Das Autojahr 2003: Ein Jahr großer Herausforderungen

das Automobiljahr 2003 wird ohne Zweifel ein Jahr voller Herausforderungen; es bietet aber durchaus auch Chancen. Die deutsche Automobilindustrie geht deshalb mit Tatkraft und keineswegs ohne Zuversicht an die Arbeit. Wir haben das Ziel, auch im sechsten Jahr hintereinander über fünf Millionen Pkw am Standort Deutschland zu produzieren. Für uns ist also das Autojahr 2003 keineswegs “abgehakt”. Basis hierfür wird der Start einer neuen Modelloffensive sein. Mit einer Fülle attraktiver Neuvorstellungen hoffen wir, die Kaufzurückhaltung abzubauen und Impulse für die derzeit schwache Gesamtkonjunktur zu liefern. Als eine der wenigen verbliebenen Branchen, die Konjunktur und Wachstum tragen, werden wir damit erneut Impulsgeber und Stabilisator sein, damit wieder mehr Zuversicht einkehrt. Die automobilen Fundamentaldaten zeigen durchaus Perspektive. Sie werden derzeit allerdings von psychologischen Einflussfaktoren überlagert, die auf die Stimmung drücken. Die Verunsicherung ist groß. Konsumenten halten sich zurück. Verlässlichkeit und Berechenbarkeit fehlen. Wer um seinen Arbeitsplatz fürchtet, verschiebt seinen Autokauf, wer die Höhe seiner künftigen Nettobezüge nach Abzug von Steuern und Abgaben nicht kennt, wartet ab. Genauso unterbleiben Investitionen, wenn Standortkosten steigen. Das Auto selbst hat nichts von seiner Attraktivität eingebüßt, erst recht nicht nach den jüngsten Erfahrungen mit der Bahn. Aber wenn Vertrauen in die Zukunft fehlt und weitere drastische Steuererhöhungen drohen, wird Geiz cool, nicht aber Konsum. All das wird zusätzlich überlagert durch die drohende Zuspitzung im Irak. Die Angst vor einem Krieg lastet auf Menschen und Märkten. Das spürt auch die Automobilindustrie. Die deutsche Automobilindustrie bleibt dennoch – trotz verringerter Fahrt im Inland in den letzten drei Jahren – im Vergleich zu vielen anderen Branchen eine “Schlüsselindustrie mit Rückgrat”. Das werden wir auch 2003 sein. Tatenlosigkeit oder Überreaktionen sind nicht die richtigen Antworten auf die jetzige Situation. Mit “Boom” oder “Krise” lässt sich die derzeitige Lage nicht kennzeichnen. Jetzt sind “Stabilität und Stetigkeit” gefragt. Mit einer Stabilisierung des Inlandsmarktes und mit der Mobilisierung von Ausgleichskräften im Export werden wir diese Qualitäten im Autojahr 2003 auf die Waage bringen! II. Highlights 2002 – ein Automobiljahr besser als sein Ruf Im abgelaufenen Jahr haben wir Ergebnisse erzielen können, die dieser Industrie nur wenige zugetraut hatten. Unsere Unternehmen haben ihre Wettbewerbsstärke und Widerstandskraft nachhaltig unter Beweis gestellt: 1. 5,1 Millionen Pkw im Inland produziert Mit 5,1 Millionen produzierter Pkw konnten wir die “magische 5-Millionen-Grenze” zum fünften Mal überschreiten. Dieser Erfolg ist um so bemerkenswerter, als der Inlandsmarkt inzwischen gut 14 Prozent unter dem Absatzniveau von 1999 liegt. Mit 3,25 Millionen neu zugelassener Pkw wurde der Vorjahreswert um 2,7 Prozent unterschritten. Dabei war der Rückgang in den neuen Bundesländern deutlich geringer als im Westen. 2. Zweitbestes Exportergebnis in der Geschichte Überragendes Ergebnis war zweifellos der Export von 3,62 Millionen Pkw. Gegen den Trend rückläufiger Märkte wurde der höchste Export in der Geschichte der deutschen Automobilindustrie von 3,64 Millionen (2001) nahezu wieder erreicht. Dies zeigt die wahre Wettbewerbsstärke der deutschen Marken. Die verhältnismäßig hohe Kapazitätsauslastung von 95 Prozent unterstreicht die Stabilität der Branche – trotz hoher Volatilität der Märkte und des Umfeldes. 3. Anteil an der Pkw-Weltproduktion von 22 Prozent Die Auslandsfertigung deutscher Pkw stieg um 4 Prozent auf knapp 4,1 Millionen Einheiten. Selten zuvor hat sich der regionale Standort-Mix der deutschen Hersteller und Zulieferer als wichtiger erwiesen. Zusammen mit der Inlandsproduktion wurden rund 9,2 Millionen Pkw hergestellt, und einschließlich ihrer ausländischen Konzernmarken konnte die deutsche Automobilindustrie mit 12,7 Millionen produzierter Pkw und Light Vehicles sogar ihr hohes Vorjahresergebnis wieder erreichen. Der Anteil deutscher Konzerne an der Pkw-Weltproduktion erreichte 22 Prozent. 4. Umsatz 202 Milliarden Euro Trotz erneut rückläufigen Inlandsabsatzes bei Pkw und einem Rückgang um 9 Prozent im Nfz-Geschäft, wurde mit 202 Milliarden Euro das Umsatzergebnis der deutschen Automobilindustrie nahezu wieder erreicht. (+/- 0 Prozent). Die günstige Exportentwicklung hat den leichten Umsatzrückgang im Inland kompensiert. Dies ist um so bemerkenswerter, als die allein aus deutscher Fertigung stammenden Inlandszulassungen um 8 Prozent zurückgingen, während die aus ausländischen Fertigungsstätten nach Deutschland kommenden Pkw um 5 Prozent stiegen. Der Trend zum qualitativen Wachstum hat angehalten. So nahm der Wert pro Fahrzeug um rund 5 Prozent zu. Daran hat die Zulieferindustrie einen hohen Anteil. Wenn wir von der deutschen Automobilindustrie gerade jetzt wieder als “Fels in der Brandung” sprechen, dann auch deshalb, weil unser Umsatz stabil blieb, während die gesamte deutsche Industrie einen Rückgang von 2 Prozent hinnehmen musste. Der Automobilumsatz – ohne Dienstleistungen, Service, etc. – macht heute bereits fast 18 Prozent des deutschen Industrieumsatzes aus (1993: 12 Prozent). 