„Pilot Road 2” erweitert Michelin-Motorradreifenprogramm

Dass man 2007 einen neuen Motorradreifen mit Zweikomponentenmischungstechnologie vorstellen würde, hatte Michelin schon im Rahmen der Intermot im Herbst vergangenen Jahres durchblicken lassen. Jetzt hat ihn der Reifenhersteller in Form des Sporttouringreifens „Pilot Road 2“ auch offiziell vorgestellt. Anders als die zusätzliche Ziffer im Namen auf den ersten Blick vermuten lassen würde, ersetzt der Neue allerdings nicht den weiter erhältlichen „Pilot Road“ in der Michelin-Produktpalette. Der Reifen, der sich durch eine weichere Mischung zu den Flanken hin und einer härteren in Laufflächenmitte auszeichnet, wird vielmehr zwischen dem bisherigen „Pilot Road“ und dem noch sportlicheren „Pilot Power“ positioniert.

Dabei soll gerade die Zweikomponentenlaufflächenmischung, die Michelin unter dem Kürzel „2CT“ – steht für Two Compound Technology – zusammenfasst, vor allem einen guten Nassgrip und mit einer hohen Laufleistung kombinieren helfen. Um dies zu belegen, hat der Hersteller den „Pilot Road 2“ in der Größenpaarung 120/70 ZR17 und 180/55 ZR17 bei dem Centre d’Essais Routiers Méchaniques (CERM) einem Vergleichstest mit Wettbewerbsprodukten unterziehen lassen. Dabei habe er die Konkurrenz in diesem Marktsegment (Bridgestone „Battlax BT 020“ und „Battlax BT 021“, Continental „Road Attack“, Dunlop „D220 ST“, Metzeler „Roadtec Z6“, Pirelli „Diablo Strada“) in beiden Disziplinen hinter sich gelassen, wobei der Vorsprung des neuen Gummis mit bis zu sechs bzw. bis zu 30 Prozent beziffert wird.

Von diesem Testergebnis wird man in deutschen Landen allerdings nichts oder zumindest nicht viel zu hören bekommen. „Da die Tests mit einer bestimmten Spezifikation auf der entsprechenden Testmaschine gefahren wurden, werden wir das Ergebnis des Tests aus wettbewerbsrechtlichen Gründen in Deutschland nicht kommunizieren. Einen Hinweis auf die CERM-Tests wird es hierzulande in Anzeigen, Werbeflyern oder Ähnlichem anders als in anderen Ländern Europas also nicht zu entdecken geben“, erklärt Stéphane Schröder, der bei Michelin für das Marketing in Sachen Zweiradreifen für die Region Deutschland, Österreich und die Schweiz verantwortlich zeichnet.

Mit dem neuen Reifen will der Hersteller seine Position im deutschen Motorradreifenmarkt festigen bzw. noch weiter ausbauen. „Schon 2006 war ein sehr interessantes Jahr für uns. Wir konnten unseren Marktanteil in Deutschland ausbauen, vor allem dank solcher Produkte wie dem ‚Pilot Power‘ oder dem ‚Pilot Power 2CT‘. Da wir die Nachfrage nach diesen Reifen unterschätzt haben, haben wir unsere Ziele für das vergangene Jahr bei weitem übertroffen und unsere Ziele für 2007 entsprechend hochgeschraubt“, verdeutlicht Pierre Leygonie, der seit Mitte 2006 als Nachfolger für den in innerhalb des Unternehmens gewechselten Markus Merkle den Geschäftsbereich Zweiradreifen Deutschland, Österreich und Schweiz leitet.

Warum der „Pilot Road“ in diesem Zusammenhang ein so hoher Stellenwert eingeräumt wird, erklärt Schröder anhand des im Motorradmarkt beobachteten Trends der vergangenen Jahre. Das Marktsegment der Sporttouringmaschinen sei das, in dem „die Post abgeht“. Bezüglich der Neuzulassungen in diesem Marktsegment hat Michelin zwischen 1998 und 2005 europaweit ein Wachstum um 115 beobachtet, in Deutschland sollen es in der gleichen Zeitspanne sogar 177 Prozent gewesen sein. „Dabei ist zugleich der Anteil der Maschinen, die auf Radialreifen stehen, stetig gestiegen. Gleichzeitig werden von immer mehr Motorradfahren Sporttouringreifen als Alternative zu Sportreifen gefahren“, sagt Schröder.

