VRG und Fulda haben die Zusammenarbeit beendet

Die jetzt konsequent beendete Zusammenarbeit bahnte sich bereits seit vielen Monaten an. Wenn Partner sich gegenseitig nichts oder zu wenig zu bieten haben, sollte man die Partnerschaft überdenken und notfalls beenden. Das ist hier nun geschehen. Und nahezu alle Partner neigen dazu, in ihrem Trennungsschmerz dem anderen Partner die Schuld zuschieben zu wollen. Eine Kooperation muss sich einfach, will sie sich nicht verzetteln, auf ein paar wenige Fabrikate konzentrieren, mit denen sie den Hauptteil ihrer Umsätze, d.h. der Umsätze ihrer Gesellschafter, abzuwickeln gedenkt. Sie ernennt so bezeichnete strategische Partner, die diese Auswahl natürlich mit entsprechend günstigen Einkaufsbedingungen goutieren. Als Geschäftsführer einer Kooperation kann man allerdings wenig Interesse daran haben, durch den Rost gefallenen Marken dies nun auch noch explizit mitzuteilen, weil mit einer solchen Mitteilung sofort die Rücknahme einer recht günstigen Kondition verbunden wäre. Da ist es weitaus besser und nützlicher, solche Marken zunächst einmal hinzuhalten, zu vertrösten, auf die Zukunft zu verweisen. Im nächsten Jahr beginnt bekanntlich ein neues Spiel und da ist es doch gut, wenn man sich schon mal aneinander gewöhnt hat, die Marke kennt. Ob VRG-Geschäftsführer Pecher auf Zeit gespielt hat, kann kein Außenstehender richtig beobachtet haben. Der geführte und von der VRG distribuierte Schriftwechsel lässt allerdings diesen Schluss zu. Darin geht es um Überlegungen, mit welcher Konditionsbasis man hätte starten können und für 2003 wurde dann schon mal mit einer Mengenvereinbarung gewunken. Das muss den Fulda-Verantwortlichen nicht gereicht haben, sie wollten nicht warten und sich vertrösten lassen auf “mittelfristig” oder “langfristig”. Das ist alles viel zu unsicher. Sicher ist lediglich, so ein Spruch von Börsianern, dass wir langfristig alle tot sind und von daher am besten die Finger von Aktien und wohl auch geschäftlichen Optionen lassen, die heute nichts bringen und nur in Zukunft vielleicht etwas. Die Gummiwerke schrieben an die VRG: “Unsere Unternehmensphilosophie kennt ein klares Prinzip des Gebens und Nehmens, was sich in einer loyalen Zusammenarbeit dokumentiert. Dieses sehen wir nur noch in einer Individualbearbeitung als realisierbar an.” Daraus leitet Theo Pecher die Schlussfolgerung ab, “dass die Fulda kein Interesse daran hat, mit der gesamten Gruppe zusammen zu arbeiten, sondern nur noch mit einzelnen vor Ort agieren möchte.” Das ist richtig und unvollständig zugleich. Die Fulda-Entscheidung führt zu dem Schluss, dass die Marke in der Zusammenarbeit mit der VRG als Kooperation ihre Ziele nicht erreicht sah und sich somit konsequent verhielt und kündigte. Der verbleibende Streit zwischen den Geschäftsführern Theo Pecher (VRG) und B.J. Hoffmann (Gummiwerke Fulda) geht jetzt nur noch darum, dass die Gummiwerke all die VRG-Gesellschafter direkt unter Ausschaltung der Konzernzentrale betreuen möchten, was die VRG als Kooperation aber gerade auf alle Fälle verhindern möchte. Jedenfalls solle jeder Gesellschafter jetzt die Zusammenarbeit vor Ort mit der Fulda grundsätzlich überdenken. Abschließend unterläuft Theo Pecher allerdings dann doch ein kleiner Lapsus: “Im Hinblick auf die Konzentration unserer Lieferantenpartner ist dies ein weiterer Schritt.” Genau das ist es doch, was die Geschäftsleitung der Gummiwerke Fulda erkannt hatte: Wir sind kein auserwählter und kein strategischer Partner, sondern Mitläufer und bloß Mitzahler. Und das wollen wir nicht und brauchen wir nicht. Der vorliegende Streit offenbart nach hier vorherrschender Überzeugung auch einen weiteren Bewusstseinswandel. “Die Reifenindustrie” ist weder länger bedingungslos für “die Branche” noch für “die Kooperationen” da, sondern in geballter Form für “die Kunden”. Wenn man bei den Gummiwerken Fulda vom Prinzip des Gebens und Nehmens spricht, dann bedeutet dies: Wer viel kauft, kauft zu guten Preisen, wer sehr viel kauft, bekommt beste Preise. Wer Nachfrage befriedigt, bekommt den regional adäquaten Preis, und wer zur strategischen Zusammenarbeit bereit ist, bekommt intensive Marketingunterstützung und sonstige Unterstützung, wie es bei Fulda heißt, “in der bisherigen intensiven finanziellen Weise”. Bei allem Streit, allen aufkochenden Emotionen, sind diese Prinzipien recht einfach zu begreifen. Kooperationen bieten Absatzvolumina, Hersteller bieten Marken und Preise für Reifen. Steht dies miteinander nicht mehr im Einklang, sind Änderungen unvermeidlich. Wer nun wem die Kündigung gegeben hat, ist bestenfalls von untergeordnetem Interesse. klaus.haddenbrock@reifenpresse.de

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