Wer wird F1-Halbzeitmeister?

Beflügelt auf dem Weg nach Montreal: Nach dem souveränen Erfolg von Juan Pablo Montoya und BMW WilliamsF1 in Monte Carlo reist Michelin optimistisch zum Großen Preis von Kanada. Bereits 2001 – im Jahr der Rückkehr in die Formel 1 – konnte der französische Reifenhersteller auf der Bremsen mordenden Strecke auf der inmitten des Saint Lorenz-Stroms gelegenen “Ile Nôtre Dame” als Partner von Ralf Schumacher den zweiten Grand Prix-Sieg einfahren. Auch in der vergangenen Saison sah es zunächst gut aus für die Marke aus Clermont-Ferrand: Bis zu seinem Ausfall lag Juan Pablo Montoya souverän in Führung. Am kommenden Woche will Michelin diesen Erfolg nachholen und als Partner der Teams McLaren-Mercedes, BMW WilliamsF1, Renault, Jaguar und Toyota den vierten Saisonsieg erobern. Zwei Parallelen besitzen die Großen Preise von Monaco und Kanada: Bei beiden Strecken handelt es sich um Stadtkurse, die nur einmal im Jahr als Rennstrecke dienen, und in beiden Metropolen wird französisch gesprochen – damit allerdings haben sich die Gemeinsamkeiten zwischen dem siebten und achten WM-Lauf der Saison auch schon erschöpft. Zählt in puncto Fahrwerksabstimmung im mondänen Mittelmeer-Fürstentum vor allem maximaler Abtrieb, so verlangen die Geraden in Montreal nach einer relativ flachen Einstellung der Flügel sowie nach reichlich Motorleistung. Stellt das Rennen in Monte Carlo den Grand Prix mit den geringsten Durchschnittsgeschwindigkeiten der Saison dar, so stehen auf dem kanadischen Highspeed-Kurs gleich vier lange Geraden auf dem Programm, auf denen die Boliden Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 325 km/h erreichen. Doch neben den Hochgeschwindigkeitsabschnitten prägen zwei Spitzkehren sowie drei engere Schikanen den Streckenverlauf – kaum verwunderlich, dass die auf dem Gelände der Expo 1967 angelegte Strecke insbesondere die Bremsen der Formel 1-Boliden auf die Probe stellt. Speziell gegen Rennende tendiert die Verzögerungsanlage dazu, angesichts der enormen Belastung an Wirkung zu verlieren. Das kanadische Grand Prix-Wochenende aus Sicht von Michelin Neben möglichst souveräner Leistungsreserven und einer optimal funktionierenden Traktionskontrolle – die speziell für das Beschleunigen aus den engen Haarnadelkurven heraus wichtig ist – liegt der Schlüssel zu einer schnellen Runde auf dem “Circuit Gilles Villeneuve” in den Schikanen: Wer spät bremsen, bequem über die Randsteine abkürzen und früh wieder aufs Gas gehen kann, macht viel Zeit gut. Genau hier besitzen die Formel 1-Pneus von Michelin ihre Stärken: Sie federn Unebenheiten der Fahrbahn – beispielsweise Randsteine – effektiv ab und bieten viel Traktion beim Bremsen sowie Beschleunigen. “Montreal gehört zu jenen Rennstrecken, auf der die Suche nach der größtmöglichen Reifenhaftung dominiert”, erläutert Pierre Dupasquier, Motorsport-Direktor von Michelin. “Die Fahrbahnoberfläche bietet nur wenig Grip. Ebenso wie in Monaco ist auf dem ,Circuit Gilles Villeneuve’ keine besonders harte Gummimischung gefragt. Darf in Monte Carlo das Durchdrehen der Hinterräder als größter Verschleißfaktor gelten, so sind es in Kanada die extrem hohen Geschwindigkeiten. Also verwundert es kaum, dass sich die Reifen, die wir am kommenden Wochenende einsetzen werden, markant von jenen unterscheiden, die im Fürstentum siegreich blieben.” Das erwarten die Michelin-Partnerteams Motiviert vom ersten Saisonsieg hat sich Michelin-Partner BMW WilliamsF1 Großes vorgenommen für den kanadischen Grand Prix: “Wir fahren mit der neuen Gewissheit