Offensichtlich fordern die Zweiradfans also verstärkt Reifen mit sportlichen Eigenschaften bei gleichzeitig höheren Laufleistungen als bei reinrassigeren Sportgummis. Was genau der Verbraucher will, hat Michelin zudem im Vorfeld der Entwicklung des neuen Reifens versucht, durch gezielte Marktforschung herauszufinden. Dazu suchte man Schröders Worten zufolge die Diskussion mit Motorradfahrern. „In so genannten Focus Groups haben wir im Rahmen von insgesamt fünf Veranstaltungen in Deutschland und Frankreich gezielt Sporttouringfahrer zusammengebracht und uns mit ihnen darüber unterhalten, welche Erwartungen sie an einen Sporttouringreifen in Sachen Profil, Reifendesign oder auch bezüglich des Namens haben“, erläutert Schröder die Vorgehensweise.

„Daher sind die Leistungsmerkmale des neuen ‚Pilot Road 2‘anhand der Verbrauchererwartungen validiert. Das Design ist ebenso wie der Name des Reifens gewissermaßen vom Endverbraucher gewählt, da wir den Focus Groups jeweils verschiedene Profildesignvarianten vorgestellt hatten. Der Reifen ist daher exakt zugeschnitten auf die Bedürfnisse des Marktes“, ist sich Schröder sicher. Doch wie hat Michelin letztendlich den Spagat zwischen der Performance bei den Fahreigenschaften auf der einen Seite und einer höheren Laufleistung auf der anderen geschafft?

Dahinter steht laut Thomas Ochsenreither, Leiter Erstausrüstung Deutschland/Österreich/Schweiz der Michelin-Zweiraddivision, das Konzept von „zwei Reifen in einem“, womit natürlich die Aufgabenteilung zwischen den beiden Mischungen unterschiedlicher Härte gemeint ist. „Nach dem 2005 vorgestellten ‚Power Race‘ und dem 2006 eingeführten ‚Pilot Power 2CT‘ ist der ‚Pilot Road 2‘ nunmehr das dritte Element mit dieser Zweikomponentenlaufflächenmischungstechnologie“, so Ochsenreither. Michelin sei der einzige Hersteller, der die „2CT“-Technologie über die MotoGP in seine Produktrange habe einfließen lassen. Denn im Rennsport, wo der Hersteller mit mehr als 350 Siegen in der Königsklasse sowie 26 Weltmeistertiteln in der Klasse bis 500 Kubikzentimeter Hubraum bzw. in der MotoGP eine eindrucksvolle Bilanz vorzuweisen hat, habe man diese Technik zu allererst eingesetzt, die unterschiedliche Gummimischungen der Reifenlauffläche miteinander verbindet, um somit ein optimiertes Leistungsniveau der einzelnen Zonen zu erzielen.

Während ein weicherer Reifen selbst bei ungünstigen Bedingungen (nasse, kalte Böden) einen besseren Grip und somit mehr Fahrsicherheit bietet, hat eine weichere Gummimischung im Vergleich zu einer härteren Nachteile in Sachen Verschleiß. „Je weicher das Gummi, desto mehr Kontakt hat der Reifen mit der Fahrbahn. Und mehr Gummi auf der Straße bedeutet mehr Grip“, bringt Ochsenreither den Zusammenhang auf den Punkt. Optimiert man andererseits allerdings mithilfe einer harten Mischung in Richtung Kilometerlaufleistung, sind umgekehrt Einbußen beim Grip unvermeidbar. Daher setzt Michelin bei dem „Pilot Road 2“ auf eine weiche Laufflächenmischung an den Schultern, mit der gute Haftungswerte auf nassem Boden erreicht werden sollen, in Kombination mit einer widerstandsfähigeren Gummimischung in der Laufflächenmitte, die für eine geringere Abnutzung und somit eine höhere Laufleistung des Reifens zuständig ist.

