Reifen aus Deutschland – ein erfolgreicher Industriezweig

Ihren Umsatz konnte die deutsche Kautschukindustrie im Jahr 2003, entgegen positiver Erwartungen, nur wenig ausweiten. Mit 9,9 Milliarden Euro wurde gegenüber 2002 ein Zuwachs von 1,5 % erreicht. Diese Veränderungsrate gilt sowohl für die Hersteller Technischer Elastomer-Erzeugnisse (TEE) als auch für die Reifenindustrie, so der Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie (WdK) in seiner Jahresbilanz.

Aufgrund der schwachen Binnennachfrage nahm der Inlandsumsatz lediglich um 0,9 % auf 7,25 Milliarden Euro zu. Dabei konnten die Reifenhersteller mit + 1,3 % erstmals die Vier-Milliarden-Euro-Grenze überspringen.

Der Auslandsumsatz an Bereifungen konnte um 2,2 % auf 1,14 Milliarden Euro erhöht werden. Hierbei spielten insbesondere konzern-interne Reifenlieferungen eine wichtige Rolle. Die Internationalisierung der Reifenindustrie ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass es kaum noch „echte“, also direkte, Exporte gibt.

Von den wichtigen Abnehmern von Erzeugnissen der Kautschukindustrie zeigte sich die Automobilindustrie noch am robustesten. Sie konnte die Produktion im Jahr 2003 leicht ausweiten. Knapp 5,15 Millionen Pkw bedeuteten einen Zuwachs um 0,4 %. Erreicht wurde dieses Volumen über eine erneute Ausweitung der Fahrzeugexporte.

Die Hersteller von Bereifungen arbeiteten im Jahr 2003 die ersten drei Quartale unter „Volldampf“. Der Auslastungsgrad erreichte zeitweise knapp 99 %. Erst im vierten Quartal wurde die Pkw-Reifen-Produktion leicht zurückgenommen, was für den Jahresdurchschnitt zu einer Auslastung bei Bereifungen von 96,1 % führte.

Bereifungen – Umsatz

Der Umsatz mit Bereifungen erhöhte sich 2003 um 1,5 % auf knapp 5,2 Milliarden Euro. Das Inlandsgeschäft, das – bestehend aus Erstausrüstungs- und Ersatzbedarfslieferungen – etwa 78 % des Gesamtumsatzes ausmacht, konnte um 1,3 % auf über 4,0 Milliarden Euro erhöht werden.

Das Erstausrüstungsgeschäft der deutschen Reifenindustrie litt darunter, dass – anders als in 2002 – die deutsche Automobilindustrie in 2003 ihre Auslandsproduktion nicht ausweiten konnte. Sie sank in der Summe um 1,4 % auf gut 4,0 Millionen Fahrzeuge. Davon waren ausgerechnet die Herstellerwerke betroffen, deren Fahrzeugproduktion mit Erstausrüstungsreifen aus Deutschland bestückt werden. Die entstandenen Umsatzeinbußen konnten über die leicht verbesserte Inlandsnachfrage der Fahrzeugproduzenten nur teilweise kompensiert werden.

Für die Reifenindustrie merkbare Umsatzsteigerungen ergaben sich lediglich im Segment der Reifen mit Notlaufeigenschaften, die allerdings das bisherige „vollwertige“ Ersatzrad ersetzten.

Im Reifenersatzgeschäft erwiesen sich die Pkw-Winterreifen erneut als Stütze. Nach einem kräftigen Zuwachs des Umsatzes im Winter 2002/2003 lief auch in der Saison 2003/2004 der Absatz der Industrie an den Reifenhandel, trotz der zum Teil milden Witterung im November 2003, erfreulich gut.

Bei Pkw-Sommerreifen kompensierte der weiterhin anhaltende Trend zu Hochgeschwindigkeitsreifen die durch einen geringeren Stückabsatz erlittenen Rückgänge.

Als Umsatzträger erwiesen sich, wenn auch mit relativ geringen Stückzahlen, im Jahr 2003 wieder einmal die Reifen für Offroad-Fahrzeuge.

Nutznießer der Niedrigwasserstände im Spätsommer 2003, die die Binnenschifffahrt nahezu zum Erliegen brachten, war das Straßentransportgewerbe und in der Folge auch die Reifenindustrie. Die Verlagerung der Gütertransporte vom Wasser auf die Straße wirkte positiv auf die Ersatzbedarfsnachfrage von Lkw-Reifen durch die Spediteure.

Pkw-Reifen

Die Lieferung von Pkw-Reifen in die Fahrzeug-Erstausrüstung ist im Jahr 2003 um etwa 250.000 Einheiten niedriger ausgefallen als in 2002. Höhere Stückzahlen für die inländische Pkw-Produktion reichten nicht aus, den Rückgang der Lieferungen an die ausländischen Werke der deutschen Automobilindustrie in Höhe von über 350.000 Reifen zu kompensieren. Insgesamt sank das Erstausrüstungsvolumen an Pkw-Reifen knapp unter 27 Millionen Einheiten.