nach Montréal, dass wir um Spitzenplatzierungen kämpfen können”, betont Sam Michael, der Chefingenieur des britisch-bayerischen Rennstalls. “Die Strecke verlangt niedrige bis mittlere Abtriebswerte. Es dominieren die Anforderungen an die Traktion und die Bremsen sowie das Fahrverhalten bei geringen Kurvengeschwindigkeiten.” Auch Juan Pablo Montoya, der Triumphator von Monte Carlo, gibt sich kämpferisch: “Bisher waren wir auf dem ,Circuit Gilles Villeneuve’ immer gut”, erläutert der Kolumbianer. “Ralf hat 2001 gewonnen, und ich konnte mir im vergangenen Jahr die Pole Position sichern und einige Runden führen. Ich fahre gern dort, denn die Strecke macht viel Spaß, ist fahrerisch anspruchsvoll und bietet – im Gegensatz zu Monaco – Überholmöglichkeiten.” Auch Ralf Schumacher zeigt sich optimistisch: “Jetzt müssen wir beweisen, dass der Erfolg in Monte Carlo keine Eintagsfliege war.” Nicht minder ehrgeizig reisen McLaren-Mercedes, Tabellenführer Kimi Räikkönen und David Coulthard gen Kanada: Das britisch-schwäbische Werksteam will den in Monaco zurück eroberten ersten Rang in der Konstrukteurs-Zwischenwertung auch über den achten Saisonlauf hinaus verteidigen – also sich die inoffizielle “Sommer-Meisterschaft” sichern. “Ich bin zwei Mal in Folge in Montreal Vierter geworden”, erinnert sich Kimi Räikkönen. “Jetzt hoffe ich auf ein besseres Ergebnis.” Renault, das Überraschungs-Team der ersten Saisonhälfte, stapelt vor dem kommenden Rennen tief: Auf der Vollgas-Piste können die Franzosen die Vorteile ihrer tadellos funktionierenden Aerodynamik und des überaus reifenfreundlich operierenden Chassis nicht so ausspielen wie gewünscht. “Auch wenn unsere Fahrer nur auf 55 Prozent der Strecke Vollgas geben können: Auf keinem anderen Kurs im Formel 1-Kalender spielt der Benzinverbrauch eine ähnlich wichtige Rolle”, erläutert Fabrice Lom, der Renn-Ingenieur von Jarno Trulli. “Wer also über den effizientesten Motor und/oder den größten Tank verfügt, besitzt in Montreal einen wichtigen Vorsprung.” Trotz des bitteren Doppelausfalls in Monaco blickt Jaguar dem kommenden Rennen optimistisch entgegen: “Diese Strecke verlangt vom aerodynamischen Set-up lediglich durchschnittlichen bis geringen Abtrieb, dies müsste unserem R4 entgegen kommen”, so David Pitchforth, der geschäftsführende Direktor des Teams. Mark Webber ergänzt: “Michelin hat uns bislang mit überaus konkurrenzfähigen Reifen ausgerüstet, und in Kanada waren die französischen Pneus immer stark. Wir geben uns Mühe, den phantastischen Job von Michelin durch ein tolles Ergebnis zu belohnen.” Das Formel 1-Team von Toyota strebt in Kanada ebenfalls einen Platz in den WM-Punkten an: Sowohl Routinier Olivier Panis als auch Grand Prix-Neuling Christiano da Matta – der in Montréal bereits mit der ChampCar-Serie an den Start ging – kennen die Strecke aus dem Effeff. “Ich habe hier im vergangenen Jahr das Cart-Rennen als Zweiter beendet, das stimmt mich optimistisch”, so da Matta. Rückblick: Der Grand Prix von Kanada 2002 Pole Position, schnellste Rennrunde sowie Rang zwei im Rennen: Der Große Preis von Kanada 2002 endete für Michelin mit einem versöhnlichen Ergebnis. Zwei Wochen nach seinem Sieg in Monaco profitierte McLaren-Mercedes-Pilot David Coulthard von einer ausgeklügelten Einstopp-Strategie, die ihm einen besonders langen ersten Turn ermöglichte und gegen Rennende weit nach vorne brachte. BMW WilliamsF1-Pilot Juan Pablo Montoya – der den Grand Prix für 13 Runden anführte – büßte alle Chancen auf den Sieg durch einen Motorschaden ein, während sein Teamkollege