Goodyear: Rich löst Polhemus ab

Dass John Polhemus (58), ein Urgestein des Goodyear-Konzerns, nach 33 Jahren im Dienste des Konzerns das nächste Opfer sein würde, war vorgezeichnet, denn Goodyear bekommt den Heimatmarkt USA einfach nicht unter Kontrolle. Auch die gerade für Oktober vorgelegten Zahlen beweisen dies klar. Dabei ist Polhemus wohl kaum ein Vorwurf zu machen, denn die Gründe für den schlechten Geschäftsverlauf sind in jahrelang zurückliegenden Fehlern zu suchen. Dank Gibaras Politik der permanenten Kostensenkungen sind einfach kaum noch Investitionen in die Marke Goodyear vorgenommen worden und erst recht nicht in andere Marken des Konzerns. Dabei war es Gibaras Ziel, den Marktanteil der Reifenmarke Dunlop binnen weniger Jahre auf acht bis zehn Prozent im US-Ersatzgeschäft zu steigern. Wäre das ernst gemeint gewesen, so hätte in die Marken ganz enorm investiert werden müssen. Wie ambitiös dieses Ziel war, zeigt sich aber schon, wenn man sich die Marktanteile der Konkurrenz im US-Ersatzgeschäft Pkw-Reifen – Cooper (5 %), Bridgestone (5 %), Firestone (7,5 %), Michelin (8,5 %), Goodrich (5 %)- betrachtet. Was diese Marken teilweise nach Jahrzehnten und trotz hoher Werbe- und Marketingaufwendungen nicht erreichten, sollte Dunlop somit “mit links” aus dem Stand und ohne Investitionen möglich sein. Daran kann kein Goodyear-Manager ernsthaft geglaubt haben. In wenigen Jahren haben sich nun Culler, Sharp, Molinari, Polhemus und Vogel am Heimatmarkt der Goodyear versucht, ohne einen Turnaround schaffen zu können. Es darf auch nicht vergessen werden, dass CEO Gibara permanent Einfluss nahm und über Jahre hinweg in Personalunion CEO und President, damit direkter Vorgesetzter des für den nordamerikanischen Reifenmarkt verantwortlichen President, war. Der designierte Gibara-Nachfolger Bob Keegan hat auch klargestellt, dass er diese Personalunion fortführen will. Anderes wird ihm derzeit auch gar nicht übrig bleiben. Die Goodyear-Krise ist hausgemacht. Wenn der Konzern den Heimatmarkt nicht endlich unter Kontrolle und profitabel bekommt, könnten die Konsequenzen dramatisch werden. Und die Zeit drängt. Bisher hat es immer noch den Anschein, dass der Goodyear-Konzern mit Volldampf in eine existenzbedrohende Liquiditätskrise steuert. Dass Polhemus nun vorzeitig in Pension geht, ist eine freundliche Umschreibung tatsächlicher Gegebenheiten. Obwohl Goodyear für den Monat Oktober recht ordentliche Zahlen zu melden hatte, blieb man in USA weiter unter den Zahlen des Vorjahres, auch dann, wenn man die Extraumsätze dank des Firestone-Rückrufs heraus rechnet. Mit Jonathan Rich (47) übernimmt nun ein Manager die Verantwortung, der erst seit zwei Jahren für Goodyear tätig ist. Rich war zuvor in unterschiedlichen Positionen für General Electric tätig bis er im Jahr 2000 die Führung der Goodyear Chemical Division übernahm. Er hat sich dort den Ruf eines “talentierten Führers” erworben, weil er -so heißt es intern- in der Lage war, 40 Millionen US-Dollar einsparen zu können. Über Erfahrungen im Reifengeschäft verfügt Rich indessen nicht. Die Tatsache, dass Keegan nahezu ausschließlich Manager von außerhalb in Führungspositionen der Goodyear gebracht hat bisher, sorgt für Unzufriedenheit im Goodyear-Management. Mit weiteren Abgängen von Managern, die sich bei dem Reifenkonzern keinerlei Karrierechancen mehr ausrechnen können, ist in Kürze zu rechnen. Zu beantworten bleibt daher noch die Frage, ob unter Keegan alles nur anders oder auch alles besser wurde.

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