Die lange und kalte Wintersaison 2002/2003 hatte für hohe Verkäufe des Reifenhandels an den Endverbraucher gesorgt. Neben der für Winterreifen günstigen Witterung spielte auch die Tatsache, dass die Medien so viel wie noch nie über die Vorteile einer wintergerechten Bereifung berichteten, eine absatzfördernde Rolle. Trotz konjunktureller Schwäche in Deutschland war es gelungen, den Verbraucher für den Kauf von Winterreifen zu sensibilisieren. Dies führte dazu, dass die Lagerbestände des Handels an Winterreifen nach Abschluss der Saison 2002/2003 niedriger als der Normalbestand waren. Damit waren beste Voraussetzungen für ein erneut erfolgreiches Winterreifengeschäft in der Saison 2003/2004 gegeben. Tatsächlich wurden in 2003 mit 17,8 Millionen Stück auch 7,5 % mehr Winterreifen an den Handel geliefert. Förderlich für den Absatz von Winterreifen an den Verbraucher waren sicher die aktuellen Diskussionen zur Winterreifenpflicht in Deutschland und die Aktionen der vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat unterstützten Initiative PRO Winterreifen.

Bereits in den Jahren 2001 und 2002 war bei Pkw-Sommerreifen eine deutliche Kaufzurückhaltung festzustellen. Somit hätte 2003 einen entsprechenden Nachholbedarf erwarten lassen. Verunsicherung des Endverbrauchers führte jedoch dazu, dass diese Ersatzkäufe direkt als Umbereifung von Pkw-Sommer- auf Winterreifen getätigt wurden. Der Absatz von Sommerreifen sank dementsprechend um 1,7 % auf 23,0 Millionen Einheiten. Festzustellen war allerdings eine Verschiebung innerhalb der Geschwindigkeitsklassen hin zu höheren Speedindices. Der Absatz von Hochgeschwindigkeitsreifen, zugelassen für Geschwindigkeiten über 210 km/h, konnte entgegen der Gesamtentwicklung um 2,2 % zulegen.

Der 2003 wiederum sprunghaft gestiegene Bestand an Offroad-Fahrzeugen bildete sich in den Reifenverkäufen ab. Im Jahr 2003 wurden mit über 930.000 Reifen 11,2 % mehr Pneus für „Offroader“ und „SUVs“ (Sport Utililty Vehicles) an den Reifenhandel geliefert.

Lkw-Reifen

Nach der rezessiven Entwicklung in den vergangenen Jahren hat sich in 2003 die Nachfrage nach Nutzfahrzeugen weltweit verbessert und damit auch die Fahrzeugproduktion in Deutschland belebt. Sie stieg um 4,4 % auf über 361.000 Einheiten. Die positive Rückwirkung für die Reifenlieferungen in die Erstausrüstung von Fahrzeugen waren 3 % mehr Reifen für kleine Lkw und Transporter und 6 % mehr für schwere Lastkraftwagen. Das Erstausrüstungsvolumen lag damit bei mehr als 3,3 Millionen Reifen.

Im Ersatzgeschäft hängt die Nachfrage nach Reifen für leichte Lkw und Transporter stark vom Volumen des Verteilerverkehrs und von der Nachfrage des Bau- und insbesondere Ausbau-Gewerbes ab. Trotz rezessiver Bauwirtschaft sowie allgemeiner Konjunkturschwäche im Jahr 2003 stiegen die Ersatzbedarfslieferungen an den Reifenhandel um 2,3 % auf über 2,5 Millionen Stück. Ursächlich für die positive Nachfrage waren gestiegene Sicherheitsansprüche der Fahrzeugnutzer, die zu zunehmenden Verkäufen an Winterreifen auch in diesem Fahrzeugsegment führten.

Positive wie negative Einflussgrößen bestimmten 2003 bei Lkw-Reifen für größere Fahrzeuge die Verkäufe des Reifenhandels an den Endverbraucher. Negativ wirkte der Bestandsrückgang von Lkw und Trailern um 1,5 % auf 1,29 Millionen Fahrzeugeinheiten und insbesondere die schlechte Liquiditätslage der Spediteure. Positive Impulse gingen dagegen vom annähernd unveränderten Frachtaufkommen bei reduziertem Fahrzeugbestand aus, was zu höherem Reifenbedarf für die eingesetzten Fahrzeuge führte. Niedrige Pegelstände der Binnengewässer sorgten für zusätzliches Frachtaufkommen durch die Verlagerung von Transporten vom Wasser auf die Straße. Der Absatz an Lkw-Reifen für den Ersatzbedarf erhöhte sich um knapp 2 % auf 2,1 Millionen Reifen.

Aussichten für 2004

Für die Reifenindustrie gibt es eine Reihe positiver Elemente. Moderat steigende Pkw-Produktion, neue Modelle bei leichten Lkw und Transportern und steigende Nachfrage nach großen Nutzfahrzeugen lassen ein besseres Erstausrüstungsgeschäft als 2003 erwarten. Im Reifenersatzbedarf finden sich 2004 eine stagnierende Nachfrage nach Pkw-Sommerreifen, steigender Absatz an Pkw-Winterreifen und gute Umsätze mit Reifen für Offroad-Fahrzeuge. Konjunkturell bedingt werden sich auch die Verkäufe von Reifen für kleine Lkw erhöhen. Aber auch hier findet sich der Trend hin zum Winterreifen und daraus resultierend ein stagnierendes Sommerreifen-Geschäft. Die Nachfrage nach großen Lkw-Reifen dürfte sich ebenfalls positiv auswirken. Für die Exporte der Reifenhersteller, im wesentlichen konzerninterne Lieferungen, wird ein ähnlicher Verlauf wie im Inlandsgeschäft erwartet.

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