Ralf Schumacher ebenso wie Kimi Räikkönen im zweiten Silberpfeil von Problemen mit der Tankanlage zurückgeworfen wurden. Räikkönen beendete den kanadischen WM-Lauf als Vierter, Renault-Pilot und Michelin-Partner Jarno Trulli sicherte sich Rang sechs und den letzten WM-Punkt. Das Rennen gewann Titelverteidiger Michael Schumacher. Kommentare Ralf Schumacher (BMW WilliamsF1): “Bedingungen verändern sich in Montreal” ”Kanada gefällt mir – ebenso wie die Strecke auf der ,Ile Nôtre Dame’. Die Beschaffenheit der Fahrbahnoberfläche ist sehr uneinheitlich und ändert sich – bedingt durch Ausbesserungsarbeiten – von Jahr zu Jahr. Dank Michelin konnte ich bereits in Monte Carlo die Pole Position erringen, Juan Pablo Montoya fuhr dort zum Sieg. Dies stimmt mich auch für Montreal sehr optimistisch.” Olivier Panis (Toyota F1): “Reifen müssen Richtungswechsel präzise umsetzen” ”Der ,Circuit Gilles Villeneuve’ gehört für mich zu den besten Rennstrecken überhaupt. Ich mag den Kurs, weil ich meist einen guten Rhythmus finde. Er ist zwar fahrerisch nicht besonders anspruchsvoll, fordert aber die Bremsen enorm. Wenn du hier eines nicht gebrauchen kannst, dann Untersteuern von den Reifen. Das Auto muss Richtungswechsel sofort umsetzen, damit du möglichst früh wieder aufs Gas steigen kannst. Außerdem kommt es beim Set-up darauf an, den Grip auch beim Überfahren der Kerbs nicht abreißen zu lassen.” Pascal Vasselon (Michelin): “Die hinteren Pneus werden am meisten gefordert” ”Der Asphaltbelag in Kanada besitzt einen guten Reibbeiwert. Dennoch treten in den engen Kurven keine sehr hohen Fliehkräfte auf, die die Reifen mit entsprechenden Radlasten strapazieren würden. Dies spricht auf dieser Strecke für eine vergleichsweise weiche Laufflächenmischung. Doch wir dürfen nicht die hohen Geschwindigkeiten vergessen, die die Autos auf den langen Geraden erreichen – auch dies stellt für die Pneus eine enorme Belastung dar. Zugleich sind es die Hinterräder, die in Montreal angesichts der zahlreichen Beschleunigungsphasen aus engen Ecken heraus am meisten gefordert werden.” Dr. Mark Gillan (Jaguar): “Michelin verschafft uns einen Vorteil” ”Unsere Kooperation mit Michelin ist wirklich perfekt, wir arbeiten eng zusammen, um unsere Reifenstrategie während des Rennwochenendes zu optimieren. Die Spezialisten aus Clermont-Ferrand engagieren sich enorm. Sie rüsten uns konstant mit guten Pneus aus, die uns in puncto Taktik einen Vorteil verschaffen.” Statistisches Großer Preis von Kanada, Circuit Gilles Villeneuve, Montreal, 8. Lauf zur FIA-Formel 1-Weltmeisterschaft 2003 (15. Juni 2003); Renndistanz: 78 Runden à 3,370 km = 262,860 km. Vorjahresergebnis (Rennen) 1. Michael Schumacher (B) auf Ferrari, 1:33.36,111 h, 1 Boxenstopp 2. David Coulthard (M) auf McLaren-Mercedes, 1,132 s zurück, 1 Boxenstopp 3. Rubens Barrichello (B) auf Ferrari, 7,082 s zurück, 2 Boxenstopps 4. Kimi Räikkönen (M) auf McLaren-Mercedes 37,563 s zurück, 1 Boxenstopp 5. Giancarlo Fisichella (B) Jordan-Honda, 42,812 s zurück, 1 Boxenstopp 6. Jarno Trulli (M) auf Renault, 48,947 s zurück, 1 Boxenstopp Schnellste Rennrunde: Juan Pablo Montoya (WilliamsF1-BMW FW 24), 1.15,960 min. Vorjahresergebnis (Qualifying) 1. Juan Pablo Montoya (M) auf Williams-BMW 2. Michael Schumacher (M) auf McLaren-Mercedes 3. Rubens Barrichello (B) auf Ferrari 4. Ralf Schumacher (M) auf Williams-BMW 5. Kimi Räikkönen (M) auf McLaren-Mercedes 6. Giancarlo Fisichella (B) auf Jordan-Honda (M) = Michelin-Partner (B) = Bridgestone-Partner

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