Russischer Markt gewinnt an Reifen

Ein Blick auf die Ausstellerliste der Tires & Rubber in Moskau reicht nicht aus um festzulegen, ob es sich bei der mittlerweile zum neunten Mal stattfindenden Messe um eine Industrie- oder um eine Händlerveranstaltung handelt. Neben zahlreichen Material- und Maschinen- bzw. Ausrüstungslieferanten scheint auch der Reifenhandel in diesem Jahr stärker vertreten gewesen zu sein als in 2005. Dies betrifft russische wie auch europäische Unternehmen.

So hat in diesem Jahr etwa Van Den Ban Autobanden – einer der führenden europäischen Reifengroßhändler aus Holland – erstmals die Moskauer Reifenmesse genutzt, um das eigene Unternehmen zu präsentieren und den Markt zu sondieren. „Zunächst einmal wollen wir uns und unsere Produkte hier präsentieren“, sagt Commercial Manager Cyril Versteeg im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG. Man habe zwar bereits früher gelegentliche geschäftliche Aktivitäten in Russland gehabt, nur habe sich Van Den Ban hauptsächlich auf die Märkte im Osten der jüngst erweiterten Europäischen Union konzentriert. „Diese Märkte sind viel zugänglicher“, so Versteeg, und man habe am Sitz des Unternehmens im holländischen Hellevoetsluis Kollegen, die die Sprachen der entsprechenden Länder beherrschten.

Dennoch, bei Van Den Ban ist man durchaus zuversichtlich, dass auch Russland bald zu den Märkten gehören wird, in denen eine Nachfrage nach den Eigenmarken des Großhändlers und den verfügbaren Premiummarken entsteht. „Wir können auch in Russland erfolgreich sein“, ist sich der Commercial Manager sicher. „Es ist nicht schwierig, aber es braucht seine Zeit, um in Russland Fuß zu fassen.“ Bevor Van Den Ban Autobanden aber auch in Russland erfolgreich präsent ist, müsse der Markt genau sondiert werden. So wisse man derzeit etwa noch nicht genau, welche Produkte den besten Marktzugang schaffen könnten. Sind dies die Premiumreifen aller namhaften internationalen Hersteller, die Van Den Ban liefern kann. Oder sind dies eher die zahlreichen Eigenmarken, mit denen der holländische Reifengroßhändler nicht nur Qualität liefere, sondern eben auch gute Verdienstmöglichkeiten. Darüber hinaus biete Van Den Ban nicht nur hochwertige Eigenmarken wie etwa Clear, Flamingo oder Novex, sondern auch Unterstützung bei der Absatzförderung, so Cyril Versteeg. Potenzielle Kunden in Russland seien dabei „Händler mit einer nennenswerte Größe“. Diese seien hauptsächlich in den großen Metropolen des Landes ansässig; dort operiere man oft schon auf westlichem Niveau. Die ersten Eindrücke jedenfalls, die der holländische Reifengroßhändler aus seinem Messeauftritt in Moskau sammeln konnte, seien durchaus positiv gewesen, sagt der Commercial Manager, positiv in Bezug auf mögliche Absätze, aber auch in Bezug auf potenzielle neue Lieferanten.

Wie auch andere Großhändler aus Holland, Belgien oder Deutschland, so gingen auch Vertreter der Xarello Trading Ltd. auf der Tires & Rubber in Moskau den eigenen Handelsaktivitäten nach – allerdings nicht als Aussteller. Das Großhandelsunternehmen wurde erst im vergangenen Jahr durch Igor Degtyarev und dessen Bruder Yuri gegründet. Igor Degtyarev kennt die Reifenbranche seit einigen Jahren, ist gelernter Automationsingenieur und war früher Supply Manager bei Amtel, einem der größten Reifenhersteller Russlands; er hat sogar eine Zeit lang für Siemens gearbeitet. Das derzeit im Aufbau befindliche Unternehmen hat ein Lager im polnischen Danzig, über das man die osteuropäischen Märkte mit Reifen versorgt. Dabei vertreibt die Xarello Trading Ltd., die ihren Firmensitz in Zypern hat, derzeit ausschließlich Reifen des russischen Herstellers Sibur; in Polen habe man sogar den Status eines „Generalimporteurs“, so Igor Degtyarev. Xarello dürfe die Sibur-Reifen allerdings nicht in Russland vertreiben, sondern nur auf Exportmärkten. Die Ware bezieht das Unternehmen durch eine Tochtergesellschaft des Gazprom-Konzerns, der so genannten „Gazexport“, die das Exportgeschäft aller zum Konzern gehörenden Produkte und Rohstoffe unter sich hat, somit auch den Export von Reifen koordiniert (Sibur gehört mehrheitlich zum Gazprom-Konzern). Derzeit übernimmt allerdings gerade die neugegründete Reifenholding Sibur-Russian Tires das gesamte operative Reifengeschäft, wozu auch der Export gehört – Xarello wickelt seine Geschäfte künftig also direkt mit dem Hersteller und nicht mehr über Gazexport ab (siehe hierzu separaten Beitrag in dieser Ausgabe).