5. Kraftstoffverbrauch und Emission weiter abgesenkt Kraftstoffverbrauch und Emissionen konnten weiter abgesenkt werden. Nach ersten vorläufigen Berechnungen ist der Kraftstoffverbrauch der bis 2002 neu zugelassenen Pkw seit 1990 um 20 Prozent abgesenkt worden. Wir sind damit bei unserer freiwilligen CO2-Zusage exakt auf Kurs. Die deutsche Umweltpolitik kann sich also weiter voll auf das Dosenpfand konzentrieren. Die Tatsache, dass die CO2-Emissionen des Straßenverkehrs 2001 erstmals rückläufig waren, wird mit dieser Entwicklung fortgeschrieben. An diesen Erfolgen hat der auf 38 Prozent gestiegene Dieselabsatz (im Vorjahr 34,6 Prozent) besonderen Anteil. Dass auf dem deutschen Markt heute bereits 56 Prozent der Pkw-Zulassungen mit Ottomotor die Abgasnormen EURO IV / D4 erfüllen, die ab 2005 verbindlich werden, ist ebenso eindrucksvoll. 6. Steigende Investitionen am Standort Deutschland Mit den Investitionen der Automobilindustrie in Deutschland haben wir auch 2002 keinen Zweifel daran aufkommen lassen, welche Bedeutung wir dem Standort Deutschland einräumen. 11,7 Milliarden Euro wurden investiert. Das ist ein Zuwachs von 4 Prozent. Die Erneuerung westdeutscher Standorte – zum Teil bei weiter laufender Fertigung -, vor allem aber Neuinvestments in Ostdeutschland waren – und sind – “Leuchttürme der Zuversicht” für die Gesamtwirtschaft und für die Menschen in den alten und neuen Bundesländern. Weitere Vorhaben – zum Teil gemeinsam mit der Zulieferindustrie – sind in Planung. Diese Investitionen waren also keine “Eintagsfliegen”, sondern dokumentieren Vertrauen und Verantwortung. Umso wichtiger ist es, dass die Politik diesen Wechsel auf die Wettbewerbsfähigkeit auch einlöst. Mit 14,3 Milliarden Euro bleibt die Automobilbranche darüber hinaus die forschungsintensivste Branche in Deutschland. Sie erreichte damit im vergangenem Jahr einen Anteil an den gesamten Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen von einem Drittel. Darüber haben wir die Auslandsinvestitionen nicht vernachlässigt. Inzwischen entfallen 35 Prozent der gesamten Direktinvestitionen des verarbeitenden Gewerbes auf die Automobilindustrie, nicht gerechnet die Reinvestitionen der im Ausland erwirtschafteten Erträge. Gleichzeitig beobachten wir jedoch mit Sorge, dass das Ausland in Deutschland immer weniger investiert. 7. Beschäftigung in der Automobilindustrie stabil In einer Zeit, in der in Deutschland 4,2 Millionen Arbeitslose registriert sind, ist Beschäftigungskontinuität einer Schlüsselbranche von herausragendem sozialpolitischen Wert. Eine nahezu konstante Beschäftigung von 764.000 Menschen – trotz Restrukturierung und rückläufiger Nfz-Konjunktur – ist ein erfreuliches Ergebnis. Nach ersten Berechnungen haben alleine die deutschen Automobilhersteller 2002 konzernweit über 915.000 Menschen beschäftigt, davon 55 Prozent im Ausland. Nimmt man die Arbeitsplätze bei Zulieferern im In- und Ausland hinzu, sind es mehr als 1,5 Millionen Beschäftigte. Inklusive der Arbeitsplätze im Handel und im Service sind es über 2 Millionen. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, diesen Weg auch 2003 konsequent fortzusetzen. Mit Innovationen und Investitionen werden wir um Kunden und Marktanteile kämpfen, unsere Produktivität erhöhen und Kosten senken. Es bleibt zu hoffen, dass sich im Verlaufe des Jahres dann auch die “psychologische Sperre” löst. Das wird um so eher geschehen, je rascher die richtigen Reformen in Deutschland umgesetzt werden. III. Automobilkonjunktur zwischen eigenen Stärken und externen Einflüssen 1. Unsicherheiten durch den Irak-Konflikt Auch das Automobilgeschäft gerät – unbeschadet seiner Sonderstellung – zunehmend in den Einfluss externer Faktoren. Schon bisher fehlt dem Autoabsatz in Deutschland aufgrund konjunktureller Schwäche, zunehmender Belastungen durch Steuern und Abgaben, mangelnder Berechenbarkeit und ständig steigender Verteuerung der Automobilnutzung die Dynamik. Drei Jahre Rückgang bei den Neuzulassungen sprechen für sich. Jede Einzelbelastung war schon schwer verkraftbar, nun erweist sich jedoch die Kumulation von Belastungen inzwischen als nicht mehr tragbar. Das Automobilgeschäft gerät zudem zusätzlich noch unter den Einfluss von Verunsicherungen durch den Irak-Konflikt. Die Märkte – nicht nur die