Höhere Preise lassen Marktvolumen steigen

In dem durch geänderte rechtliche Rahmenbedingungen und starke Konzentrations- und Kooperationstendenzen geprägten Markt für Pkw-Komponenten gewinnen die Anbieter des freien Marktes immer mehr an Bedeutung. Dies ist eine der Kernaussagen der gerade fertig gestellten etwa 1.200 Seiten umfassenden 5. Auflage der Marktstudie „Der Aftermarket für Pkw-Komponenten in Deutschland 2003/2004“ der BBE Unternehmensberatung GmbH, Köln. Um Transparenz in den differenzierten Markt zu bringen und eine realistische Einschätzung der zukünftigen Entwicklung zu geben, wurde der Aftermarket für Pkw-Komponenten, der die Produktgruppen Ersatz- und Verschleißteile, Zubehör, Reifen und Autochemie umfasst, in dieser Studie sowohl qualitativ als auch quantitativ untersucht. Dabei wurde auf die relevanten Einflussfaktoren des Marktes, Marktvolumina und Marktanteile, Strukturdaten der Distributionswege und ausgewählte Trends in Vertrieb, Handel, Management und Gesellschaft eingegangen.

Die BBE-Marktforscher ermitteln in ihrer Studie sechs zentrale Faktoren, die die zukünftige Entwicklung des Aftermarktes für Pkw-Komponenten maßgeblich beeinflussen werden:

1. Steigende Motorisierung und Wartungsverantwortung von Frauen und Senioren verändern die Anforderungen an die Reparaturbetriebe.
2. Wachsende Preissensibilität, Kaufzurückhaltung und sinkende Loyalität kennzeichnen das Kundenverhalten.
3. Die GVO-Novelle wird den Wettbewerb im Aftermarket dynamisieren. Im Zuge dessen wird es zu weiteren Zusammenschlüssen bei Kooperationen und bei Großhändlern kommen.
4. Verlängerung der Teilelebensdauer und zunehmende technische Komplexität/Elektronisierung.
5. Kürzer werdende Entwicklungszyklen der Fahrzeuge und Produktkonjunkturen von Komponenten.
6. Europäisierung/Internationalisierung des Aftermarkets.

Die BBE-Studie weist für den gesamten Aftermarket für Pkw-Komponenten in Deutschland inklusive Lohn 2002 ein Volumen von 26,17 Milliarden Euro zu Endverbraucherpreisen (ohne MwSt.) aus. Wird vom Gesamtmarktvolumen die Lohnkomponente in Höhe von 9,24 Milliarden Eure abgezogen, so verbleibt ein Materialvolumen von 16,93 Milliarden Euro zu Endverbraucherpreisen (ohne MwSt.). Das Volumen auf der Materialebene ist seit seinem Tiefststand in 1997 (15,77 Mrd.) nominal um knapp 7,3 Prozent gestiegen. Die Durchschnittsausgaben pro Pkw sind dagegen im gleichen Zeitraum um 0,5 % von 381 Euro auf 379 Euro gesunken.

Vom gesamten Materialvolumen entfallen 10,25 Milliarden Euro auf die Produktgruppe Pkw-Ersatz- und Verschleißteile, 2,19 Milliarden auf Zubehör, 2,27 Milliarden auf Pkw-Reifen und 2,22 Milliarden auf den Bereich Autochemie (inkl. Öle, Lacke, Pflegemittel).

In Zukunft werde der Markt weiter leicht wachsen, stellt die Unternehmensberatung in ihrer Studie fest. So erwarten die BBE-Marktforscher einen Anstieg des Marktvolumens auf 17,79 Milliarden Euro bis zum Jahr 2005 bzw. auf 19,18 Milliarden bis 2010.

Reparaturbedarf geht weiter zurück

Der Markt für Ersatz- und Verschleißteile hat sich seit 1997 um knapp 4 Prozent erhöht. Die jährlichen nominalen Steigerungsraten bewegen sich jedoch seit 1998 jeweils im Einprozent-Bereich, so dass von einer Marktstagnation gesprochen werden kann. Verantwortlich für diese Entwicklung ist vor allem die verlängerte Lebensdauer von Ersatz- und Verschleißteilen aufgrund verbesserter Produktqualität. Der damit verbundene Rückgang des Reparaturbedarfs ist verantwortlich für die rückläufigen Stückvolumina. Die zukünftige Entwicklung wird von gegenläufigen Tendenzen geprägt.

