VDA: Prognosen bestätigt – Dynamik im Markt fehlt

Gottschalk: “Wir sind froh, dass wir mit vorsichtigen Prognosen im Januar gestartet sind. Denn diese erweisen sich heute durchaus als realistisch. Wir sehen weder Anlass, den vorhergesehenen Pkw-Absatz von gut 3,2 Mio. Pkw nach unten zu korrigieren, noch von unserer Exportprognose von 3,4 Mio. Pkw abzurücken. Den großen US-Markt, auf dem wir mit unserer erfolgreichen Modellpolitik Marktanteile gewinnen konnten, korrigieren wir dagegen von 15,7 Mio. auf mindestens 16,5 Mio. Light Vehicles nach oben.” Trotz der Programmrücknahmen und des streikbedingten Produktionsausfalls in Deutschland rechnet der VDA auch damit, in die Nähe des Fertigungsvolumens von 5 Mio. Pkw zu kommen. Prof. Gottschalk: “Aber es bleibt ein Faktum: Die ersten fünf Monate des laufenden Jahres waren eine Entwicklung ohne Glanz und Gloria.” Die weitere Entwicklung charakterisierte der VDA-Präsident: “Wir sehen Licht am Ende des Tunnels, aber der Tunnel ist wohl etwas länger als erwartet.” Bei der Nachfrage deute sich ein Ende des Abwärtstrends an. Die Diesel-Pkw-Zulassungen stiegen in den ersten Monaten um 7 Prozent. Dieses Potential sei noch lange nicht ausgeschöpft. Der Auftragsbestand habe insgesamt in den letzten Monaten leicht angezogen. Die ersten Signale für eine Stabilisierung seien jedoch noch recht schwach. Die Hersteller hätten ihre Produktion der Nachfrage angepasst und nicht auf Lager produziert. Prof. Gottschalk: “Steigende Bestellungen dürften daher rasch zu Produktionssteigerungen und einem positiven Lagerzyklus führen.” Hinzu komme ein steigender Ersatzbedarf. Allerdings sei das Kaufklima im Inland weiterhin von Verunsicherung gekennzeichnet. Verstärkt werde die anhaltende Marktschwäche durch die Kumulation von fiskalischer Belastung und hohen Kraftstoffpreisen, durch die “Achterbahnfahrt” der Börsenkurse und durch die Streikauswirkungen in der Metallindustrie. Auch der “Monti-Effekt” habe Händler, Hersteller und Verbraucher kräftig irritiert. Nach dem Rekordexportjahr 2001 wurde in den ersten fünf Monaten, trotz eines Rückgangs um neun Prozent, mit knapp 1,5 Mio. ausgeführten Fahrzeugen das bislang drittbeste Ergebnis erreicht. Die Auslandsnachfrage lag im Mai nur noch leicht unter Vorjahr. Damit hätten sich die Pkw-Bestellungen aus dem Ausland auf einem durchaus akzeptablen Niveau stabilisiert. Gerade im jetzigen schwierigen Umfeld erweise sich die Produktoffensive der deutschen Automobilindustrie als richtiges “Gegenmittel” gegen die Lethargie des Marktes. Grundlage für diesen Erfolg sei die Fokussierung auf Spitzentechnologie in allen Bereichen. Der Trend zu Nischenfahrzeugen sei ungebrochen und werde mit attraktiven Angeboten voll bedient: Cabriolets, Geländewagen und Vans haben bald einen Marktanteil von 15 Prozent erreicht. Dabei legt der Kunde immer größeren Wert auf eine reichhaltige Ausstattung. Auf der Wunschliste stehen vor allem Klimaanlagen, ESP und Navigationsgeräte. Von einer Rücknahme von Sicherheitsausstattungen aus dem Serienumfang, wie derzeit von Herstellern in den USA erwogen, hält er nichts. Prof. Gottschalk: “ABS ist Pflicht, nicht Kür.” Prof. Gottschalk betonte die zunehmende Bedeutung der Zulieferindustrie. Sie habe einen überdurchschnittlichen Beitrag zur Technologie, zum Wachstum und zur Beschäftigung geleistet. Die Zulieferer hätten erfolgreich mehr Verantwortung übernommen. Diese zusätzlichen Aufgaben seien mit Chancen, aber auch mit Herausforderungen verbunden: “Hersteller und Zulieferer sitzen gemeinsam in einem Boot. Es geht letztlich um den Erfolg in der gesamten Wertschöpfungskette.” Je mehr das Zusammenwirken in der Wertschöpfungskette von der Produktentwicklung bis zum Markterfolg zur entscheidenden Größe wird, desto mehr muss auch die Finanzierungsfrage gemeinsam gelöst werden. Prof. Gottschalk: “Rating, Basel II oder eine veränderte Kreditpolitik mancher Banken zeigen, vor welchen Schwierigkeiten wir hier stehen.” Der VDA-Präsident ging auch auf die geplante Neustrukturierung des europaweiten Automobilvertriebs durch die EU-Kommission ein. Die Automobilindustrie sei aufgeschlossen für Veränderungen des Vertriebs, allerdings nicht um den Preis der Zerschlagung der mittelständischen Händlerstruktur. Dadurch werde ein wettbewerbspolitisch fragwürdiger Konzentrationsprozess im Handel ausgelöst. Die Diskussion gehe jetzt in die entscheidende Phase. Das Europäische Parlament habe sich dazu geäußert und sich mit großer Mehrheit für die Änderungswünsche der Industrie ausgesprochen. Auch ein Großteil der Mitgliedsstaaten sei mit dem Entwurf von Kommissar Monti nicht einverstanden. Prof. Gottschalk betonte: “Auch wenn die EU-Kommission in Wettbewerbsfragen die alleinige Entscheidungskompetenz hat, so sollte es um so mehr zu den demokratischen Spielregeln gehören, dass sie sich nicht über die Mehrheitsvoten ihrer parlamentarisch legitimierten Gremien und Mitgliedsstaaten hinwegsetzt.” Der VDA-Präsident forderte erneut, dass die Markenexklusivität auch in Zukunft gewahrt bleiben müsse und plädierte gegen ein Verbot von Standortklauseln in den Händlerverträgen. Eine Trennung von Service und Vertrieb sei inakzeptabel. Kritisch äußerte er sich zur Rückwirkung der neuen Altautoverordnung: Ab 2007 müssen alle schon im Verkehr befindlichen Pkw kostenlos zurückgenommen werden. Dafür konnten die Hersteller keine Vorsorge treffen. Das sei von der Rechtssystematik und der besonderen Belastung deutscher Unternehmen völlig unverständlich – die Hälfte der in Europa zugelassenen Fahrzeuge seien Modelle deutscher Hersteller. Die im VDA vertretenen Firmen prüfen, ob der Klageweg beschritten wird.

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