Rohölmärkte – sind hoch nervös. Wie sich dies letztlich auf den Absatz auswirkt, lässt sich nicht quantifizieren. Mit spezifischen Vergleichszenarien zu 1990/91 haben wir versucht, frühere Verhaltensmuster und Marktreaktionen auf die heutige Lage zu übertragen. Das stößt jedoch an Grenzen. Vieles wird davon abhängen, ob und wann es beginnt, ob es sich um eine kurzfristige und erfolgreiche Intervention oder um einen lang anhaltenden und eventuell eskalierenden Konflikt mit weitergehenden Destabilisierungen handelt. Eines ist aber schon jetzt absehbar: Die Entwicklung des Ölpreises ist ein Unsicherheitsfaktor, der für das Autogeschäft bremsend zu Buche schlägt, auch wenn sich die OPEC bemüht, die Förderquote frühzeitig zu steigern und versichert, langfristig den Ölpreis in der Spanne zwischen 22 und 28 US-Dollar pro Barrel zu halten. Aktuell liegt der Barrelpreis bei 31 US-Dollar. Gerade jetzt erweist sich die stetige fiskalische Verteuerung des Benzin- und Dieselpreises durch die Ökosteuer als echter Bumerang, weil die aktuellen Marktreaktionen damit noch künstlich überdreht werden. Die erste Hälfte auf dem Wege der Grünen zu “5 DM pro Liter” ist schon zurückgelegt. Unsicherheiten wie diese belasten heute schon das Marktgeschehen, auch wenn nicht exakt zurechenbar ist, was auf den Irak-Faktor, was auf die politisch-fiskalischen Rahmenbedingungen aus Berlin, was auf die Börsen-Baisse oder auf die weltweite Konjunkturschwäche zurückzuführen ist. 2. Automobile Fundamentaldaten positiv Es mag zunächst verwundern, wenn wir dennoch feststellen, dass dem Automobilgeschäft 2003 keineswegs die Perspektive fehlt. Viele Rahmendaten des Geschäfts sind von der Grundstruktur her durchaus positiv zu werten: · Ein erheblicher Nachholbedarf ergibt sich im Inland aufgrund des hohen Ersatzbedarfs. Der Altersdurchschnitt des Fahrzeugbestands ist mit 7,2 Jahren deutlich höher als in den gesamten 90-er Jahren. · 73 neue Modelle allein der deutschen Hersteller werden in diesem Jahr auf den Markt kommen. · Die deutschen Hersteller besetzen immer stärker attraktive Nischen und werden zu “Full-Range-Anbietern”. Das wird auch die neue Mini-Van-Generation im Frühjahr zeigen. · Das Preis-Leistungs-Verhältnis der Fahrzeuge ist so attraktiv wie selten zuvor. · Incentives für EURO IV, Verkaufsförderung oder Finanzierungshilfen machen den Autokauf gerade jetzt zu einer besonders lohnenden Sache. Preislisten sind ja derzeit nicht gerade beliebt! Aufgrund dieser stimulierenden Faktoren hatte die Ampel der Autokonjunktur im vergangenen Herbst bereits von Rot auf Gelb geschaltet. Bei Kunden und Unternehmen wuchs die Zuversicht. Doch dann kam der erste Rückschlag: Die Steuer- und Abgabenerhöhungen der Bundesregierung, die sich diametral von den Aussagen vor der Wahl unterschieden, sorgten im Markt für Verstimmung, Verunsicherung und Kaufzurückhaltung. Sie liegen noch heute wie “Wackersteine” auf der Stimmung im Markt. Die Ampel für die Autokonjunktur sprang im vierten Quartal wieder zurück – von Gelb auf Rot. Die Unternehmen stehen deshalb auch heute noch vor einem Planungsdilemma: Viele Menschen wollen nicht nur, sie brauchen eigentlich ein neues Auto, doch die Konsumneigung wird nicht ausgelebt. Lieber wird gespart. Den Planungen fehlt die Konsistenz. Angesichts der Tatsache, dass der Auftragsbestand heute so niedrig ist wie zuletzt im Rezessionswinter 1993, und angesichts eines ebenfalls schwachen Auftragseingangs leben wir derzeit eher von der Hand in den Mund. Die Hersteller – ebenso wie die Importeure – haben dies zum Anlass für zusätzliche Incentives genommen. So war der Dezember-Absatz in Westeuropa insgesamt nicht mehr eine “Jahresend-Rallye”, sondern nahezu schon ein “Formel-1-Jahresabschlussrennen”. Da sind offensichtlich noch kräftig die Lager geräumt worden. Darüber hinaus stieg der Anteil der Tageszulassungen im Dezember in Deutschland um 8 Prozent. Im Gesamtjahr 2002 waren es 4,7 Prozent, wobei die Importeure diesen Vertriebsweg recht intensiv nutzten (10,3 Prozent), während der Anteil bei den deutschen Herstellern lediglich bei 2,3 Prozent lag. In Deutschland hatte der Jahresschlussverkauf für den Automobilkunden bereits im Sommer begonnen. Der Kunde freut sich natürlich über entsprechend günstige Angebote. Er ist derzeit nicht nur König, sondern Kaiser! Mit Sorge sehen wir allerdings, wenn das Angebot mit “finanziellem Süßstoff” dauerhaft verabreicht wird – und sich der Kunde daran gewöhnen sollte. Markt ist Markt, aber ob die “Schnäppchen-Gesellschaft” langfristig wirklich wirtschaftlich sinnvoll und strukturell gesund ist, steht dahin. Verständlich ist sie insofern, als sie letztlich das Resultat einer fiskalischen Dauerbelastung des Bürgers ist, die dieser für sich zu neutralisieren versucht. Genannt seien hier nur die fünf Ökosteuerstufen, die Erhöhung der Kfz-Steuer und der Kfz-Versicherungsprämien und vieles mehr. Das Ende der Fahnenstange ist erreicht, gerade bei der Belastung des Automobils! 