Auf der einen Seite ist mit einer weiteren Verbesserung der Produktqualität und sinkenden Fahrleistungen zu rechnen. Auf der anderen Seite steigt das Durchschnittsalter der Fahrzeuge, und die immer kürzer werdenden Entwicklungszyklen werden dazu führen, dass einige Komponenten erst im laufenden Fahrzeugbetrieb beim Kunden ihre Anfälligkeit zeigen. Positiv wirken sich auch Produktkonjunkturen wie z.B. bei Klimaanlagen aus, die zeitversetzt Wartungs- und Reparaturbedarf generieren. Aufgrund dessen geht die BBE-Unternehmensberatung von einem weiteren Anstieg des Marktvolumens für Ersatz- und Verschleißteile bis zum Jahr 2010 auf 11,98 Milliarden Euro aus.

Im Bereich des Zubehörs ist seit 1997 ein deutliches Marktwachstum auf 2,19 Milliarden Euro (+29 %) zu beobachten. Mitverantwortlich dafür ist in erster Linie der Boom bei den Navigationsgeräten, aber auch der starke Anstieg der Nachfrage bei den Alu-Felgen über Winterkompletträder. Die BBE-Marktforscher gehen davon aus, dass sich diese Entwicklung weiter fortsetzen wird, so dass für die Zukunft mit einem Marktwachstum auf bis zu 2,43 Milliarden Euro zu rechnen ist.

Reifen-Stückzahlen wachsen nur leicht

Das Marktvolumen im Aftermarket für Pkw-Reifen ist seit 1997 nominal um etwa elf Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum hat sich das Stückvolumen jedoch nur um etwa zwei Prozent erhöht. Der Anstieg des Marktvolumens ist daher hauptsächlich auf die im Zeitablauf gestiegenen Durchschnittspreise für Sommer- und Winterreifen, die aus der Nachfrage nach immer größeren Reifengrößen bei beiden Reifenarten resultieren, zurückzuführen. Für die Zukunft muss durch die wachsende Ausstattung der Reifen mit Notlaufeigenschaften, wie z.B. Runflats, ebenfalls mit nominal leicht steigenden Durchschnittspreisen bei Winter- und Sommerreifen gerechnet werden. Diese werden, verbunden mit einem leichten Wachstum der Stückvolumina, zu einem Anstieg des wertmäßigen Marktvolumens auf 2,46 Milliarden Euro führen, ist BBE überzeugt.

Das Marktvolumen für Autochemie einschließlich Autoreparaturlacken, Motorölen sowie Pflegemitteln und Zusätzen stagniert seit 1997 bei rund 2,2 Milliarden Euro. Auch bis zum Jahr 2010 wird das Marktvolumen nur nominal geringfügig auf 2,31 Milliarden Euro steigen.

53 Prozent des von den privaten und gewerblichen Autofahrern realisierten Marktvolumens werden im freien Markt und 47 Prozent bei den Autohäusern und Vertragswerkstätten der Automobilhersteller und -importeure umgesetzt. Die Autohäuser/Vertragswerkstätten haben in den vergangenen fünf Jahren neun Prozent Marktanteil an die Anbieter des freien Marktes verloren und damit ihre Marktführerschaft eingebüßt.

Im freien Markt dominieren die freien Werkstätten (inkl. Systemwerkstätten und Spezialisten) und der Teilefachhandel (inkl. Fachmärkte). Letzterer deckt dabei gemeinsam mit den Großbetriebsformen des Einzelhandels vor allem die Nachfrage der Do-it-yourselfer.

Bis zum Jahr 2005 sind nur leichte Marktanteilsverschiebungen zu erwarten. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Autohäuser/Vertragswerkstätten ihren Marktanteil maßvoll ausbauen, dies vor allem zu Lasten des Reifenfachhandels. Auch der Blick bis zum Jahr 2010 lässt keine starken Schwankungen bei den Marktanteilen erwarten, es folgt vielmehr eine Stabilisierung der aktuellen Trends. Die freien Werkstätten werden sich behaupten können.

