Zeitweilig eisige Stimmung auf der BMW-Pressekonferenz in München – Vorstandsvorsitzender Milberg ließ zu viele Fragen offen

Dass Land Rover für rund drei Milliarden Euro an Ford verkauft wird, war dem BMW-Vorstand keine ad hoc-Meldung wert. Dabei ist es ein Preis, der sich sehen lassen kann für den Rover-Teil, der etwa 3,8 Milliarden Euro Umsatz macht, womit bestenfalls ein Operating Profit von etwa 200 Millionen Euro erreicht worden ist. Begründet wurde das Vorgehen dahingehend, im Aufsichtsrat sitzende Arbeitnehmervertreter hätten den Land Rover-Deal bereits publik gemacht. Eine ad hoc-Meldung sei aber eben nur für bis dahin unbekannt gebliebene Tatsachen entbehrlich. Das ist das indirekte und nicht gewollte Eingeständnis, dass der Vorstand offenbar nicht durchgängig das Organ bleibt, das für den Konzern spricht. Die Argumentation rief Unwillen und weites Unverständnis in Journalistenkreisen hervor. Neue BMW-Modelle für die untere Mittelklasse Milberg trug vor, BMW werde eine völlig neue Modellreihe für den Bereich der unteren Mittelklasse entwickeln. Derzeit ist noch nicht entschieden, wo diese Modellreihe gebaut werden soll. Für die Marken Rover und MG sowie die Produktionsstätten dieser Marken liege ein Angebot von Alchemy Partners Ltd. zur Übernahme und Weiterführung vor. Diese Investmentgesellschaft wolle Rover und MG in eigener Regie weiterführen. BMW beliefere Alchemy Partners mit dem Rover 75 “im Zuge einer Auftragsfertigung” und werde auch “Alchemy Partners für eine gewisse Übergangszeit in allen notwendigen Belangen unterstützen”. Obwohl BMW ein glänzendes Jahr hinischen Regierung, die immer wieder neue Diskussion um den Kurs des Pfundes und über den Euro-Beitritt entfache. Und das “Gezerre der EU-Kommission um die Strukturhilfen für unser Werk Longbridge” – so Milberg – tat offenbar den Rest. Alles dies, dazu in Verbindung mit der Tatsache, dass die eingeleitete Produktoffensive mit neuen Rover-Modellen ein Fehlschlag war, führte zur Entscheidung sich von Rover zu trennen. Ford will Land Rover Mit Ford wurde ein Memorandum of Understanding zum Verkauf des Land Rover-Geschäfts erzielt, wofür Ford dem Vernehmen nach rund drei Milliarden Euro zahlt. Wenn die Verkaufsentscheidung auch nicht leicht gefallen sei, so müsse man lt. Milberg sehen, dass man “mit dem X5 eine BMW typische Interpretation im Offroad-Bereich begonnen” habe. Die sehr gute Markteinführung des X5 habe es für die Zukunft schwierig gemacht, die Angebote in dieser Gruppe zwischen Land Rover und X5 glaubwürdig voneinander trennen zu können. Mit der Reduzierung auf die großartige Marke BMW schaffe man nach Milbergs Worten einen Neuanfang und man werde in “alter” Stärke am Umstrukturierungsprozess der Automobilindustrie teilnehmen. Milberg versicherte erneut, die Quandt-Familie stehe fest zum Konzern, der erfolgreich und selbstständig bleiben werde. Warum sollte man Alchemy vertrauen können? Es bleiben jede Menge Fragen. Wieso soll eine vor drei Jahren erst gegründete Investmentgruppe, ohne jede Automobilerfahrung, genau das schaffen, woran die Münchner gescheitert sind? Wie teuer wird denn die “notwendige Unterstützung in allen Belangen für eine gewisse Zeit” werden? Ist es nicht so, dass diese Investmentgesellschaft letztlich den Job machen muss, dem die BMW-Verantwortlichen auf alle Fälle aus dem Weg gehen wollen? Wie lange wird es noch dauern, bis sich der Pleitegeier über Rover niederlässt? Es halten sich daher hartnäckig Gerüchte, dass die drei den Konzern verlassenden Vorstandsmitglieder Henrich Heitmann, Wolfgang Ziebart und Peter Forster zwar auch Rover nicht weiterführen, aber den Job der Beendigung nicht anderen überlassen, sondern “ehrenvoll” aussteigen wollten. Damit hätte man dann vielleicht dem unbestritten außerordentlich hohen Ansehen der Marke BMW in aller Welt einen besseren Gefallen getan. Was tut der Hauptaktionär? Auf zunehmend mehr taube Ohren stößt die Beteuerung der Treue der Familie Quandt. Immer wieder kamen in der Vergangenheit neue Gerüchte auf. So wollte einmal Volkswagen das Geschäft mit dem Hauptaktionär machen und dann wurde auf dem Börsenparkett Mitte Februar das Gerücht gehandelt, Ford biete der Quandt-Familie einen Aktienpreis von 50 Euro, was noch vor Wochen als geradezu “verrückter Preis” gehandelt worden ist. Nicht weniger verrückt ist aber wohl der Preis für Land Rover, zumal auf der Pressekonferenz letzten Freitag eingeräumt wurde, diese Division sei 1999 ebenfalls in rote Zahlen gefahren. Denkbar wäre, dass der Hauptaktionär auf eine längst überfällige Bereinigung gedrängt hat, um den BMW-Konzern noch einmal nach vorn zu pushen. Mit der veränderten Steuersituation ab 2002, welche solche Gewinne dann steuerfrei lässt, ist ein Ausstieg wahrscheinlicher als derzeit. Wenn es denn tatsächlich einen Umstrukturierungsprozess in der Automobilindustrie dergestalt geben sollte, dass tatsächlich nur noch fünf große Hersteller unabhängig bleiben und überleben können, stellt sich für den Hauptaktionär immer wieder die Frage, ob er aktiver Investor in einer solchen Industrie bleiben möchte. So könnte doch noch alles auf den Mann zulaufen, den man nicht wollte, weil er das “Milliardengrab” voraussah und viel früher freiwillig das zu tun bereit war, wozu man sich heute, nach weiteren Milliardenverlusten, genötigt sah. Auf Wolfgang Reitzle!

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