Was alles geht, im Gelände…

Es gibt einige Trends auf dem deutschen Reifenmarkt, die die Hersteller frohlocken lassen. So etwa die wachsende Nachfrage nach Winterreifen, nach High Performance-Reifen, und eben nach geländetauglichen Reifen. Das Marktsegment der so genannten SUV-, Offroad- oder 4×4-Reifen hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt und verspricht in Zukunft noch weiter wachsende Absatzchancen. Die Continental AG ist mit ihrer Tochter General Tire sowie den eigenen Produkten der Hauptmarke bereits gut auf diesem begehrten Markt vertreten. In Zukunft will der Hannoveraner Reifenhersteller das Thema Offroadfahren und seine Produkte noch stärker in die Öffentlichkeit transportieren. Ein erster Schritt in diese Richtung fand nun auf dem BAM-Versuchsgelände in Horstwalde südlich von Berlin statt.

Während 1999 lediglich 595.000 Offroad-Reifen auf dem deutschen Ersatzmarkt verkauft wurden, waren dies im vergangenen Jahr über eine Million. Für das laufende Jahr, so schätzt der Bundesverband Reifenhandel, sollen die Endverbraucher sogar 1,112 Millionen dieser Reifen in Deutschland kaufen – das ist immerhin eine Steigerung von 87 Prozent gegenüber 1999. In Branchenkreisen wird allgemein davon ausgegangen, dass dieses starke Wachstum auch in den kommenden Jahren in Deutschland und Europa anhält.

Dass in dem hiesigen Markt noch großes Potenzial steckt, scheint sich bereits durch einen Blick auf den amerikanischen Automobilmarkt bestätigen zu lassen. In den USA sind SUVs und Pick-up-Trucks aus dem Straßenbild nicht wegzudenken. In Deutschland ist dieser entsprechende Markt zwar noch lange nicht so stark ausgeprägt wie der amerikanische. Mit 1,8 Prozent nehmen die Geländewagen auf dem deutschen Pkw-Markt nur eine Randstellung ein. Dafür konnten die Statistiker des Kraftfahrt-Bundesamtes zum 1. Januar in diesem Segment mit einem Plus von 11,9 Prozent die zweithöchsten jährlichen Zuwachsraten verzeichnen. Lediglich die Gruppe der Vans wuchs mit 20,2 noch stärker an.

Starke Zuwachsraten bei den Fahrzeugen versprechen auch starke Zuwachsraten bei der Nachfrage nach Reifen. Diesem trägt auch die Continental AG seit einigen Jahren Rechnung. Hatte der Hannoveraner Konzern mit seiner amerikanischen Tochter General Tire bis in die späten 1990er Jahre hinein ein starkes Standbein in der Offroad-Szene, so begann der Hersteller dann auch bald unter seiner Premiummarke Reifen dieses Segments auf den Markt zu bringen, wobei die grobstolligen MT-Reifen, die für den Einsatz in ganz schwerem Gelände ausgelegt sind, immer noch General Tire vorbehalten sind. Dennoch: Insgesamt decke die Produktpalette aus dem Hause Continental einen Großteil des heutigen Marktes ab, so Klaus Engelhart. Neben den beiden oben genannten Marken vertreibt die Continental AG seit Anfang dieses Jahres spezielle Regenreifen für das SUV-Segment: Uniroyal rallye 4×4.

Um insgesamt diese Produkte im Vergleich miteinander präsentieren zu können, hat die Continental im Oktober gemeinsam mit dem koreanischen Autohersteller Hyundai einen Workshop „Offroad-Fahren“ auf Deutschlands größtem Offroad-Gelände in Horstwalde organisiert. „Wir wollten mit unserem Partner Hyundai einmal zeigen, wozu unterschiedliche Reifenkonzepte in der Lage sind“, so Klaus Engelhart. Continental ist bei Hyundai zwar nicht in der Erstausrüstung im Bereich Offroad-Fahrzeuge. Dafür sind beide Unternehmen aber jeweils in ihrer Branche Exklusivsponsoren der kommenden Fußballweltmeisterschaft in Deutschland – Sport verbindet. Das Offroad-Gelände in Horstwalde (Brandenburg) südlich von Berlin dient übrigens eigentlich der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) als Freiversuchsgelände. Inmitten eines 600 Hektar großen Mischwaldes verbirgt sich aber auch das größte Offroad-Gelände Deutschlands, auf dem die unterschiedlichsten Anlagen und Geländetypen zur Verfügung stehen.

Contis Produktportfolio im Offroad-Marktsegment kann mittlerweile als weitest gehend abgeschlossen betrachtet werden. In den vergangenen Jahren war die Diversifizierung der Reifen entsprechend ihrer jeweiligen Einsatzgebiete sicherlich das wesentliche Merkmal des Offroad-Reifenmarktes; dieser Diversifizierung ist auch Continental mit seinen Produkten gefolgt. Während es eben vor gut fünf Jahren gerade erst losging, gehören heute neben den Profilen der Marken Uniroyal und General Tire insgesamt sieben Modelle zur Contis Offroad­/4×4-Reifenfamilie. Neben dem neuen CrossContact AT (steht für All Terrain) mit Profilen für den On- und den Offroadbetrieb umfasst die Lieferpalette noch den 4x4Contact (Straße und leichtes Gelände), 4x4SportContact (SUVs im Straßeneinsatz), CrossContact UHP (leistungsstarke SUVs im Straßeneinsatz), CrossContact LX, ContiTrac SUV (Straße und leichtes Gelände) sowie den 4x4WinterContact. Dabei hat sich insbesondere die so genannte „Spaßfraktion“ in der jüngsten Vergangenheit stark entwickelt, so Klaus Engelhart im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG. Dazu zählt der Mitarbeiter der Öffentlichkeitsarbeit der Continental AG mit Verantwortung für die Reifenmarken Continental, Semperit und Barum geländetaugliche Straßenfahrzeuge bis hinauf zum Porsche Cayenne oder dem VW Touareg, den man im freien Gelände abseits befestigter Wege wohl kaum begegnen dürfte. Vor einigen Jahren hat es dieses Marktsegment so noch kaum gegeben. Darin liege aber mit Sicherheit die Zukunft im Fahrzeugmarkt, die auch immer größere Räder und Reifen nötig machen. Bereits jetzt bietet Continental Reifen bis zu einem Felgendurchmesser von 24 Zoll in Serie 35 an (CrossContact UHP). In der Dimensionsstatistik Offroad-Sommerreifen des BRV lassen sich indes nur 15 und 16 Zoll große Reifen unter den ersten 15 wiederfinden. Dennoch sei der Trend hin zu stärkeren und größeren – und somit auch höherwertigen – Dimensionen unverkennbar, so Engelhart weiter. Dieser Trend erlaube bundesweit höchstens durch unterschiedliche Einkommenssituationen gewisse Abweichungen, wobei sich diese kaum verifizieren lassen.