Innerhalb der vier Hauptproduktgruppen differieren die Marktanteile zwischen den verschiedenen Distributionswegen jedoch in sehr starkem Maße. Zudem entwickeln sich die verschiedenen Betriebstypen der Distributionswege je nach Hauptproduktgruppe durchaus unterschiedlich.

GVO wird Distributionswege prägen

Unabhängig von der bisherigen Netzpolitik werden die Hersteller zukünftig die neue GVO zum Anlass nehmen, ihre Händler und autorisierten Servicebetriebe über die Erfüllung der spezifischen Standards in einem kontinuierlichen Prozess zu qualifizieren. Da die Automobilhersteller/-importeure bei der Erfüllung der qualitativen Standards im Service- bzw. Teilegeschäft aufgrund der neuen Verordnung einem Kontrahierungszwang unterliegen, d.h. die entsprechenden Verträge an die qualifizierten Bewerber vergeben müssen, wird es kurzfristig in den nächsten Jahren zu einer Erhöhung der vertraglich gebundenen Betriebsstätten kommen, die Fahrzeuge warten und reparieren. Doch der ohnehin schon starke Wettbewerb wird durch diese Konstellation noch einmal verschärft, so dass sich nachfolgend der Konzentrationsprozess im gebundenen Markt beschleunigen und die kurzzeitige „Überbesetzung“ des Marktes sehr schnell wieder verschwunden sein wird. Die Anzahl der Ende 2002 existierenden 21.762 Autohäuser/Vertragswerkstätten wird sich daher bis 2005 voraussichtlich auf rund 22.000 erhöhen und dann bis zum Jahr 2010 auf rund 19.000 zurückgehen.

Verlängerte Wartungsintervalle und geringere Reparaturanfälligkeit gerade von jüngeren Fahrzeugen bis vier Jahre, der Hauptklientel der Autohäuser/Vertragswerkstätten, führen bei diesen zu einer weiter sinkenden Kundenfrequenz im Service. Daher werden die Fahrzeughersteller/-importeure zusammen mit ihren Vertragspartnern alle Anstrengungen unternehmen, um durch Kunden- bzw. Autobindungsprogramme ihren derzeitigen Kundenstamm bzw. die von ihnen betreuten Fahrzeuge auch nach einem Halterwechsel stärker an sich zu binden.

Die Zahl der etwa 22.500 freien Werkstätten wird bis zum Jahr 2005 auf 21.000 und dann bis 2010 auf knapp 17.500 zurückgehen. Der Grund dafür liegt in dem ungebrochenen Trend hin zum High-Tech-Auto mit modularer, elektronischer Technik, die Wartungs- und Reparaturarbeiten auf einem hohen technischen Niveau erfordert. Vor allem viele kleine freie Werkstätten werden die hohen Investitionen in teure Diagnosegeräte und Spezialwerkzeuge sowie in die Mitarbeiterqualifikation nicht aufbringen bzw. erwirtschaften können und werden daher aus dem Markt ausscheiden, glaubt die Unternehmensberatung. Bei diesem Ausleseprozess werden die oftmals qualifizierteren ehemaligen Vertragswerkstätten, die sich zu freien Serviceanbietern (häufig sogar mit Schwerpunkt auf die gekündigte Marke) gewandelt haben, bessere Überlebenschancen haben als viele ihrer freien Kollegen. Auch die Systemwerkstätten, worunter die freien Werkstätten verstanden werden, die sich einem Fullservice- und/oder einem Detailwerkstattkonzept angeschlossen haben, werden gute Überlebenschancen haben. Insbesondere die an ein Fullservice-Werkstattsystem angeschlossenen freien Werkstätten werden ihre Position weiter verbessern. Durch gezielten Know-how-Transfer von Seiten der Systemzentralen – in den Bereichen Technik, Logistik, Werbung, Corporate Identity etc. – werden die Partnerwerkstätten den veränderten Anforderungen des Marktes gerecht werden und ihre Marktanteile ausbauen. Allein die Zahl der Partnerwerkstätten von Fullservice-Werkstattsystemen hat sich seit Ende 1997 von 2.329 um über 250 Prozent auf 5.895 Betriebe Ende 2002 erhöht mit weiterhin steigender Tendenz. Der bereits recht stark ausgeprägte Kooperations- bzw. Systemgrad wird sich weiter erhöhen und zur Qualifizierung und Professionalisierung der freien Werkstätten mit beitragen.

