Firmenautos auf Sommerreifen: Wer haftet bei Unfall im Winter?

“Wie sieht die gesetzliche Lage aus, wenn mein Chef sich aus Kostengründen weigert, Winterreifen am Firmenfahrzeug zu montieren, und ich als Fahrer einen Unfall verursache, bei dem eine andere Person zu Schaden kommt? Wer haftet? Kann ich mich weigern, dieses Fahrzeug zu fahren, ohne mit Konsequenzen für meinen Arbeitsplatz zu rechnen?” Diese Anfrage einer Autofahrerin an die Initiative PRO Winterreifen ist für viele Arbeitnehmer in Deutschland relevant, die ein Firmenauto fahren. Denn nur rund 43 Prozent der Personenkraftwagen wurden nach Informationen des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV) im vergangenen Jahr für die kalte Jahreszeit auf M+S-Bereifung umgerüstet; die restlichen 57 Prozent – darunter sicherlich eine Menge an Firmenfahrzeugen – rollen aber immer noch auf Sommerpneus durch den Winter. Wie aber ist die Rechtslage? Ganz eindeutig kann diese Frage leider nicht beantwortet werden, wie der BRV als Partner der Initiative PRO Winterreifen auch der Anfragerin mitteilen musste. Fakt ist, dass es in Deutschland keine gesetzlich vorgeschriebene Winterreifenpflicht gibt und insofern der Arbeitgeber nicht von Gesetzes wegen zur entsprechenden Ausrüstung seiner Firmenfahrzeuge gezwungen ist. Fakt ist aber auch, dass nach der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) jeder Fahrzeughalter und -führer grundsätzlich für die Fahrzeugsicherheit seines Fahrzeuges verantwortlich ist und damit im Zweifelsfalle haftbar gemacht werden kann. Dementsprechend ist es laut BRV vorstellbar, dass bei einem Unfall mit “sommerbereiftem” Fahrzeug auf winterlichen Straßen auch der Fahrzeugführer – also der Arbeitnehmer, der mit einem Firmenwagen unterwegs ist – möglicherweise zur Mitverantwortung/Mithaftung herangezogen werden könnte. Das hänge jedoch von der ganz konkreten Situation und den Verhältnissen des Einzelfalles ab, nicht zuletzt vom jeweiligen Versicherer und von dem Gericht, das die Haftungsfrage gegebenenfalls klären müsste. ”Wird das nur mit Sommerreifen ausgestattete bevorrechtigte Kfz im Winter auf verschneiter Straße behindert und kommt es aufgrund eines Bremsvorgangs ins Schleudern, ist eine Mitverursachungsquote von 20 Prozent anzunehmen”, so urteilte zum Beispiel das Amtsgericht Trier am 21. März 1986 unter dem Aktenzeichen 6 C 220/85 unter Hinweis auf § 17 Abs. 1 S. 2 StVG. Dabei sei – so der BRV weiter – natürlich zu beachten, dass das Urteil eines Amtsgerichtes nicht grundsätzliche Wirkung auf die Rechtsprechung in der gesamten Bundesrepublik hat. Aber immerhin zeige es, dass die Richter im Einzelfall eine nicht saisongerechte Bereifung durchaus als Grund für eine Mithaftung ansehen können. Ob nun letzten Endes der Fahrzeughalter oder eventuell auch der Fahrzeugführer in die Verantwortung genommen werde, sei – wie so oft in der Rechtsprechung – vorab und generell nicht verbindlich zu beantworten. Deshalb empfiehlt der BRV Arbeitnehmern, die in punkto Haftung auf Nummer Sicher gehen wollen, den jeweiligen Arbeitgeber von der Notwendigkeit zur Umrüstung der in Frage kommenden Firmenfahrzeuge auf Winterbereifung zu überzeugen zu versuchen. Wer handfeste Argumente für dieses Vorhaben sucht, wird unter anderem auf der Website des BRV unter www.bundesverband-reifenhandel.de fündig, aber auch auf der Website der Initiative PRO Winterreifen (www.pro-winterreifen.de). Weigert sich der Chef dennoch, sollte gegebenenfalls versucht werden, sich als Fahrzeugführer unter Bezugnahme auf die StVZO vom Arbeitgeber schriftlich bestätigen zu lassen, dass er als verantwortlicher Fahrzeughalter ungeachtet aller Hinweise bewusst auf eine Ausstattung des Fahrzeuges mit M+S-Bereifung verzichtet hat. Lässt er sich darauf ein, hat man im Zweifel die besseren Karten, wenn man als verantwortungsbewusster Fahrzeugführer aufgrund der Straßenlage möglicherweise punktuell die Nutzung des Fahrzeuges verweigert und der Arbeitgeber einem daraus arbeitsrechtlich einen “Strick drehen” will.

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