Dieser Trend werde allerdings nicht nur verbesserte Umsatz- und Einkommenssituationen aufseiten der Industrie mit sich bringen. Gleichzeitig werde der deutsche Reifenfachhandel ebenfalls davon profitieren, ist man sich in Hannover sicher. Dazu sollten aber im Zweifel auch entsprechende Montagemaschinen vorhanden sein, die auch das Montieren von Reifen jenseits der 18 Zoll ermöglichen. Ob sich derzeit eine solche Anschaffung lohnt, angesichts der gängigen Größen im Offroad-Segment, scheint mit Sicherheit fraglich. Dennoch dürfte es ratsam sein, bei einer eh geplanten Neuanschaffung zukünftige Absatzmöglichkeiten im Offroad-Segment zu berücksichtigen. Ansonsten stünde einem Einstieg ins Offroad-/4×4-Geschäft nichts im Wege, so Engelhart, Zusatzausbildungen für die Mitarbeiter sind dabei keine erforderlich.

Auch in Sachen Notlaufsysteme ist Contis 4×4-Reifenfamilie ‚unbelastet‘ und stellt daher keine höheren Anforderungen an die Reifenmontage im Fachhandel. Ein herkömmliches Runflat-System wie den SSR (Self-Supporting Runflat Tyre) gebe es derzeit für Offroad-Reifen bei Continental nicht. Solche Systeme machten erst unterhalb der 55er-Serie Sinn und werden darüber hinaus insgesamt in der Erstausrüstung eigentlich nicht verbaut. Das Problem der Offroad-Reifen höherer Querschnittsverhältnisse ist das große zusätzliche Gewicht, das durch die Seitenwandverstärkung den Reifen belastet. Hier können sich leichter Unwuchten und Ungleichgewichte ergeben; die Walkarbeit des Reifens sei einfach zu groß, so dass sich gleichzeitig zu hohe Temperaturen aufbauen, die den Reifen schon frühzeitig zerstören könnten. Continental arbeitet allerdings derzeit an der Entwicklung von SSR-SUV-Reifen für einen deutschen Automobilhersteller. In Hannover erwartet man die Freigabe für das kommende Jahr. Auch das zweite am Markt verfügbare Notlaufsystem, der ContiSupportRing (CSR), werde derzeit nicht in der Erstausrüstung bei Offroad-Fahrzeugen nachgefragt (lediglich Maybach verbaut derzeit den CSR in der Erstausrüstung), obwohl er sich für Reifen mit größeren Querschnitten oberhalb der 55 Prozent eignen würde. Neben dem OE-Auftrag von DaimlerChrysler für den Maybach gebe es derzeit „Verhandlungen mit mehreren Automobilherstellern über weitere Entwicklungsaufträge“ beim SupportRing.

Fahrten ins Gelände

Das größte Offroad-Gelände Deutschlands bietet den Fahrern vielerlei Möglichkeiten, die Belastungsgrenzen des Fahrzeugs und der Reifen auszutesten. So wurde etwa der Unterschied zwischen Offroad-Reifen deutlich, die vorwiegend für den Straßenbetrieb entwickelt wurden, und denen für‘s schwere Gelände; diese sind durch ihre groben Stollen speziell für schwierige Herausforderungen in unwegsamem Gelände gebaut. Der Unterschied zeigt sich deutlich bei der tiefen Schlammdurchfahrt, die ohne fremde Hilfe nur einem der Teilnehmer am Conti-Workshop „Offroad-Fahren“ in Horstwalde nur einem der erfahreneren Fahrer gelang. Auch auf den Steigungsbahnen, bei Schrägfahrten oder auf der Verwindungsstrecke zeigt sich, welche Rolle die entsprechenden Reifen spielen, in dem sie das Fahrzeug stabil in der Spur halten, den im Gelände notwendigen Kontakt zum Boden garantieren und darüber hinaus auch materielle Belastungen durch Böschungswinkel bis zu 42 Grad ohne Mühe aushalten. Dabei gewähren nicht allein die Reifen das Ausschöpfen aller Möglichkeiten im Gelände. Es ist vielmehr die Kombination aus Reifen und Fahrzeug, die dem Fahrer sportliche Höchstleistungen erlauben. In Horstwalde hatten die Teilnehmer am Workshop gleichzeitig die Gelegenheit, Hyundais 4×4-Familie näher kennen zu lernen, darunter der Terracan, der Santa Fe sowie der neue Tucson, den der koreanische Autobauer erst seit diesem September in Deutschland verkauft.

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