuzulassungen und 7,5 Millionen Besitzumschreibungen im Jahr gehörten angesichts der erreichten Marktsättigung und der wesentlich verbesserten Qualität der Fahrzeuge in die Geschichtsbücher. Rademacher wörtlich: „Wir alle, Hersteller und Handel, müssen lernen, mit den aktuellen Zahlen auskömmlich zu leben.“

Kunden wollen Sorglos-Pakete

Rademacher begrüßte, dass von immer mehr Herstellern und Händlern kundenorientierte Service- und Mobilitätspakete angeboten würden. In einer vom Deutschen Kraftfahrzeuggewerbe in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage habe forsa ermittelt, dass 51 Prozent der Kaufinteressenten diese Sorglos-Pakete wollten. Solche Pakete seien allemal besser, als dem Konsumenten platte Nachlässe im vierstelligen Euro-Bereich zu offerieren, die durch den damit ausgelösten Wertverlust des Fahrzeugs letztlich vom Kunden selbst mit finanziert würden.

Die Resultate der Umfrage bestätigten im Übrigen die verhaltene Einschätzung des inländischen Automarktes. Lediglich 16 Prozent der Befragten planten in 2007 und 2008 einen Autokauf. Dies sei der zweitniedrigste Wert seit 2000. Dabei gebe es für 2008 eine günstigere Perspektive. Modelle mit alternativen Antrieb oder Diesel-Motor mit Partikelfilter stünden ganz oben auf der Wunschliste.

Gute Noten habe es erneut für Autohäuser und Werkstätten gegeben. Neun von zehn Werkstatt-Kunden wollten ihre Werkstatt schnell erreichen, 84 Prozent hielten den Meister für „sehr wichtig“ und „eher wichtig“. Die insgesamt positive Bewertung stütze die hervorragende Platzierung des Kfz-Gewerbes im Kundenmonitor des Vorjahres. Bei dieser repräsentativen Erhebung zur Dienstleistungsqualität seien die Autohäuser und Werkstätten unter 28 Dienstleistungsbranchen erstmals auf Platz zwei gekommen.

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