KBA-Ermittlungen stehen vor dem Abschluss

Seit weit über einem Jahr machen immer wieder Meldungen zu defekten Transporterreifen die Runde in der Branche. Oftmals, so wird von verschiedenen Seiten berichtet, seien eben nicht an die Geschwindigkeit bzw. den Fülldruck der Reifen angepasste so genannte Snap-in-Ventile verantwortlich für die Pannen. Der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) warnte seine Mitglieder in diesem Zusammenhang bereits im August 2005 eindringlich davor, entsprechende Ventile bei der Montage von Lkw- und Llkw-Reifen zu verwenden. Stattdessen, so die Empfehlung des Verbandes, sollten Schraubventile aus Metall verwendet werden. Das Bundesverkehrsministerium hat in der Zwischenzeit zwar die „Ventilproblematik“ in seinem Amtsblatt, dem „Verkehrsblatt“ (siehe unten), beschrieben. Der BRV betrachtet es dennoch als „skandalös“, dass das ermittelnde Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in all den Monaten nicht in der Lage war, Untersuchungsergebnisse vorzulegen.

Prüforganisationen wie die Dekra haben bereits seit Anfang 2005 bei Transportern des Öfteren defekte Gummiventile registriert, die zum Ausfall des Reifens geführt haben. Wie das Bundesverkehrsministerium in seinem offiziellen Amtsblatt „Verkehrsblatt“ vom 15. August 2006 mitteilt (Ausgabe 15/2006), treten Ventilschäden bei besagten Fahrzeugen etwa zehn Mal so häufig auf wie zuvor. „Als mögliche Fehlerursache ist sowohl das Gummiventil vom Typ TR414, das von vielen Herstellern als Erstausrüstung eingesetzt wird, als auch die Felgenform der Kleinlastwagen ins Visier geraten“, heißt es im Verkehrsblatt weiter, wenn auch nur im nicht-amtlichen Teil der Veröffentlichung. Gleichzeitig verweist das Ministerium darauf, dass das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) bereits gegen die vermeintlich zu schwachen Snap-in-Ventile ermittelt, und das seit Anfang des Jahres. Anstatt aber die eigene Behörde zu einem Untersuchungsergebnis in Sachen Druckverlust bei Transporterreifen als Unfallursache zu drängen, beschwert sich der BRV, beschränke sich das Ministerium in seiner Veröffentlichung darauf, die BRV-Empfehlungen zum Gebrauch von Schraubventilen aus Metall zu wiederholen.

Das Kraftfahrt-Bundesamt hingegen ist in der insbesondere in Deutschland hitzigen Debatte um defekte Transporterreifen bzw. Snap-in-Ventile um Sachlichkeit in der Diskussion bemüht. Dass der BRV dem KBA „skandalöses“ Verhalten vorwirft, habe man in Flensburg zwar zur Kenntnis genommen, sagt Klaus Pietsch. Der beim KBA für Produktsicherheit Verantwortliche will den Vorwurf allerdings nicht öffentlich diskutieren oder kommentieren, dies kläre man direkt mit dem BRV. Auch zu den laufenden Ermittlungen der Behörde möchte Pietsch im Moment nichts sagen, außer dass derzeit die „letzten klärenden Gespräche“ mit den Betroffenen der Branche stattfinden.

Für das erste Quartal des kommenden Jahres kündigt der KBA-Mitarbeiter die Durchführung einer Gesprächsrunde mit Verantwortlichen aus der Automobilbranche, von Ventilherstellern sowie dem BRV und involvierten Fachmedien an. Während dieser Veranstaltung, so die Hoffnung des KBA, solle abschließend über einen etwaigen Handlungsbedarf diskutiert und gegebenenfalls beschlossen werden, welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Sollte dabei herauskommen, dass die in Deutschland so intensiv geführte Diskussion – und aus dem europäischen Ausland ist diesbezüglich nichts zu hören – nicht mehr als ein „Sturm im Wasserglas“ gewesen ist, sei dies schließlich auch ein Ergebnis, betont Klaus Pietsch weiter. Sollte dabei indes mehr herauskommen, werde das Amt auch entsprechende Maßnahmen einleiten. Gegenwärtig möchte der KBA-Verantwortliche aber dennoch nicht über den Stand der laufenden Untersuchung sprechen, dies werde Anfang des kommenden Jahres geschehen. Da man derzeit eben ein laufendes Verfahren habe, gebe man – wie in anderen Fällen auch – keine Informationen an die Öffentlichkeit ab, da diese zu einem zu frühen Zeitpunkt noch nicht ausreichend fundiert seien.

