Hayes Lemmerz zieht es in Billiglohnländer

Im Oktober 2001 berichtete diese Zeitschrift über einen zu befürchtenden Zusammenbruch der Hayes Lemmerz-Gruppe (Hayes Lemmerz in höchster Not. Der unaufhörliche Niedergang des größten Felgenherstellers der Welt) und wurde daraufhin wegen angeblich unsinniger Spekulation heftig angegriffen. Nichtsdestominder war es schon wenige Wochen später so weit. Im Dezember 2001 flüchtete mit Hayes Lemmerz der weltweit größte und mit hohen Schulden beladene Felgenhersteller unter den Schutz des amerikanischen Insolvenzverfahrens Chapter 11 und befreite sich damit von einem wesentlichen Teil des hohen Schuldenberges. Die eigentlich Leidtragenden waren die Aktionäre, sie verloren alles. Allen voran die Familie Lemmerz, die immerhin knapp 20 Prozent am Aktienkapital des US-Unternehmens hielt, deren Anteil in besseren Tagen schon mal einen Wert von bis zu 180 Millionen US-$ verkörpert hatte. Im Juni 2003 hat das Unternehmen den Schutz von Chapter 11 wieder verlassen und seither versucht das Management durch öffentliche Aussagen vielfältigster Art Glauben zu machen, der Felgenhersteller sei auf einem guten Weg nach vorn. Dem aber ist, folgt man allein den nackten Zahlen, nicht so.

Vermutlich ist die Leidenszeit für Deutsche noch nicht beendet. Die Lemmerz-Familie wird den dreistelligen Millionenverlust schon verschmerzen, anders aber dürfte es für die Belegschaft in Königswinter sein, denn das hochmoderne und profitable Werk am Ufer des Rheins, das bisher als Rückgrat der Gruppe in Europa galt, steht nicht mehr hoch im Kurs, nachdem das nunmehr ausschließlich aus Amerikanern bestehende Führungsmanagement „new Europe“ entdeckt und beschlossen hat, vorzugsweise nur noch in Niedriglohnländern zu investieren. Diese Aussage wurde am Tage der Entlassung des deutschen President Hans-Heiner Büchel kommuniziert, Büchels Entlassung als solche war den Amerikanern allerdings keine Zeile wert bisher. So dürfte der Anfang vom Ende für Königswinter bereits begonnen haben. Binnen weniger Wochen wird das Ende dieses Mal kaum kommen, aber in wenigen Jahren, das steht zu befürchten, stehen die Bänder endgültig still. Es sei denn, es käme im Management doch noch zu einem erneuten Umdenkungsprozess. Doch die Signale sind allzu eindeutig, so dass die guten Leute, die zudem nicht ortsgebunden sind, das Unternehmen verlassen werden und Lemmerz/Königswinter für gute wie ehrgeizige Ingenieure und Techniker kaum noch eine interessante Einstiegsadresse bleiben dürfte.

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