Michelin will Risiken in der Lkw-Erstausrüstung verringern

Im Bereich Nutzfahrzeugreifen ist Michelin klarer Marktführer. Diese Position hat sich Michelin hart erarbeitet, baut sie aber auch weiter aus, anstatt sie „nur“ zu verteidigen. Das ist möglich, weil Michelin mit Lkw-Reifen mehr Geld verdient als alle Wettbewerber. Michelin produziere, so Dr. Klaus Neb (Direktor Vertrieb und Leiter des Geschäftsbereiches Nutzfahrzeug-Reifen im deutschsprachigen Raum), derzeit an der Kapazitätsgrenze. Zum Konzernumsatz tragen Lkw-Reifen aktuell 25 Prozent bei, zur operativen Marge 45 Prozent. Michelin kann für seine Nfz-Reifen – jedenfalls im Ersatzgeschäft – bessere Preise erzielen als jeder Wettbewerber. Seit dem ersten Quartal 2000 hat Michelin nach eigenen Berechnungen bei den Verkäufen doppelt soviel zugelegt wie der Markt, die Marge ist im Nutzfahrzeugsektor von bereits hervorragenden 8,9 Prozent auf 14 Prozent gewachsen.

Michelin will diesen Status nicht nur halten, sondern ausbauen. Um zu vermitteln, wie das gehen soll, hatte Michelin zur IAA Nutzfahrzeuge eigens eine Pressekonferenz arrangiert; die strategische Neuausrichtung in diesem Segment sollte präsentiert werden, an der das Unternehmen seit knapp zwei Jahren arbeitet. Eine neue Strategie, wo doch Michelin klarer Marktführer ist und weiter auf einer Erfolgswelle schwimmt? Macht man da nicht alles richtig, wenigstens besser als der Wettbewerb? Eine Antwort gibt Klaus Neb im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG indirekt: Sein Unternehmen nehme sehr wohl die Wettbewerber sehr ernst, sehe deren Fortschritte, die Wettbewerber könnten tatsächlich in drei, vier Jahren dort sein, wo Michelin heute ist. Will man also den Vorsprung halten, so müsse man sich weiterentwickeln. Michelin will in drei, vier Jahren deutlich besser sein als heute, dafür braucht es neue Rezepte, eine deutliche Justierung der Strategie, mag sie bislang auch äußerst erfolgreich gewesen sein.

Im Rahmen der IAA hat Philippe Verneuil, Executive Vice President und Chief Operating Officer Truck Tires Europe bei Michelin, denn auch gegenüber dieser Zeitschrift erklärt, man wolle zwar weiterhin stärkster Erstausrüster bei Lkw-Reifen bleiben, möchte aber nicht mehr nahezu Exklusivstatus bei einigen Fahrzeugherstellern haben. Als Grund nannte er konjunkturelle Schwankungen der Branche: Gehe es den Nutzfahrzeugherstellern wie aktuell blendend, würden auch die Reifenlieferungen in die Erstausrüstung stark anziehen und fehlten Michelin die Reifen für das (margenträchtigere, d. Red.) Ersatzgeschäft.

Hauptaugenmerk gelte, so Verneuil, drei Aspekten: der Sicherheit, der Produktivität und der Umwelt, wobei sich die Mitarbeiter des Unternehmens streng an die Firmendevise halten: keine Kompromisse machen. Das heißt: In zwei der drei Parameter zu Lasten des dritten besser werden verbietet sich. Schlüssel ist dabei bekanntlich für Michelin die Güte der Karkasse, die – so der Chef Lkw-Reifen Europa – gut sind, um dreimal die Distanz zwischen Erde und Mond zurückzulegen. Michelin verkauft im Lkw-Bereich keine Reifen, sondern Lösungen. Das Unternehmen kümmert sich täglich um mehr als 250.000 (!) Nutzfahrzeuge, arrangiert 11.500 Trainingstage jährlich für Kunden.

Und Michelin ist weltweit aufgestellt. Auf dem Radialreifenmarkt für Lkw weltweit sieht sich die Nummer Eins bei Lkw-Reifen so stark wie die Nummer 2 und 3 zusammen, dennoch wird weiter investiert: in Osteuropa 40 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren, in Brasilien 55 Millionen in die Fertigungskapazität, in Indien 70 Millionen in eine völlig neue Fabrik und in China 45 Millionen Euro jährlich. Auch in Westeuropa und Nordamerika wird weiter viel Geld ausgegeben, um Hightech-Lkw-Reifen zu fertigen und die Produktivität zu steigern. Auch diese Zahlen nannte Philippe Verneuil im Rahmen der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover.

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