„Wir wollen jetzt unseren Absatz in Westeuropa verbessern“, sagt Igor Degtyarev, der dort bisher nur vereinzelt Kunden beliefert. Derzeit machten zwar Nutzfahrzeug- und Landwirtschafts- bzw. Forstreifen den Löwenanteil des Absatzes aus, den Xarello mit Kunden in Osteuropa, Lateinamerika und auch Afrika macht. Im Laufe des Sommers werde aber die neue Pkw-Reifenmarke „Cordiant“ für den Export verfügbar sein, so der junge Unternehmensgründer. Der Sibur-Konzern hatte die neue Marke im vergangenen Sommer auf Zypern erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt (die NEUE REIFENZEITUNG berichtete). Man hoffe, dass Cordiant den hohen Ansprüchen westlicher Endverbraucher genügen werde. Darüber hinaus werde auch die neue Sibur-Lkw-Reifenmarke „Tyrex“ demnächst für Kunden in ganz Europa verfügbar sein. Dabei ist man bei Xarello von der Wettbewerbsfähigkeit der Sibur-Produkte auf westeuropäischen Märkten überzeugt.

Derzeit seien die Produkte des russischen Herstellers Sibur, der insbesondere bei Nutzfahrzeugreifen seit jeher die Marktführung in Russland für sich reklamiert, kaum außerhalb der Landesgrenzen bekannt. So gingen beispielsweise nur rund zehn Prozent der 13,4 Millionen gefertigten Einheiten des Konzerns in den Export, und davon blieben die meisten in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion und des Ostblocks. Um dies künftig zu seinen Gunsten zu ändern, so Igor Degtyarev, seien auch gemeinsame Marketingaktivitäten in Westeuropa vorgesehen – man will sich eine Nachfrage unter den Einzel- und Großhändlern schaffen.

Dass der russische Reifenmarkt mehr und mehr die Reife westlicher Märkte annimmt, zeigt sich auch der zunehmenden Verbreitung exklusiver bzw. Generalimporteure westlicher und auch fernöstlicher Marken. So besteht etwa seit Ende 2004 das Handelsunternehmen Ronex mit Sitz in Moskau, das als Exklusivdistributeur der Nexen Tire Corp. In Russland fungiert und darüber hinaus auch in der Ukraine die Reifen des koreanischen Herstellers vertreibt. Neben der Erstmarke gehört auch die Zweitmarke Roadstone zum Portfolio des Moskauer Handelshauses, erläutert Yriy Ganagov. Insgesamt könne man den Kunden derzeit über 500 verschiedene Größen und Modelle im Pkw- und Llkw-Segment bieten. Im vergangenen Sommer, nachdem das Geschäft langsam ins Laufen geriet, konnte Ronex gleich mit zwei weiteren Herstellern Lieferverträge für den russischen Markt abschließen. Seitdem gehören auch Lkw-Reifen von Kyoto Japan (chinesische Produktion) sowie von Shandong Chengshan zum Produktportfolio des Importeurs. Jährlich, so die Angabe Ganagovs, werden rund 300.000 Reifen von Ronex vertrieben, an denen die Marke Nexen den mit Abstand größten Angrößten Anteil hat.

Dass man sich bei Ronex damit nicht zufrieden gibt, zeige auch der erstmalige Auftritt auf der Moskauer Reifenmesse Tires & Rubber Mitte März. Es sei darum gegangen, die Marke Nexen unter dem russischen Fachpublikum bekannter zu machen. Der erste Eindruck schien sich während der Messe zu bestätigen. Ronex war nicht nur mit einem großen, ganz in der Nexen-Farbe lila gehaltenen Stand, sondern auch mit zahlreichen präsentierten, neuen Produkten sowie spärlich bekleideter Messehostessen die Aufmerksamkeit aller Messebesucher sicher. Folglich zufrieden zeigte sich demnach auch Yriy Ganagov mit dem Verlauf der Messe. Parallel zu solchen Aktivitäten sei Ronex auch das Marketing des koreanischen Herstellers in Russland verantwortlich. Zu den jetzt direkt anstehenden Pläne gehöre aber auch die Einführung von Landwirtschaftsreifen auf dem russischen Markt; damit sei das Produktportfolio beinahe abgerundet.

Zu den bereits etablierten Handelsunternehmen in Russland gehört mit Sicherheit die Rimeks-Gruppe. Das Unternehmen mit seinen verschiedenen Aktivitäten im Reifen- und Felgenbereich gehört zu den größten der Branche in der Ural-Region. Zunächst einmal gehört das Großhandelsgeschäft „Rimeks Trade“ zur Gruppe mit Sitz in Ekaterinburg. Dabei werden neben Reifen (Pkw sowie Lkw) und Rädern russischer Hersteller auch namhafte Marken westlicher Unternehmen vertrieben, so etwa Michelin, Bridgestone, Goodyear, Continental, Pirelli, etc; die namhafteste Rädermarke im Programm ist Alessio. Das Großhandelsgeschäft ist regional aufgestellt und operiert aus einem 18.000 Quadratmeter großen Zentrallager. Daneben betreibt Rimeks zwei Außenstellen in Perm und Tyumen; an diesen insgesamt drei Standorten betreibt das Unternehmen auch mehrere eigene Einzelhandelsbetriebe.

Ein weiteres wesentliches Standbei der Rimeks-Gruppe ist das eigene „Partner-Programm“. Derzeit sind 42 Reifenhandelsbetriebe der Ural-Region Partner des Großhandelsbetriebes. Diese Partnerschaft zwischen unternehmergeführten Betrieben und Rimeks funktioniert nach dem Motto: „Betreiben Sie Ihr eigenes Geschäft, aber nicht allein.“ Neben dem Rimeks-Logo, mit dem im Ural ein guter Ruf verbunden werde, helfe man den Partnerbetrieben etwa in Finanzierungsfragen (Bürgschaften), bei der Logistik, im Marketing oder bei der Fortbildung der Mitarbeiter. Neben dem Handelgeschäft mir Reifen und Rädern gehören noch zehn Kfz-Werkstätten, ein kleineres Transportunternehmen sowie ein Subaru-Autohaus.

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