Mit der „2CT“-Technologie verbindet Michelin jedoch noch andere Vorteile. Ein weicheres Gummi sorgt laut Ochsenreither zudem dafür, dass ein Reifen schneller seine Betriebstemperatur erreicht. „Dadurch, dass am Hinterradreifen die mittlere Zone mit der härteren Mischung nur etwa 20 Prozent der Laufflächenbreite ausmacht, kommen die beiden Bereiche mit der weicheren Mischung links und rechts davon selbst bei Geradeausfahrt bereits mit der Fahrbahn in Kontakt, was zu einer verkürzten Aufwärmphase führt“, erklärt er. Und da die Gummimischung die Mitte der Lauffläche entwickelt worden sei, um eine hohe mechanische Widerstandskraft zu erreichen, werde nicht nur die Lebensdauer gefördert, sondern auch die Traktion und das Bremsvermögen verbessert. Alle drei verwendeten Gummimischungen weisen seinen Worten zufolge einen hohen Silicaanteil auf und gehen auf die in der MotoGP bei Regenreifen verwendeten Mischungen zurück, um Sicherheit und Rückmeldung auf kalter und nasser Fahrbahn garantieren zu können.

Mit zu den guten Nässeneigenschaften des „Pilot Road 2“ soll jedoch auch die Profilgestaltung des neuen Reifens beitragen. Demzufolge wurde das Profil vor allem daraufhin ausgelegt, eine gute Wasserverdrängung zu erreichen. Die gilt vor allem für den Vorderradreifen. „In der Laufflächenmitte weist der Hinterradreifen keinen so hohen Anteil an Negativprofil auf wie der Vorderradreifen, denn bei Fahrten auf nassen Fahrbahnen hat der vordere Reifen das auf der Straße stehende Wasser meist bereits zum größten Teil verdrängt“, führt Ochsenreither weiter aus. Außerdem beuge das gewählte Profildesign einer unregelmäßigen Abnutzung vor, während der „sportlicheren Kontur“ des Vorderradreifens im Vergleich zu der des konventionellen „Pilot Road“ ein Plus in Sachen Handlichkeit zugesprochen wird. Damit verbindet der Hersteller dynamischere und reaktivere Schräglagenwechsel bei gleichzeitig optimaler Stabilität.

Erstmals will Michelin in diesem Jahr das neue Produkt übrigens auch dem Handel im Rahmen zweier Veranstaltungen präsentieren. Jeweils 50 Motorradreifenvermarkter sollen in den Süden der Republik (Kempten) und in den Norden (Paderborn) eingeladen werden, damit sie sich auf dem Gelände eines ADAC-Fahrsicherheitszentrums und bei einer gemeinsamen Tour im Umland selbst ein Bild von den Qualitäten der „Pilot Road 2“ machen können. Stéphane Schröder ist sich jedenfalls sicher, dass die „2CT“-Technologie in dem Sporttouringreifen ebenso gut ankommt wie bei dem sportlicheren Duo aus „Pilot Power“ und „Pilot Power 2CT“. Seinen Angaben zufolge verteilen sich die Absätze bei diesen Pneus etwa 60 zu 40 zugunsten des Reifens ohne Zweikomponentenmischung in der Lauffläche. „Damit hat sich das Verhältnis im vergangenen Jahr allerdings in Richtung ‚2CT‘-Version verschoben, denn vorher kam diese Variante nur auf etwa 30 Prozent Absatzanteil bezogen auf alle ‚Pilot-Power‘-Verkäufe. Anfangs erwarten wir eine ähnliche Verteilung von 70 zu 30 zwischen ‚Pilot Road‘ und ‚Pilot Road 2‘“, sagt Schröder. Wie sich das Ganze dann weiterentwickelt, wird man sehen.

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