3. Stagnation des Inlandsmarktes 2003 – aber Potenzial für mehr Nimmt man das ursprüngliche Szenario vom Herbst, dann hätten wir einen deutschen Markt von gut und gerne 3,4 Millionen Pkw für realistisch gehalten. Hätte, wäre, wenn…..! Aus heutiger Sicht ist das eher unwahrscheinlich. Wir gehen von einem Gesamtmarkt in der Größenordnung des Vorjahres aus, also 3,25 Millionen Pkw. Würde die Firmenwagensteuer Realität – was wir nicht hoffen -, müssten wir mit einer zusätzlichen Einbuße rechnen. Zum Teil aber ist die Wirkung im Markt bereits spürbar und insofern eingerechnet. Der Haupteffekt läge ja auch nicht in sinkenden Stückzahlen, sondern im Umsatzrückgang. Wir wünschen uns, dass diese Steuer nicht erst nach langwierigen Verhandlungen im Vermittlungsausschuss kippt. Richtiger wäre, eine politische Botschaft als Signal an die Märkte zu senden, von dem dann neue Impulse ausgehen können. Wenn sich die Verunsicherung legt und ein längerer kriegerischer Konflikt vermieden werden könnte, ist auch ein leicht über 3,25 Millionen liegendes Ergebnis denkbar. Der VDA lag 2002 mit seinen Prognosen richtig. In diesem Jahr ist vieles mit Fragezeichen versehen. Insofern kann ich Ihnen nur eine Prognose inklusive und exklusive einer “Zitterprämie” anbieten. Mehr als ein “Orakel aus Frankfurt” ist sie aber allemal! 4. Export – auch 2003 der Rettungsanker in schwierigen Gewässern Man darf, meine Damen und Herren, bei aller Besorgnis über die schleppende Inlandskonjunktur nicht vergessen, dass wir zwar in Deutschland ein Marktproblem haben, aber nicht weltweit. Die deutsche Automobilindustrie hat nahezu den Exportrekord von 2001 erreicht und wird in diesem Jahr erneut eine Exportoffensive fahren. Eine Ausfuhr von 3,55 Millionen Pkw müsste aus heutiger Sicht auch durchaus erreichbar sein. Allerdings werden wir diese Kraftanstrengung wiederum zum Teil gegen den Trend auf wichtigen Märkten erreichen müssen. Der Markt in Westeuropa ging im letzten Jahr um 3 Prozent auf 14,4 Millionen Pkw zurück; wir konnten unsere Marktanteile halten. Osteuropa hat sich um 1 Prozent auf knapp 2,1 Millionen Pkw abgeschwächt; wir konnten unsere Exporte dorthin um 17 Prozent steigern. Der US-Markt sank um 2 Prozent auf 16,8 Millionen Light-Vehicles; unsere Exporte aus Deutschland stiegen aber um 7 Prozent. Auswärts hat die deutsche “Auto-Bundesliga” also kräftig gepunktet, um die Tabellenführung zu verteidigen. In diesem Jahr dürfte Westeuropa um 2 Prozent auf 14 Millionen Pkw zurückgehen, der US-Markt ebenfalls um 2 Prozent auf 16,4 Millionen Einheiten. Wir planen dort nicht nur höhere Marktanteile; in einigen Segmenten wollen wir mit neuen Produkten sogar den Absatz absolut steigern. Detroit hat diese Zuversicht widergespiegelt. Bereits im vergangenen Jahr waren 71 Prozent der Inlandsproduktion für ausländische Märkte bestimmt, vor zehn Jahren waren es erst 53 Prozent. Auch diese Entwicklung wird 2003 anhalten. Was die Börse derzeit offensichtlich ängstlich reagieren lässt, nämlich die Dollarschwäche gegenüber dem Euro, ist für uns zwar keine Hilfe, aber gewiss kein Anlass für irgendeine grundlegende Revision unserer Pläne. Wir haben stets auf einen starken Euro gesetzt. Nun, da er zum Dollar zulegt, zeigt sich die deutsche Automobilindustrie folglich auch nicht überrascht oder beunruhigt. Außerdem haben unsere Unternehmen – zum Teil sogar längerfristig – über Kurssicherungen das Geschäft im Dollarraum abgesichert oder eine strukturelle Netto-Devisen-Ausgleichsstrategie über die Standort- und Einkaufspolitik umgesetzt, so dass sie weniger anfällig gegenüber Währungsschwankungen sind. Welche volkswirtschaftliche Bedeutung die erreichten Exporterfolge inzwischen haben, wird daran deutlich, dass der automobile Außenhandel 2002 mit einem Überschuss von 77 Milliarden Euro abgeschlossen hat. Vom gesamten Waren-Außenhandelsüberschuss entfielen im Jahr 2002 sage und schreibe 60 Prozent auf das Konto “Automobil”. Bei solchen Zahlen sollte es auch dem Letzten klar sein, dass man diese Industrie nicht weiter mit “Nadelstichen der Verteuerung” verunsichern sollte. IV. Automarkt 2003 mit Licht und Schatten Meine Damen und Herren, unbeschadet aller Erfolge auf den Auslandsmärkten muss es Ziel sein, den deutschen Markt wieder auf die Beine zu bringen. 