Im Teilefachhandel wird es aufgrund des sich verschärfenden Wettbewerbs ebenfalls zu einer starken Bereinigung bei den Handelsbetrieben kommen. Auf der Großhandelsebene ist der Trend zur Größe durch Konzentration und Filialisierung bzw. Kooperation und Systembildung ungebrochen. Allein agierende Großhandelsunternehmen werden kaum außer in der Nische eine Überlebenschance mehr haben. Darüber hinaus wird es nur noch eine begrenzte Anzahl Logistikplattformen geben. Gute Chancen haben daher professionell arbeitende Versorgungsgroßhändler. Diesen Super-Logistikern, die die gesamte Absatzkette des Teilevertriebs abdecken, ist der deutsche Markt nicht mehr genug und sie internationalisieren daher in zunehmendem Maße. Dies gilt insbesondere auch für die Kooperationen. Im Zuge der Internationalisierung des Marktes wird der Großhandel zusätzlich von der Möglichkeit Gebrauch machen, seinen Bedarf zu noch günstigeren Konditionen über den Zusammenschluss in europäischen Kooperationen zu decken und Synergien auf der Vermarktungsseite zu nutzen. Zum Absatz der Teile an den Einzelhandel und die Werkstätten werden die Teilegroßhändler/Kooperationen die Entwicklung von neuen bzw. die Verbesserung von bestehenden Vermarktungs- und Kundenbindungskonzepten (wie z.B. Fachmarkt-, Handels und Werkstattkonzepte) vorantreiben.

Auf der Einzelhandelsebene haben die Autoteile-Fachmärkte mit integrierter Meisterwerkstatt das größte Entwicklungspotenzial im freien Aftermarket für Pkw-Komponenten. Der Erfolg des Fachmarktkonzeptes beruht vor allem auf der bedarfsgerechten Sortimentsbündelung, der offenkundigen Preisaggressivität, dem frequenzstarken Standort sowie dem angegliederten Werkstattservice und ist in Deutschland eng mit dem Namen A.T.U. verbunden.

Anteil Reifenhandel sinkt um 20 Prozent

Der Reifenfachhandel ist ebenfalls von Konzentrations- und Kooperationstendenzen geprägt. In Zukunft wird zusätzlich eine stärkere Polarisierung der Ausrichtung von Reifenfachbetrieben stattfinden. Auf der einen Seite stehen die reinen Reifenhändler (klassische Reifenspezialisten), die über ein breites und tiefes Angebot des Kernproduktes Reifen (Pkw, Lkw, Motorrad, Ackerschlepper, Erdmaschinen, etc.) verfügen. Diesen Reifenspezialisten gegenüber stehen die Reifenfachhandelsbetriebe, die neben Reifen erfolgreich auch Autoservice in großem Umfang anbieten. Diese sogenannten Reifenkombibetriebe werden neben dem professionellen Autoservice aber auch andere Ergänzungsprodukte anbieten, wie z.B. die komplette Palette rund um die qualitativ hochwertige Fahrzeugpflege oder werden sich einem Autoteilehandel anschließen. Insgesamt ist damit zu rechnen, so die BBE-Unternehmensberatung aus Köln, dass der Anteil des Reifenfachhandels als Distributionsweg für Pkw-Komponenten – also nicht ausschließlich Reifen – in Zukunft eine geringere Bedeutung haben wird gegenüber den anderen Distributionswegen. Derzeit ist dieser Anteil des Reifenfachhandels noch etwa elf Prozent (Zahlen von 2002). Im Jahre 2010 soll dieser Marktanteil auf neun Prozent geschrumpft sein, was absolut ein Schrumpfen von knapp 20 Prozent bedeutet.

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