Vonseiten der Fahrzeughersteller, die diese Snap-in-Ventile bereits in der Erstausrüstung verbauen, würden etwaige sicherheitsrelevante Probleme mit diesen Produkten entweder abgestritten oder heruntergespielt, schrieb das Magazin „Auto Service Praxis“ bereits im vergangenen Herbst. Daran habe sich bisher kaum etwas geändert. Ob es sich bei den beanstandeten Ventilen allerdings immer um Ventile handelt, die bereits ab Werk in der Bohrung stecken, ist nicht belegt. Es sei ebenfalls denkbar, so ist gelegentlich zu hören, dass entsprechende Ventile erst beim Reifenwechsel eingezogen wurden. Und in diesem Zusammenhang drängt sich die Frage auf, inwieweit der Einbau mit etwaigen späteren Schäden am Snap-in-Ventil in Verbindung zu bringen ist. Eine genaue Untersuchung der belegten Fälle dürfte hier nähere Erkenntnisse bringen. Erkenntnisse auch darüber, inwieweit die Branche hier wirklich vor einem Problem steht, welches Ausmaß das Problem genau hat, wer dafür im Zweifel verantwortlich gemacht werden kann und wie ein etwaiges Problem künftig gelöst werden kann.

Laut BRV-Geschäftsführer Hans-Jürgen Drechsler bestehe in jedem Fall ein Problem. Es sei schlicht „eine Frage der Produkthaftung“ gegenüber Endverbrauchern, die die Hersteller von Transportern und Kleinlastern dazu bringen müsste, Schraubventile aus Metall anstelle von Snap-in-Ventilen aus Gummi zu verwenden. Nach Informationen des Bundesverbands Reifenhandel gebe es „Hunderte von Fällen“, bei denen der Ausfall eines Reifens höchstwahrscheinlich auf den Gebrauch eines Snap-in-Ventils zurückzuführen sei. Dies hätten die Mitglieder des BRV berichtet, so Drechsler auf Nachfrage der NEUE REIFENZEITUNG. Über etwaige Unfälle, die nachweislich durch schadhafte Gummiventile verursacht wurden, weiß man hingegen in Bonn nichts. Der BRV-Geschäftsführer weist darüber hinaus auf eine mögliche hohe Dunkelziffer hin. Fahrer von Transportern und Kleinlastern wie auch Monteure im Handel würden einen platten Reifen sicherlich oft austauschen, ohne die wahre Ursache des Ausfalls zu untersuchen. Die erste Vermutung eines Fahrers oder Monteurs dürfte sich mit einem defekten Reifen befassen, nicht mit einem defekten Ventil.

Zumindest im deutschen Reifenhandel sollte sich das vermeintliche Problem seither allerdings herumgesprochen haben, so dass die wahre Ursache eines ausgefallenen Reifens immer öfter auch erkannt wird. Dass dennoch das Kraftfahrt-Bundesamt bisher nicht in der Lage war, erste Untersuchungsergebnisse in dieser Angelegenheit vorzulegen, erhitzt die Gemüter beim BRV seit einiger Zeit. „Die ermitteln seit über einem Jahr“, betont Drechsler und haben bis heute nichts veröffentlicht. Beim BRV wisse man offiziell nicht, was die Behörde eigentlich bisher genau unternommen hat, um das „existente Problem“ zu lösen. Dies sei in der Tat „skandalös“, wiederholt er seine Kritik aus dem BRV-Verbandsmitteilungen „Trends & Facts“ vom November 2006 (S. 37). Der Reifenhandel könne im Übrigen kein Interesse an einem zusätzlichen Umsatz haben, der durch defekte Snap-in-Ventile beschert wird. In Bonn wisse man bereits von Transporterflotten, bei den alle Gummiventile durch Schraubventile aus Metall ausgetauscht wurden, um etwaigen Ausfällen vorzubeugen.

Nach Einschätzung des Bundesverbandes Reifenhandel entstehen die besagten Schäden an Snap-in-Ventilen beim Einziehen per Hebel. Da die Ventillochdurchmesser der im Transporterbereich vielfach eingesetzten Stahlscheibenräder 6Jx16 Zoll oftmals an der unteren Toleranzgrenze liegen, komme es bei der Montage der Reifenventile gelegentlich zu einer Überdehnung. Dies könne zum Anriss des Ventilfußes führen, was den plötzlichen Reifendruckabfall erklären würde.

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