1. Diesel bleibt auf Erfolgskurs Das geht nur, wenn wir weiter auf den Diesel setzen. Gegen alle Markttrends hat sich auch im Jahr 2002 der Absatz von Diesel-Pkw erhöht, und zwar um 7 Prozent. Hieran haben die deutschen Konzerne einen Anteil von 79 Prozent. Alle Top 15 der Diesel-Charts tragen ein deutsches Markenzeichen. Ohne den modernen Diesel wären wir auch nicht in der Lage, unsere anspruchsvollen CO2-Ziele zu erfüllen. Der Marktanteil von Diesel-Pkw in Deutschland ist seit 1995 um über 23 Prozent-Punkte gestiegen. In den letzten zwei Monaten des vergangenen Jahres übersprang er sogar erstmals die 40 Prozent-Marke. Wir sehen hier durchaus noch weitere Wachstumschancen, zumal er in westeuropäischen Nachbarmärkten zum Teil über 60 Prozent liegt. Jeder zweite in Westeuropa abgesetzte Diesel-Pkw kommt von einem unserer Unternehmen. In der Oberklasse haben die deutschen Hersteller mit 8- oder 10-Zylinder-Dieselmotoren weltweit eine herausragende Sonderstellung. 2. Premium-Klasse bleibt Wachstumssegment Das gilt generell auch für Premium-Klassen. Auch wenn sich die frühere Spreizung des Marktes zwischen Premiumanbietern und Volumenherstellern in dieser klaren Form heute nicht mehr beobachten lässt, so hat sich dennoch gerade dieses Segment für die deutsche Automobilindustrie als relativ widerstandsfähig gezeigt. Alle Experten gehen davon aus, dass das Premium-Segment ein höheres quantitatives und qualitatives Wachstum verspricht. Der Wettbewerb versucht seit Jahren, uns diesen Vorsprung streitig zu machen. Inzwischen haben wir unsere Modellpyramide systematisch verbreitert und definieren den Premium-Standard als Spitze der jeweiligen Fahrzeugklasse: vom neuen Luxusprodukt bis hin zum Kleinwagen. Das eröffnet insgesamt neues Wachstum. Premium ist durch starke Markenprofile gekennzeichnet und durch technische Spitzenleistung unterlegt. Premium ist nicht “Preis”, sondern “Technik und Marke”. 3. Markttrends erfolgreich umgesetzt Der deutsche Markt hat im vergangenem Jahr bei rückläufiger Gesamtnachfrage neben dem Diesel-Bereich in der oberen Mittelklasse, im Cabrio- und Allrad-Segment sowie bei den Vans und Kleinwagen zugelegt. In acht von zehn Segmenten stellen die deutschen Marken inzwischen die Nummer 1. Wir haben Trends gesetzt, statt alten Pfaden zu folgen. Nicht zuletzt damit konnten wir in den letzten Jahren unsere Marktposition festigen, auch wenn uns der Wettbewerb kräftig herausfordert. Die nicht-deutschen Importmarken haben im vergangenen Jahr ihren Marktanteil um 1,1 Prozentpunkte auf 29,3 Prozent steigern können (die Importeure insgesamt lagen bei 34,0 Prozent), sie befanden sich damit aber immer noch um 1,5 Prozentpunkte unter dem Marktanteil von 1998. Dagegen haben in diesem Zeitraum die zu den deutschen Konzernen gehörenden Importmarken ihren Anteil am Gesamtmarkt von 3,3 Prozent auf 4,7 Prozent ausbauen können (+ 42 Prozent). Wie stark sich Struktur und Internationalität auch in der Fertigung verändert haben, sieht man daran, dass im vergangenen Jahr mehr als jedes fünfte bei uns zugelassene deutsche Fahrzeug nicht mehr aus einem Inlandswerk, sondern aus ausländischen Produktionsstätten kam. Das zeigt den zunehmenden Grad der Verflechtung, kann aber durchaus auch als “Hallo-Wach” für die notwendigen Rahmenbedingungen am Standort Deutschland verstanden werden. V. Automobilindustrie setzt Globalisierung erfolgreich fort Meine Damen und Herren, das zweitbeste Exportergebnis hat, genauso wie der Zuwachs in der Auslandsproduktion, gezeigt, wie wichtig eine konsequente Globalisierung ist – selbst für die Arbeitsplätze in Deutschland! Über 3,3 Millionen produzierte Kraftfahrzeuge in der NAFTA einschließlich Chrysler, – das sind 20 Prozent der Gesamtproduktion in der NAFTA -, gut 580.000 in Südamerika, über 420.000 in China oder 790.000 in Osteuropa beweisen, wie weit der globale Fächer schon geöffnet ist. Frühe Marktpräsenz und strategische Beteiligungen zahlen sich jetzt aus. In den letzten fünf Jahren stieg die Auslandsfertigung der deutschen Hersteller um 44 Prozent, bei gleichzeitigem Wachstum der Ausfuhr um 28 Prozent. Exporterfolge aus Deutschland und zugleich Präsenz vor Ort sind offensichtlich ein gutes Rezept. So sind zum Beispiel Märkte Osteuropas, die heute noch vor der Haustür liegen, morgen unsere Heimatmärkte. Die deutschen Unternehmen sind hier seit langem präsent. Mittlerweile erreichen sie in diesen Ländern Marktanteile zwischen 40 und 60 Prozent. Eine Umfrage des VDA hat gezeigt, dass bei den Plänen der Zulieferindustrie für Erweiterungsinvestitionen Osteuropa ganz oben auf der Liste steht. Es gibt nur eine richtige Antwort auf diese Herausforderung: Steigerung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit in den angestammten Werken. Ein anderer Wachstumsmarkt ist China. Dieser Markt hat erstmals in seiner Geschichte die Größenordnung von über einer Million Pkw erreicht, ein Zuwachs von 56 Prozent. Mit einem Marktanteil von 45 Prozent ist China für die deutschen Hersteller schon jetzt eine Erfolgsstory. Das Jahr 2003 wird eine weitere Absatzsteigerung bringen. Auch im übrigen Asien sind die Deutschen weiter auf Erfolgskurs. Die Exportsteigerungen um über 50 Prozent