Continental spricht auch mit Amtel über mögliche Kooperation

Der russische Reifenhersteller Amtel-Vredestein bestätigte heute, man spreche derzeit mit der Continental AG über „mögliche Kooperationsfelder in Russland“. Diese „Diskussionen“ befänden sich allerdings in einem frühen Stadium und es sei derzeit nicht sicher, ob oder ob die Gespräche zu einer Übereinkunft führten, heißt es dazu vonseiten des russischen Herstellers, der im April 2005 Vredestein übernommen hatte. Amtel-Vredestein wollte indes einen russischen Zeitungsbericht nicht inhaltlich kommentieren, wonach sich der deutsche Reifenhersteller gegenwärtig sogar in Gesprächen mit Amtel-Vredestein befände, um dort Mehrheitsanteile zu übernehmen. Auf Anfrage der NEUE REIFENZEITUNG hat ein Sprecher des Continental-Konzerns bestätigt, dass es Gespräche mit Amtel-Vredestein gibt bzw. gegeben hat.

Die Gerüchteküche kochte über, nachdem die renommierte russische Tageszeitung Kommersant einen Bericht veröffentlichte. Danach werde „Amtel-Vredestein wahrscheinlich im Frühjahr die Mehrheitsanteile an die deutsche Continental AG verkaufen“. Der Deal wäre geeignet, so die Zeitung weiter, den finanziell unter Druck stehenden russischen Reifenhersteller zu stützen. Aufs ganze Jahr gesehen erwartet das Amtel-Management einen Umsatz von etwa 800 Millionen US-Dollar, ein EBITDA in Höhe von hundert Millionen Dollar sowie einen Verlust (net loss) in Höhe von zehn bis zwölf Millionen Dollar. Schulden in Höhe von knapp 600 Millionen Dollar belasteten Amtel-Vredesteins Ergebnisse zunehmend; Kommersant sieht den Reifenhersteller sogar in der „Schuldenfalle“. In 2006 sollen insgesamt 12,3 Millionen Pkw-Reifen in Enschede, Kirov und Voronezh hergestellt werden.

Durch einen entsprechende Übernahme könnte Continental auch zum größten Erstausrüstungspartner für Volkswagens neue Produktionsstätte in Russland aufsteigen. Europas größter Autobauer richtet derzeit ein neues Montagewerk südlich von Moskau ein, in dem demnächst rund 250.000 Automobile pro Jahr gefertigt werden sollen.

Kommersant beruft sich bei der Berichterstattung auf Quellen aus dem näheren Amtel-Vredestein-Umfeld. Die Verhandlungspartner, also Manager des Reifenherstellers, der größten Anteilseigner sowie der deutschen Interessenten hätten bei den Verhandlungen „die letzte Stufe“ erreicht, so die Quelle. Im Oktober sowie im November habe eine Continental-Delegation die Amtel-Reifenfabriken in Russland inspiziert. Im Anschluss sei eine Delegation aus Russland zu einwöchigen Verhandlungen in Hannover erschienen.

Kommersant ist der Ansicht, Continental könnte die Mehrheit an Amtel-Vredestein für 96 bis 110 Millionen Dollar erlangen. Zu diesen und anderen Details einer etwaigen Kooperation oder Übernahme will Continental-Sprecher Hannes Boekhoff indes nichts sagen. Er bestätigte zwar, dass es Gespräche gibt bzw. gegeben hat, schließlich habe dies der russische Gesprächspartner offiziell ebenfalls bestätigt. Im gleichen Atemzug verweist Boekhoff allerdings darauf, dass Continental derzeit „sehr stark“ nach Kooperationspartnern und Übernahmeobjekten sucht, wie allseits bekannt, und relativiert somit den Inhalt der Meldungen aus Russland. Zu etwaigen Gesprächsinhalten wolle man in Hannover indes nichts sagen. Darüber hinaus gebe es keine inhaltliche Verbindung zwischen diesen Gesprächen und denjenigen, die Continental derzeit mit Matador über eine Übernahme führt.

Laut Kommersant habe Alexey Gurin, einflussreicher Generaldirektor von Amtel-Vredestein und ebenfalls Anteilseigner, die Gerüchte auf Anfrage weder dementiert noch bestätigt. Es sei aber davon auszugehen, dass ein entsprechender Deal, wenn er denn im kommenden Frühjahr stattfinden werde, nur die zwei Reifenfabriken in Russland, die Vredestein-Fabrik in Holland sowie die Rechte an den Marken betreffen werde. Die Reifenhandelskette AV-TO sowie das Chemiewerk Amtel-Kuzbass seien hingegen nicht von Interesse für die Continental AG. Erst in der vergangenen Woche hatte Amtel-Vredestein in Russland angekündigt, man wolle das Amtel-Kuzbass-Werk veräußern, was Kommersant als weiteren Hinweis für die Übernahmepläne wertet.

Amtel-Vredestein stellte unterdessen eine Bekanntgabe in Aussicht, mit der weitere Details zu den Verhandlungen genannt werden sollen. Die wichtigsten Anteilseigner derzeit sind Firmengründer Sudhir Gupta, der rund 30 Prozent hält, sowie die Private-Equity-Firmen Alfa Group (Russland; 25 %) und Temasek Holdings (Singapur; 10 %). Untersuchungen der NEUE REIFENZEITUNG zufolge hält Amtel-Vredestein gegenwärtig eine Marktanteil von 17 Prozent auf dem russischen Reifenmarkt; bei Pkw-Reifen hält der Hersteller sogar einen Anteil von 20 Prozent und ist somit hinter Sibur-Russian Tyres (22 %) zweitwichtigster Hersteller in diesem Wachstumsmarkt. Die Continental hingegen hält derzeit in Russland rund zwei Prozent Marktanteil und bei Pkw-Reifen drei Prozent.

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