Reifenbestellung in halber Zeit – online bei Michelin

Knapp ein Jahr nach Einführung der neuen E-Business-Plattform “Bibserve” hat der französische Reifenhersteller Michelin bereits über 100.000 Aufträge online abgewickelt. Bibserve reduziere den Zeitaufwand des Bestellprozesses um rund 50 Prozent, gleichermaßen beim Händler, wie auf Herstellerseite. Dabei vereinfacht das hochmoderne B2B-System nicht nur den Bestellablauf, sondern ermöglicht auch den Abgleich mit den Warenwirtschaftssystemen großer Händler und sorgt somit nahezu vollautomatisch für einen stets optimalen Warenbestand. Gut ein Jahr nach dem Start von Bibserve mit 35 Pilot-Accounts schlossen sich bereits knapp 500 Reifenhändler mit 623 Verkaufspunkten an das elektronische Ordersystem an. Sie erledigen schon gut 30 Prozent ihrer Bestellungen über den papierlosen Vertriebsweg. Bis zum Jahresende 2003 sollen sich insgesamt 640 Reifenhändler und Auto-Vertragswerkstätten mit Michelin vernetzen. Zahlreiche Vorteile der E-Business-Plattform Bibserve haben die Reifenpartner offenbar überzeugt: An erster Stelle stehen Bedienkomfort und Effizienz. Durch die einheitliche Bestellmaske ist ein Händler jetzt in der Lage, mit lediglich drei Mausklicks eine Bestellung online aufzugeben. Eine Reifenbestellung dauert auf elektronischem Weg nur halb so lange, wie mit dem Telefon. Wird per Fax geordert, spart Bibserve noch mehr Zeit, da die Schreibdauer vom Händler und das interne Einpflegen in die EDV bei Michelin entfallen. Selbst Anfragen an die Datenbank der Michelin-Zentrale im französischen Clermont-Ferrand erfordern von Deutschland, der Schweiz oder Österreich aus keinerlei Wartezeiten mehr. Folglich werde beim Handel wie auch beim Reifenhersteller Personal für qualitative Arbeit frei. Darüber hinaus ist die Bestellung unabhängig von Geschäftszeiten möglich, also rund um die Uhr, 24 Stunden am Tag. Für die Händler ist dieser Service besonders nützlich, denn einen Großteil der Bestellungen erledigen sie oft erst nach Ladenschluss oder am Wochenende. Als Grundvoraussetzung für die B2B-Plattform einigte sich die deutsche Reifenbranche unter Mithilfe der wichtigsten Verbände mit den führenden Softwareanbietern auf einen gemeinsamen Standard, dem sogenannten “EDI-Wheel-Standard”. Diese Norm für elektronische Reifenbestellungen setzt sich mittlerweile auch im europäischen Ausland durch. Für die Vernetzung mit den Händlern hat Michelin zusammen mit IBM ein System entwickelt, das drei maßgeschneiderte Lösungen für die Kommunikation im Warenversand bereit hält. Drei Varianten für die optimale Anpassung Die Basislösung ist die Bestellung über das Internet. Hierzu brauchen die Händler nur einen internetfähigen PC, die Investitionen sind bei der Webvariante also praktisch gleich Null. Via Benutzerkennung kann der Händler sich bei Bibserve anmelden und so Verfügbarkeiten, Lagerbestände, offene Bestellungen oder den Status einer Lieferung bis zum Spediteur abrufen. Dadurch ist er in der Lage, dem Endkunden absolut verlässliche Auskunft über den genauen Liefertermin seiner neuen Michelin-Reifen zu geben. Darüber hinaus kann der Händler sich über Michelin-Produkte informieren, technische Dokumentationen einsehen und ab Jahresende sogar die eigene Lieferhistorie abrufen. Bibserve bietet dadurch besonders für den Einkauf und die Buchhaltung der Händler große Vorteile, weil frühere Aufträge und die dazugehörigen Umsätze jederzeit zurückverfolgt werden können. Auch die zweite Lösung funktioniert über das Internet, das sogenannte AdHoc-EDI (Direkt- Electronic Data Interchange). Bei diesem System kann der Händler – dank identischer Datenstandards – aus seinem eigenen Warenwirtschaftssystem heraus Verfügbarkeiten bei Michelin abfragen und Bestellungen aufgeben. Diese laufen dann parallel im Hintergrund, Einwahl und Benutzerkennung fallen weg. Die Adhoc-EDI ist allerdings nicht ganz so billig wie die Online-Variante Bibserve. Mit 1.000 bis 1.500 Euro Investitionen muss der Händler für die Erstanbindung seines Warenwirtschaftssystems an den Michelin-Server rechnen, denn die erforderlichen Abstimm- und Einstellarbeiten sind zeitaufwendig. Die Mühe für die Systemeinrichtung lohnt sich aber trotzdem, denn die sehr schnellen Zugriffs- und Antwortzeiten sprechen für sich, so dass nicht einmal Call-Center mithalten können, so der Reifenhersteller. Vollautomatisches Warenlager dank EDI Die dritte Variante ist das traditionelle EDI, bei der das Warenwirtschaftssystem des Händlers über eine Point-to-Point-Verbindung per Direkteinwahl mit dem System von Michelin verbunden ist. Dadurch bleibt der Lagerbestand beim Händler vollautomatisch auf dem optimalen Level. Sobald ein Reifentyp im Depot eine bestimmte Stückzahl unterschreitet, bestellt das System selbstständig Nachschub und veranlasst den Versand der Reifen bei Michelin. Der Händler muss die Reifen nur noch entgegennehmen und einsortieren. Das vollautomatische Warenlager ist wesentlich aufwendiger als die beiden anderen Lösungen und erfordert Investitionen von mehreren Tausend Euro. Für die interne Verarbeitung eines Auftrages bei Michelin bringen alle drei Systeme eine erhebliche Zeitersparnis: Durch die einheitliche Maske für alle wichtigen Daten gibt es vom Auftragseingang bis zur Warenaussendung keine Zwischenschritte mehr. Bei etwa 7.000 Bestellungen pro Tag reduziert dieses automatisierte Verfahren erheblich den Arbeitsaufwand und verhindert Fehler durch falsche Eingaben. Ein weiteres Problem ist mit der Online-Bestellung Schnee von gestern: Wartezeiten während der Stoßzeit für Bestellungen sind durch die elektronische Verarbeitungen leichter zu handhaben und für den Händler nicht mehr spürbar. Zukunftspläne: Alle Händler an das Netz ”In der Onlinebestellung liegt die Zukunft. Mit unseren drei E-Business-Varianten bieten wir für alle Reifenpartner die individuell beste Lösung an”, erklärt Michelins Projektleiter E-Business, Pedro Navarro Both, anlässlich der Präsentation der Bibserve-Zwischenbilanz in Karlsruhe. Die Zahlen sprechen für das System, denn in den ersten sechs Monaten diesen Jahres verdoppelte sich die Zahl der Händler, die über das Internet ordern. Die Ziele für die Zukunft des E-Commerce bei Michelin sind ehrgeizig. 1.500 Händler sollen in den nächsten Jahren mehr als 50 Prozent ihrer Aufträge über die elektronische Plattform abwickeln. Die Fax- und Call-Center-Bestellungen sollen auf ein notwendiges Minimum, wie etwa die Saisongeschäfte und Sonderbestellungen, reduziert werden. Dass E-Commerce einen Großteil der strategischen Erfolgsposition eines Unternehmers im Reifengeschäft ausmache, diese Auffassung teilt auch Bernhard Sommer. Gerade größere Händler, so der Geschäftsführer der Meyer Lissendorf International Trading aus Gönnersdorf, könnten die eigene Waren- und Lagerwirtschaft nicht dem Zufall überlassen. Eine EDV-gestützte Logistik, die reibungslos mit der des Reifenherstellers harmoniere, sei heute unerlässlich und schaffe personelle Freiräume, die besser genutzt werden könnten.

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