nach Thailand oder knapp 40 Prozent nach Hongkong sind dafür ebenso ein Beleg wie die Tatsache, dass wir in Japan wieder einmal die erfolgreichste Importnation sind. Auch in Südkorea verzeichnen wir Zuwächse. In Brasilien war das deutsche Produktionsvolumen mit 556.000 Fahrzeugen zwar um 5 Prozent rückläufig, jedoch erwarten wir 2003 wieder einen Zuwachs. Die Signale von den Finanz- und Gütermärkten nach der Amtsübernahme des neuen Präsidenten lassen das Barometer der Zuversicht stetig steigen. Mit der Umwidmung der ursprünglich auf den Inlandsmarkt ausgerichteten Kapazitäten auf den Export haben sich die deutschen Zulieferer und Hersteller in Brasilien strategisch umgestellt und beliefern heute stärker die NAFTA. Die Erfolge der deutschen Marken in den USA mit einer Zunahme um 4 Prozent auf 917.000 verkauften Light Vehicles und einem Anstieg des Marktanteils auf 5,5 Prozent sind der wohl schlagkräftigste Beweis für die globale Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie. Dabei legten die Importfahrzeuge aus Deutschland um 11 Prozent zu. Im traditionellen Pkw-Markt stieg mit 817.000 Pkw unser Marktanteil erstmals auf über 10 Prozent. Im Segment der Luxury Cars trug sogar nahezu jedes dritte Fahrzeug ein deutsches Markenzeichen. Der Wert der in die USA ausgeführten Personenkraftwagen stieg sogar um nahezu 18 Prozent auf 18,6 Milliarden Euro. Damit setzten die deutschen Hersteller knapp ein Viertel ihrer gesamten wertmäßigen Ausfuhr in den USA ab. Sorge bereitet allerdings die Droge “Rabatte und Incentives”, die in erster Linie von den US-Konzernen verabreicht wird. Wenn die großen finanziellen “Appetithappen” für die Kunden noch lange in diesen Dimensionen verabreicht werden, könnte das rasch zu “Schluckbeschwerden” führen. Diese Politik liegt nicht einmal im langfristigen Interesse des Autokäufers selbst, denn die Risiken für den Wiederverkaufswert liegen auf der Hand. Um so erfreulicher ist es, dass die Big Three die Politik des “De-Contenting” – also der Ausstattungsreduzierung zur Ergebnisverbesserung – beenden wollen. Ein Verzicht auf ABS hieße ja auch Verzicht auf Sicherheit – dies wurde von uns immer abgelehnt. Das ist auch ein wichtiges positives Signal für die Zulieferindustrie. Die Position der Deutschen in den USA ließe sich mittelfristig noch durch eine Dieseloffensive ausbauen. Selbst ehemalige Dieselgegner in den USA sehen jetzt die CO2-Vorteile und erkennen, dass der Diesel von damals mit dem von heute nichts mehr gemein hat. Wenn Diesel mit EURO IV-Qualitäten – ob innermotorisch oder abgasnachbehandelt – auf zunehmend umweltbewusste amerikanische Käufer treffen, wenn die Tankstelleninfrastruktur ausgebaut wird, dann sollte sich auch die Akzeptanz bei Autofahrern erhöhen, dann sollten sich bisherige Konsumgewohnheiten ändern und alte Vorurteile dort durchaus abbauen lassen. VI. Nutzfahrzeuggeschäft im Zeichen der Konjunkturabschwächung Die weltweit schwache gesamtwirtschaftliche Konjunktur hat sich negativ auf das Nutzfahrzeuggeschäft ausgewirkt. Insbesondere auf den Triademärkten kam es zu starken Absatzrückgängen. In Deutschland dämpften zudem die stark nachlassende Investitionsneigung im Ausrüstungssektor und in der Bauindustrie sowie die Verteuerung des Straßengüterverkehrs die Nachfrage nach Nutzfahrzeugen – vor allem in der schweren Gewichtsklasse. Mit knapp 70.000 Nfz über 6 t wurden 2002 15 Prozent weniger Fahrzeuge neu zugelassen als ein Jahr zuvor. Allerdings zeichnet sich ab, dass die untere Widerstandslinie erreicht ist. Auch im Transportersektor deuten die inländischen Bestellungen auf eine Nachfragekonsolidierung hin. Die Neuzulassungen fielen jedoch im vergangenen Jahr noch um 6 Prozent schwächer aus als 2001. Der Export von gebrauchten Nutzfahrzeugen hat im vergangenen Jahr abermals die Inlandsnachfrage gestützt. Hauptabsatzregion mit zwei Dritteln blieb Osteuropa. Die Lieferungen dorthin wurden um 68 Prozent gesteigert. Die schwache Weltkonjunktur hat ihre Spuren auch in der Nutzfahrzeugnachfrage außerhalb Deutschlands hinterlassen. In Westeuropa sanken die Neuzulassungen im vergangenen Jahr um 4 Prozent, der Absatz von Nutzfahrzeugen über 6 t sogar um 12 Prozent. Marktanteilsgewinne der deutschen Nutzfahrzeughersteller haben jedoch dazu geführt, dass ihre Ausfuhr von schweren Lkw lediglich um 2 Prozent sank. Osteuropa hat sich in den letzten Jahren zur zweitwichtigsten Absatzregion für die deutschen Nutzfahrzeughersteller entwickelt. Gingen vor zehn Jahren erst 4.500 fabrikneue Nutzfahrzeuge in diese Region, waren es 2002 bereits 21.200 Einheiten. Damit hat sich das Ausfuhrvolumen nahezu verfünffacht. Mittlerweile gehen über 8 Prozent aller Nutzfahrzeugexporte in diese Region. Die insgesamt schwache Nachfrage führte 2002 zu einer Drosselung der Nutzfahrzeugproduktion in Deutschland um 11 Prozent. Anpassungen wurden notwendig. Für 2003 bleibt das Nutzfahrzeug-Klima noch kühl. Unsere Hauptexportmärkte – allen voran Westeuropa – werden sich voraussichtlich wiederum verhalten entwickeln. Im Inlandsmarkt belasten die anhaltend schwache Konjunkturentwicklung, die Öko-Steuer und die Mautdiskussion die Nachfrage – insbesondere nach schweren Nutzfahrzeugen. Das Gewerbe braucht eine deutliche Aufstockung des “Harmonisierungsbeitrags” bei der Maut. Bestenfalls im Transportersektor könnte es aufgrund von neuen attraktiven Modellen zu einer leichten Produktionsausweitung kommen. VII. Positive Marktsignale durch Reform- und Steuerpolitik setzen Meine Damen und Herren, der VDA hat auf die Politik von Rot-Grün nie schwarz-weiß reagiert. Wir waren vielleicht leiser, aber deshalb nicht weniger bestimmt, wie die Firmenwagensteuer beweist. Die Pläne für die Erhöhung der Firmenwagensteuer haben die Stimmung im Markt verschlechtert und zeigen schon jetzt kritische Wirkungen auf die Nachfrage. Viele Unternehmer und Mitarbeiter haben auf die Gesetzesvorlage so reagiert, als ob sie schon geltendes Recht sei: Sie haben ihre Dispositionen überprüft, Sparprogramme aufgelegt und Aufträge storniert, Motorleistung und Ausstattung reduziert, den Brutto-Listenpreis gesenkt oder die Beschaffungszyklen verlängert. So ist es ein alarmierendes Zeichen, wenn seit drei Monaten die Firmenwagenbestellungen kräftig gesunken sind. Wer etwas für die Konjunktur und die Stimmung in diesem Lande tun will, wer verhindern will, dass Wachstum und Beschäftigung in dieser Schlüsselindustrie nachhaltig gefährdet werden, der sollte rasch einen Schlussstrich unter diese Erhöhung ziehen und sie streichen. Ohnehin hat sich inzwischen herumgesprochen, dass die private Nutzung von Firmenwagen kein steuervergünstigtes Privileg einer Klasse von Besserverdienenden ist. Vielmehr lag der durchschnittliche Bruttolistenpreis von Firmenwagen in Deutschland zuletzt bei 23.000 Euro. Diese Fahrzeuge werden eben nicht von Chauffeuren gelenkt, sondern überwiegend von Monteuren, Mitarbeitern im Außendienst – oft noch mit Firmenemblem am Fahrzeug -, von Angestellten und Firmenvertretern. Betroffen sind mithin alle Einkommensklassen, Handwerker wie Lieferanten. Für alle kommt dies einer Strafsteuer gleich. Der unsoziale Charakter dieser Steuererhöhung wird dadurch verstärkt, dass sie zugleich auf alle weiteren Abzüge, auf Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Sozialversicherungspflicht mit einkommensmindernder Wirkung durchschlägt – mit der Folge einer überproportionalen Schmälerung der Nettobezüge. Wer heute etwa einen Bruttolohn inklusive Firmenwagenpauschale von 3.400 Euro zu versteuern hat und auf einen monatlichen Auszahlungsbetrag von 1.800 Euro kommt, wird nicht gerade erfreut sein, wenn er bei Einführung der 1,5 Prozent-Regelung auf 90 Euro bzw. 5 Prozent seiner Nettobezüge verzichten muss. Und er wird es, wenn ihm Ende April einmalig 20 Prozent an seinem bisherigen Nettolohn fehlen, weil der erhöhte geldwerte Vorteil der Monate Januar bis März nachträglich in Abzug gebracht wird, als “Schlag ins Kontor” empfinden. Die 50-prozentige Erhöhung der Steuerbemessungsgrundlage bei Firmenwagen ist auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil sie den Grundsätzen der Pauschalierung widerspricht: · Es wird ein Umfang der privaten Nutzung zugrunde gelegt, der mit der Realität nichts zu tun hat. Es gibt keinerlei Anzeichen, geschweige denn Beweise dafür, dass die Fahrleistungen und der Umfang der Privatnutzung zugenommen hätten. Von daher gesehen hätte eine Revision der Steuerbemessungsgrundlage allenfalls zu einem Wert unterhalb der 1-Prozent-Regelung führen dürfen, aber nicht umgekehrt. · Die jetzige 1-Prozent-Regelung bildet vielmehr nach einer aktuellen Entscheidung des 6. Senats des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 15. Mai 2002 den typischen, statistisch belegten Durchschnittsfall ab. Nur deshalb ist aus Vereinfachungsgründen der Eingriff in das objektive Nettolohnprinzip gerechtfertigt. Dass eben diese Entscheidung des BFH auf der Basis der dort vorgetragenen Feststellung des Bundesfinanzministeriums getroffen wurde und von diesem nicht einmal ein halbes Jahr später als “Steuervergünstigung” eingestuft wird, ist wohl ein Paradebeispiel für die Widersprüchlichkeit dieser Steuerpolitik. · Die Anhebung auf 1,5 Prozent ist auch deshalb unverständlich, weil in der letzten Legislaturperiode die Abschreibungsfristen für Firmenwagen um 50 Prozent von vier auf sechs Jahre verlängert wurden. Wenn man Ansätze dafür gesehen hätte, die Typisierung zu ändern, dann – wenn überhaupt – in die andere Richtung. Diese Steuererhöhung ist mithin verfassungsrechtlich problematisch und im Zweifelsfall mit dem aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz abgeleiteten Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (“objektives Nettoprinzip”) nicht zu vereinbaren. Meine Damen und Herren, der Bundesrat hat am 20. Dezember 2002 mit einer eindrucksvollen Mehrheit, zu der auch – das erkenne ich ausdrücklich an – der niedersächsische Ministerpräsident Gabriel gehört, beschlossen, die Erhöhung der Steuerbemessungsgrundlage für die Privatnutzung von Firmenwagen abzulehnen. Der Brief von Bayerns Ministerpräsident Stoiber an die Ministerpräsidenten aller anderen Bundesländer zu diesem Thema ist ebenfalls ein ermutigendes Zeichen. Damit hat sich jetzt offensichtlich die Überzeugung durchgesetzt, dass es den öffentlichen Kassen nicht hilft, sondern schadet, wenn die Belastungsfähigkeit einer Schlüsselindustrie, die in den letzten Jahren gegen den Trend 130.000 neue Arbeitsplätze geschaffen hat, einem weiteren Härte- und Belastungstest unterzogen wird. Die Hoffnung, dass die Bundesregierung Einsicht zeigt und zu einer Kurskorrektur fähig ist, möchte ich nicht aufgeben. Wir bleiben zuversichtlich. Für eine Entwarnung ist es indessen noch zu früh. Vieles spricht dafür, dass die endgültige Entscheidung erst im Vermittlungsverfahren gefunden wird, und dieses beginnt erst in der zweiten Hälfte des Monats März. Meine Damen und Herren, die Firmenwagensteuer ist nur ein Aspekt. Hinzu kommen die anstehenden politischen Beschlüsse, die auf den Automobilstandort Deutschland wirken. Steuererhöhungen in der Größenordnung von 17 Milliarden Euro zum Beginn dieses Jahres sind kreuzgefährlich für Wachstum und Beschäftigung. Dass die steuerlichen Maßnahmen des Koalitionsvertrags bis zum Ende der Legislaturperiode sogar über 20 Milliarden Euro hinausgehen, ist erst recht kein Signal für den zügigen Abbau der bedrückend hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland: Nicht die Abschaffung der gewerbesteuerlichen Organschaft, nicht die Firmenwagensteuer und nicht die fünfte Stufe der wachstumsschädlichen Energiesteuer. Insgesamt werden allein durch letztere 15 Milliarden Euro seit 1999 dem privatwirtschaftlichen Bereich entzogen. Ohne die Exporterfolge dieser Industrie wäre selbst das “Wachstum” von 0,2 Prozent im vergangenen Jahr nicht zustande gekommen. Unter diesen Voraussetzungen ist eine permanente Steuerhöhungsdiskussion das Letzte, was wir brauchen, um die Beschäftigungsprobleme zu lösen und günstige Voraussetzungen für die Reform der sozialen Sicherungssysteme zu schaffen. Diese Debatte ist die Quelle anhaltender Verunsicherung. Sie lähmt Kaufentscheidungen. Die Sparquote steigt. Mit Angstsparen kommt der Motor des Aufschwungs aber nicht auf Touren! Es wird höchste Zeit, Wachstums- und Reformsegel zu setzen! Die jüngsten Ankündigungen des Bundeskanzlers und von Minister Clement geben Anlass zur Hoffnung. Auch wenn das Gesetz diesen Namen trägt: Es handelt sich eben nicht um ein “Steuervergünstigungsabbaugesetz”, sondern schlicht um ein “Steuerbelastungserhöhungsgesetz”. Subventionen hingegen, die längst und unstreitig als solche identifiziert sind, bleiben außen vor. Für Kürzungen ist Phantasie ausnahmsweise entbehrlich, hier ist vielmehr der Rasenmäher gefragt. Eine konsequente Durchforstung und Kürzung auf der Ausgabenseite schafft bessere Etatspielräume als Steuererhöhungen. Sie sind ein “Spiel mit dem Feuer”. Nur ein Beispiel: Die Bahn kann die Mittel des Bundes, wie sich zum Ende des vergangenen Jahres einmal mehr gezeigt hat, gar nicht alle ausgeben. Meine Damen und Herren, Unsere Unternehmen haben sich für hohe Investitionen in Deutschland Ost wie West entschieden, weil es dort gut ausgebildete Arbeitskräfte und eine moderne Verkehrsinfrastruktur gibt, obwohl die Arbeitskosten absehbar höher sind als jenseits der deutschen Grenzen. Diese Entscheidungen müssen durch Flexibilität in den Arbeitsbeziehungen und durch steuerliche Entlastungen bei den Standortkosten langfristig abgesichert werden. Nur dann können sie Ankerpunkt eines dauerhaften Produktionsverbunds sein. Nur dann werden wir ein stabiles Wachstumspotenzial in Deutschland haben, das sich auch aus dem Aufschwung der Automobilmärkte in den EU-Beitrittsländern speist. Darauf setzt der VDA. Nicht umsonst sind die Unternehmen der Automobilindustrie die Entwicklungslabors für neue Arbeitszeitmodelle und Entlohnungsformen. Sie werden mithelfen, wenn es darum geht, die soziale Sicherung mit weniger Lohnzusatzkosten zukunftsfähig zu machen. Was wir jetzt brauchen, ist eine konzertierte Aktion der Zuversicht und des Vertrauens. Die erreichen wir nicht mit Miesmacherei, überflüssigen Arbeitskämpfen und kostspieligen Strohfeuern, sondern nur durch eine Besinnung auf die eigenen Stärken und ein mutiges, geschlossenes Konzept der Reformen für Wachstum und Beschäftigung.

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